Cadolzburg – ‚Festtagsbraten und Einheitsbrei‘ – Historisches Museum

Besuch am Samstag, 2.3.2019, ca. 1,5 Std. Die Ausstellung ‚Ernährung in Franken von der Antike bis zur Gegenwart‘, die in Texten auch ‚Essen in Franken‘ heißt, wurde von der Bezirksheimatpflege Mittelfranken wohl als Wanderausstellung konzipiert. Vor Ort ist sie durch Exponate des Historischen Museums Cadolzburg ergänzt. Sie läuft in Cadolzburg bis 5. Mai.

Essen und Trinken muss man nicht nur bierernst nehmen.
Foto: Gerd Walther

Unbescheiden ist man zumindest im Titel nicht, wenn man den Bogen von der Antike in die Gegenwart spannt. Einer Antike, die in Franken zeitlich wie geografisch äußerst periphär ein Gastspiel gab. Zumal es im einleitenden Text heißt: „Regionale Küche ist schließlich ein Phänomen des 19.Jhs“. Macht es da wirklich Sinn, quasi bei Adam und Eva zu beginnen, um dann nach 2-3 Sätzen im 18./19. Jh zu landen? Oder kommt da v.a. Oberflächliches heraus? Weniger kann auch bei Ausstellungen mehr sein. Ein weiteres Problem: im Kern der Präsentation steht die ‚Ernährung in Franken‘. Aber Ernährung ist etwas anderes als Essen. Ernährung, wir kennen das zur Genüge, hat viel mit Beratern und erhobenen Zeigefingern zu tun, ist eine Kopfsache, da wir offenbar beim Essen, einer Bauchsache mit viel Lust und Liebe, viel falsch machen. Wie das in der Praxis aussieht? Das auch in der Ausstellung angesprochene ‚Schäuferla‘ kommt bei Ernährungs-Beratern eher schlecht weg, bei Essern steht es dagegen fast unangefochten oben auf den Siegertreppchen.

Doch zur Ausstellung im Detail. Eine Wanderausstellung hat meist Probleme, sich in die jeweiligen Räumlichkeiten einzupassen. Hier wünscht man ihr etwas mehr Platz, auch Exponate wollen großzügig präsentiert werden, um sich entfalten zu können. Zu den häufig textintensiven Infostellagen gesellen sich dreidimensionale Objekte, Fotos und Schautafeln wohl des Cadolzburger Museums. Hinzu kommen Medienstationen und mehrere interaktive Wissensspiel-Installationen. Aber so richtig lebendig wird die Ausstellung nicht. Sie erinnert eher an die Umsetzung eines Rezepts im ‚Kochbuch zur perfekten Ausstellung‘. Man nehme… Nicht dass das uninformativ ist, aber natürlich macht gerade das viele Lesen die gesamte Präsentaion zur Kopfsache. Zudem bilden die anderen Exponate kein sinnvolles Gegengewicht. Zu viele sind jeweils in die Vitrinen hineingepfropft statt kommunikativ vorgestellt, erinnern mehr an ein Depot als an eine Ausstellung.

Nach einem ersten Teil zur Ernährung von der Antike bis ins 19.Jh., zu mageren Zeiten wie zur Völlerei, zur Alltags- und Festtagsküche, folgt der Hauptteil zu Essen und Trinken in den letzten 150–200 Jahren. Hier wird die Ausstellung v.a. in den Fotos von Cadolzburger Wirtschaften und Bierkellern mitsamt Beschäftigten und Gästen ansatzweise lebendig. Und es ist auch durchaus positiv, dass mittels Video das Schlachten und die Zubereitung von Fleisch mit viel Blut nicht ausgelassen wird. Gut gemacht ist dann der Raum zur Tischkultur und der Geschichte der Verwendung von Besteck sowie einem dazugehörigen Benehmen. Aber oft können die Ausstellungsmacherinnen mit der Fülle an Materialien erstaunlich wenig anfangen. Fotos illustrieren die Texte, statt dass man hergeht und die Texte um einige wenige herausragende Fotos und Leitexponate herum aufbaut. Beispielsweise gäbe das Bild zum Nürnberger Friedensmahl 1649 dazu reichlich Gelegenheit. Man ist eher bemüht, möglichst viel zu erwähnen, ja nichts auszulassen, statt an anschaulichen Beispielen mit dem Mut zur Lücke die Geschichte von Essen und Trinken in Franken zu malen.

Essen und Trinken in Franken
Foto: Gerd Walther

Das hat viel mit dem anfänglich genannten (nicht hinreichend durchdrungenen) Grundproblem von Kopf und Bauch, Ernährung und Essen, Intellekt und Lust zu tun. Dabei haben wir es mit einer durchaus informativen Ausstellung zu tun, in der auch ‚typisch Fränkisches‘ wie Schäuferla, Karpfen und die unverzichtbare Bratwurst (werblich und mit Prüfsiegel) nicht fehlen (dürfen). Aber sie wäre wohl besser in der Aula von Schulen, Krankenkassen oder Gesundheitsämtern untergebracht. Und auch dem Cadolzburger Historischen Museum, das mit seinen Sonderausstellungen zur Orts- bzw. Alltagsgeschichte einen guten Weg einschlägt, wünscht man (zumindest wenn’s ums Essen und Trinken geht) einen unbefangeren, leichteren, eher spielerischen Umgang mit Exponaten. Stellen Sie sich einfach vor, Sie sitzen vor einem Schäuferla (Analoges für Vegetarier) und wollen/’müssen‘ nicht abnehmen. Auch eine Ausstellung (zumal über Essen und Trinken) kann man zu einem Genuss-Erlebnis machen. Es gibt Schokolade.

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