Besuch am Samstag, 18.2.2017, ca 1 Std. Die Ausstellung ‚Hexen, Werwölfe und Untote – Angst und Aberglaube im Mittelalter und der frühen Neuzeit‘ ist auf der Plassenburg im ‚Landschaftsmuseum Obermain‘ untergebracht. Trägerin des Landschaftsmuseums Obermain ist eine gleichnamige Stiftung aus Stadt- und Landkreis Kulmbach, der auch das ‚Deutsche Zinnfigurenmuseum‘ auf der Plassenburg untersteht. Ebenfalls auf der Burg befinden sich das ‚Museum Hohenzollern in Franken‘ und das ‚Armeemuseum Friedrich der Große‘, beide in der Trägerschaft der Bayerischen Schlösserverwaltung. Verantwortlich für die Sonderausstellung zeichnet Helmut Lautner vom ‚Scharfrichtermuseum Pottenstein‘.
Während die Ausstellung zur Geschichte des Raums Kulmbach im Landschaftsmuseum räumlich großzügig angelegt ist, hat man die Sonderausstellung am Ende des Rundgangs in 3-4 Räume hineingepfercht. Das bekommt keiner Ausstellung gut, ganz egal, wie sie gemacht ist. Den Besucher erwartet aber mit vielen Beispielen zum Aberglauben aus der ganzen Welt eher ein Sammelsurium als eine sinnvoll aufgebaute Präsentation. Ist es nicht ein Wesenszug von Aberglauben, dass sich alles in Teufelszeugs verwandeln kann und dass, wie mitunter gezeigt wird, etwas gut und böse sein kann? Hier aber machen sich Vampire, Zombies, Kopflose und Gepfählte, Wiedergänger, Nachzehrer, Hexen und die Inquisition, Jeanne d’Arc, Jan Hus, Schädel und Gerippe, Spinnen, Katzen, Werwölfe, Baselisken und Alben und was sonst noch alles meist bei Dunkelheit umherkreucht den Platz streitig.
Wieso Helmut Lautner, von Beruf Psychologe, sich nicht auf Franken konzentriert, gab es doch auch hier Aberglauben genug, bleibt unersichtlich. Franken war doch ein Zentrum der Hexenverfolgung. Da gibt es die weiße Frau von Orlamünde, die sogar Napoleon in Bayreuth um den Schlaf gebracht haben soll, weshalb er sie durch seinen Adjudanten wohl rauswerfen ließ. Oder die Kopflose von Schloss Steinhausen bei Kulmbach, den Werwolf von Ansbach. Dann bräuchte es keinen ausgestopften Werwolf, keine Nachbildung eines Gepfählten (jetzt Gerippe) und kein Weißnichtwas mit Menschengesicht und -händen, Widderhörnern und Fell.
Ebenso bleibt unklar, wieso er etwa am Beispiel der Hexenverfolgung keine gut erkennbare inhaltlich-chronologische Struktur einbringt: vom gesellschaftlichen Milieu zur konkreten Beschuldigung zur Anklage zur peinlichen Befragung (sprich Folter) zur Verurteilung bis zur Hinrichtung. Dann könnte er auch die sinnvolle Anordnung seiner Exponate – und gute Exponate brauchen nun einmal Platz – sichtbar machen: Hexenwaage, Befragungsstuhl, Ziehvorrichtung, Schinderkarren, Scheiterhaufen etc. Fast allen Exponaten fehlt eine genaue (Herkunfts-) Bezeichnung. Man hat Texte oder Abbildungen an der Wand, dazu ein Exponat und meist den Eindruck, dass es sich um Nachbauten handelt. Nicht, dass nur Original-Exponate in einem Museum sein sollten, aber die Besucher sollten über die jeweilige Herkunft der Exponate, ihre Qualität, informiert werden.
Ein weiteres Problem ist die Menge von ca 100 meist ausführlichen Texten, die eher zu einer Broschüre passen als in ein Museum. Dabei thematisieren die Texte eher die Fülle möglicher Formen von Aberglauben, statt qualitativ in die Tiefe zu gehen. Etwa: „Nach dem 30-jährigen Krieg hielt sich hartnäckig die Meinung, dass sich eine 20-jährige Katze in eine Hexe verwandeln würde, weshalb man alte Katzen vorsichtshalber aus dem Haus jagte.“
Das ist schlecht gemachte Geisterbahn, da infolge der Masse an Schaustücken und Texten eher Langeweile aufkommt. Im Beitext bemüht sich Herr Lautner um Seriosität. Er hätte (in Pottenstein) gerne ein Zimmer für ‚Amnesty International‘ eingerichtet, schreibt er. Und er warnt vor dem Besuch durch Jugendliche. Mich erinnert das an Zeitschriften in den 1970ern, die zur Warnung vor den Gefahren sexueller Freizügigkeit seitenweise halbnackte Frauen abbildeten. Eine Empfehlung zum Besuch seines 2012 eröffneten Museums in Pottenstein und seines Obscurums in Thale/Harz (Sommer 2016) mit teilweise sehr ähnlichen Exponaten ist die Schau nicht. Mich wundert, dass sich die Museen auf der Plassenburg so etwas antun. Die seit 2014 laufende Ausstellung wurde abermals bis 31.12.2017 verlängert.