Universitätsmuseum

Besuch am Samstag, 15.12.2018, ca 1,5 Std. Das 1997 eröffnete Universitätsmuseum befindet sich in der Nähe der ehemaligen Universität Altdorf im Gebäude der früheren Universitätsdruckerei und einem Teil der Alten Apotheke nebenan. Trägerin des Museums ist die Stadt Altdorf.

‚Grundriß des Collegiums‘ 1811 mit der Sternwarte auf dem Dach und dem Karzer im Turm
Foto: Gerd Walther

Eine richtige Universität im kleinen Altdorf etwa 40 km südöstlich von Nürnberg? Man nimmt es zunächst nicht so ganz ernst. Aber 1565 beschloss der Nürnberger Rat, sein Gymnasium (für adelige Zöglinge) aus Nürnberg ins ruhigere Altdorf zu verlegen. 1575 wurde die Höhere Schule eingeweiht, 1578 wurde sie von Kaiser Rudolf II. zur ‚Academia Norica‘ und 1622 durch Kaiser Ferdinand II. zur Universität aufgewertet mit den üblichen 4 Fakultäten Philosophie, Medizin, Jura und Theologie. In ihrer Zeit eine moderne Universität mit ‚Anatomischem Theater‘ und ‚Chemischem Labor‘. Als Nürnberg 1806 zu Bayern kam, wurde für die Ausbildung der protestantischen Geistlichkeit die Universität in Erlangen bevorzugt, die Altdorfer Universität 1809 aufgehoben. Diesem Umstand ist wohl zu verdanken, dass die Gebäude noch weitgehend erhalten sind, auch wenn man sie innen nur begrenzt besichtigen kann.

Eigentlich ist das eine vorzügliche Ausgangslage: ein weitgehend intakter Ort von überschaubarer Größe, der sich schon lange um seine Geschichte kümmert, und ein fester Zeitraum, 1575 – 1809. Zudem ist die Materiallage für ein Museum u.a. durch das umfangreiche grafische Werk von Johann Georg Puschner zur Stadt, zur Universität und zum Leben der Studenten um 1700 nahezu ideal, um Wesen und Ausformung früheren universitären Lebens zu dokumentieren. Auch sind mit Leibniz, Wallenstein, Praetorius, Heister, um nur einige Namen zu nennen, bekannte Personen mit der Universität verbunden. Man macht im Museum erstaunlich wenig daraus. Nicht dass es uninteressant wäre, nicht dass nicht gute Exponate in den kleinen Räumen mit ihrer erstaunlichen Heimeligkeit ausgestellt sind. Aber die Ausstellung bringt nicht zusammen, was eine Einheit ist. Die einzelnen Bereiche laufen relativ isoliert nebeneinander her.

Installation zum ‚Chemischen Labor‘
Joh. G. Puschner, Kupferstich, 1724
Foto: Gerd Walther

Ein Beispiel: Da hat man den tollen ‚Grundriss des Collegiums‘ von 1811 und macht wenig daraus, geht nicht hinein, zeigt nicht an der Raumeinteilung, wie Universität funktionierte, die Hörsäle, Wohnungen von Studenten, Stipendiaten (die kein Geld hatten), Professoren und anderen Beschäftigten. Ein anderes Beispiel: Man zeigt ’studentisches Leben‘, aber an den wunderschönen Grafiken von Puschner lässt man die dazu gehörenden barocken achtzeiligen Sinnsprüche weg, die die Bilder erst in den passenden Rahmen stellen. Im Internet geht’s doch. Auch die universitäre Erziehung zu galanten Höflingen, auf die neben den reinen Fachkenntnissen Wert gelegt wurde und die in die Stadt hinein strahlte, geht weitgehend verloren: der Fechtboden, die Reitschule, die Tanz- und Sprachlehrer, die Befähigung zur galanten Konversation. Und warum zeigt man im Museum nicht am berühmt-berüchtigten Studenten Wallenstein, der 1599 als 16-Jähriger einer der etwa 90 Universitätsangehörigen war, die Höhen und Tiefen studentischen Lebens (von Sprösslingen des Adels)? Man hat ein Festspiel daraus gemacht, das alle 3 Jahre in Altdorf aufgeführt wird. Dabei werden plastische Ansätze immer wieder deutlich, v.a. wenn’s konkret wird. Etwa bei der Beschreibung von Operationen (ohne Narkose) des berühmten Altdorfer Chirurgen Heister (mit Grafiken).

Mir fehlt eine sinnvolle und spannende Zusammenführung der einzelnen, meist interessanten Exponate zu einem lebendigen Museumskörper, die Universität im 17./18.Jh. veranschaulichend. Damit ließe sich auch die Fossilienabteilung, die auf Sammlungen der Universität aus dem frühen 18.Jh. zurückgeht, besser integrieren. Oder die eigene Gerichtsbarkeit der Universitäten mit dem Pedell als Exekutive, die man im Nachbau eines Karzers im Museum allgemein anreißt. Oder der berühmte Botanische Garten, der jetzt verkleinert im sog. Doktorsgarten nachgebaut wurde. (Ich habe ihn jahreszeitlich bedingt nicht gesehen.) Das Altdorfer Universitätsmuseum besitzt viele interessante Stücke, denen man eine deutlicher strukturierte Ausstellung wünscht, indem die Exponate in ihrer historischen Bedeutung stärker herausgearbeitet und zur Einheit Universität verknüpft werden. Von Ende Dezember bis Ende März ist Winterpause.

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