Paris – Mercedes-Benz Gallerie 2014

(steht so u.a. auf Deutsch in der Ausstellung)

Besuch am 24.7.2014, ca 30 min. Die Mercedes-Benz Gallerie (ein Sprachmix aus englisch gallery und deutsch Galerie) befindet sich auf den Champs-Elysees gleich neben dem Lido, also in Bestlage, und ist natürlich kein Museum – oder doch? Der Besuch war sehr stark. Natürlich ist der Eintritt frei, auch wenn man kein Auto kauft.

Aufmerksam geworden bin ich – auf dem Weg zum Nobelhotel Claridge, in dem in meinem Maigret-Roman ein Mörder abgestiegen sein soll – durch die Musik und den Besucherstrom hinein. Die Musik ist – v.a. innen – eher laut und erinnert an die Peter-Stuyvesant-Zigaretten-Werbe-Musik der 1960er, den Sportsmaster-Marsch, nur transferiert nach 2014, also die indefinit optimistische Aufbruchsmusik der Schönen und Reichen (und Besseren). Im Salon wird die Musik durch entsprechende Lichtinstallationen ergänzt, wild, aber das Noble nicht verlassend, schon gar keine billigen Effekte.

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Mögliche Autokäufer befanden sich unter den zahlreichen Besuchern nicht. Aber die Pariser Nobel-Geschäfts-und-Gesellschafts-Etikette wurde eingehalten. Am Eingang steht ein Neger als Türöffner, war hier eigentlich überflüssig, weil die Türe offen war. Nach ca. 5 m kommt eine junge hübsche weiße Frau. Sozusagen der schöne Anblick, war hier auch nicht weiß (oder hellhäutig) und saß in einer Art Rezeption. Wieder nach 5 m kommt dann der kompetente Mann, jung und ebenfalls dunkel-vornehm gekleidet. Der ging in den Massen etwas unter, aber in die Nobelläden geht ja seltener jemand rein, weil teuer.

Hier ging’s nur ums Schauen und fotografieren und neben Nobelkarossen in der noblen Einkaufsmeile fotografiert werden, damit man daheim was zu erzählen und vorzuzeigen hat. Das süße Leben ist ja nicht mehr, Massentourismus und Familienurlaub sind offenbar lukrativer als ein Puff. Ähnlich war’s vor dem Louvre, mindesten 2 Stunden musste man sich anstellen, da hat man daheim was zu erzählen von der Mona Lisa.

Dafür habe ich meinen Samsonite-Koffer in der Ausstellung gefunden, mit Stern kostet er 398 €, meiner war ohne Stern 150 € billiger. Dann gab’s auch noch anderen Schickschnack, Modellautos, Krawatten, Nico-Rosberg-Hemden usw., alles mit Stern. Oder der Daimler-Duft für Männer und Frauen, eine Duft Ecke mit Model-Foto zur Identifikation: Mercedes-Benz Perfume – the first fragrance (= Wohlgeruch) for men.

Die Ähnlichkeit zu einer Museums-Ausstattung, die Museumsleiter anschaffen, um für progressiv gehalten zu werden, kam mir mit einer Sound-Installation. „Vibrez au son du V8 atmosphérique le plus puissant du monde!“. In einer Durchgangsröhre vibriert man – auf Knopfdruck – vom oder zum Sound des V8. Brrummm, brrruummmm, bruuummmm, tttatttatapeng, brummmmm. Das ist moderne Museumsdidaktik, mit allen Sinnen sozusagen. Ich war etwas enttäuscht, bin aber wohl (hoffentlich) untypischer Besucher.

Es geht nicht um Aufklärung, die Besucher verhalten sich auch entsprechend, spielen ihren Part wie einstudiert mit. Ältere eher ehrfürchtig vor den Podesten, jüngere mit Posen vor Upper-Class-Boliden, wie man sie vom Fernsehen kennt. Jeder Mann ein kleines Boxenluder. Die Frauen waren eher an der Klein-aber-teuer-aber-noch-bezahlbar-komm-Schatzi-wir-sind-nur-einmal-hier-Abteilung interessiert.

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Es ist eine Show zur Image-Pflege, wie die Champs-Elysees überhaupt. Sieger im Einkaufstaschen-Contest dort ist, jawohl, erraten, Sie haben gewonnen: Hennes & Mauritz. Der Unterschied zu vielen Museen ist gar nicht so groß, viele streben’s auch an.

3.8.2014 GW Besuch 1x

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