Sonderausstellung „Die älteste Taschenuhr der Welt? Der Henlein-Uhrenstreit“
Dauer: 4.12.2014 – 12.4.2015
Besuch am Sonntag, 15.2.2015, ca. 1,5 Std. Die Ausstellung war gut besucht. Der Eintritt ist im Museumseintritt enthalten. Träger des Germanischen Nationalmuseums ist eine Stiftung.
Der Titel der Ausstellung entspricht exakt Art, Inhalt, Ergebnis: prägnant, brettlhart, hervorragend. Die Sonderausstellung zur Entstehung von Taschenuhren mit Federantrieb ist (für den Laien sowieso) zugespitzt auf die Frage, war er’s nun, oder nicht, der Peter Henlein. Noch vor 80 Jahren hätte man schon die Fragestellung als Sakrileg aufgefasst, v.a. in Nürnberg. Vom Ergebnis ganz zu schweigen. Hier nun schafft das Germanische eine wundervolle kleine, aussagestarke Ausstellung, deren hervorragende Exponate dezent ins rechte Licht gesetzt werden. Nach 1 Std. hat man viel gesehen, man darf sich noch eine Dreingabe bei besonders interessanten Exponaten gönnen.
Ein kostenloser Ausstellungsführer unterstützt auf knapp 50 Seiten zweisprachig. Jedem Exponat werden neben einer kleinen Abbildung ca 6 Zeilen zugestanden. Das informiert über Wesentliches, oft Unbekanntes, lenkt aber vom Exponat nicht ab. Das bleibt im Mittelpunkt. Man wird nicht zugetextet, sondern knapp zu den Exponaten hingeleitet. Das gelingt selten in dieser Qualität, auch im Germanischen nicht.
Neben den frühen Taschenuhren sind Vorläufer, Turmuhren, Tischuhren, diverse Behältnisse ausgestellt, aber das Thema bleibt immer zentral. Dazu gehört natürlich die Henlein-Rezeption, an der beispielhaft für so viele hervorragende Erfindungen der Weg in die Gegenwart gezeigt wird: über erste frühe Berichte hin zu bildlichen Darstellungen als wertvolles Accessoire vornehmer Besitzer. Auch Martin Luther hatte eine, geschenkt zwar, aber immerhin. Arm war er jedenfalls nicht.
Die Verbindung vom erwachenden Nationalstolz und einer aufstrebenden (Uhren-) Industrie, die sich um 1900 herum Denkmale und andere Erhöhungen nicht nur in Nürnberg, dort aber besonders, setzt, ist selten so sichtbar gemacht worden wie hier.
Das führt zur Henlein-Benutzung im NS-Staat in der ‚Stadt der Reichsparteitrage‘, in der Literatur und im hochkarätig besetzten Film. Der totkranke Henlein kämpft gegen Kleingeist und Missgunst, opfert sich für sein Jahrtausendwerk, hat’s aber noch geschafft, stirbt kurz darauf und wird hochgeehrt zu Grabe getragen. Ein Heldentot für Volk und Vaterland, wie er auf den Schlachtfeldern – wenn schon – erwünscht war.
Sehr erfreulich ist auch, dass für Laien im Flyer und in einem kurzen Film die Bestandteile der sog. Henleinschen Taschenuhr und ihre Funktionsweise anschaulich erläutert werden. Ein weiterer ebenso kurzer Filmbeitrag erläutert, warum diese Henleinsche Taschenuhr kein Original aus der Zeit um 1510 ist. Beide Filme sind, wie die gesamte Ausstellung, knapp und aussagekräftig. Und sehr einfach, aber meist unterlassen, erfährt man mittels einer kleinen Zeitanzeige, wann man zum Schauen hinzugekommen ist und wie lang etwa der Film ist. Der Besucher kann sich zeitlich in der Film-Welt orientieren.
Ca. 90 Exponate genügen, um auf hohem wissenschaftlichem Niveau Umfang und Tiefe der Fragestellung differenziert aufzuzeigen und zu beantworten. Man wird weder mit belanglosen Exponaten zugeschüttet, noch wird man zugetextet, dass man vor lauter Lesen nicht zum Schauen kommt. Wer möchte, kann das Gesehene in einem nicht sehr teuren Begleitbuch zu Hause noch einmal vertiefen.
Fotografieren war wg vieler Leihgaben nicht erlaubt.