Stadtmuseum Fürth – Ausstellung ‚Quelle‘

Besuch am Sonntag, 1.12.2019, etwas über 1 Stunde. Die Sonderausstellung ‚Von der Quelle-Insolvenz zum kleinen Fürther Wirtschaftswunder‘ läuft im Stadtmuseum noch bis zum 19.4.2020. Trägerin des Stadtmuseums ist die Stadt Fürth.

Die Ausstellung mit dem deutlich affirmativen Titel umfasst den Zeitraum von 2009 bis heute. Der gesamte Zeitraum liegt in der Amtsperiode des jetzigen Oberbürgermeisters, der zur Wahl am 15. März 2020 wieder antritt. Ohne dass Namen fallen, weiß man, wer für die Insolvenz nicht verantwortlich ist und wem das ‚kleine Fürther Wirtschaftswunder‘ in Nachfolge des ‚großen‘ Ludwig Erhard zuzuschreiben ist. Wir haben es mit einer Wahlkampf-Veranstaltung des Amtsinhabers zu tun. Diesen Umgang mit kulturellen Einrichtungen kennt man sonst allenfalls bei Potentaten etwa in Kasachstan oder irgendwelchen Bananenrepubliken. Ein seriöses Museum würde sich nicht für so etwas hergeben. Und ein seriöser Oberbürgermeister würde so nicht das Renommee einer ihm unterstellten kulturellen Einrichtung beschädigen, Wiederwahl hin oder her.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Ich weiß nicht, ob sich die MuseumsmacherInnen durch besondere Lieblosigkeit bei der Gestaltung der aufgezwungenen Ausstellung rächen wollten oder ob sie es einfach nicht besser können. Denn natürlich hat es personelle Konsequenzen, wenn der Kopf im Rathaus sitzt und von Mitarbeitern primär kritiklose Kampagnenfähigkeit erwartet wird, keine Kreativität. Die Ausstellung aber ist sekundär. Wichtig ist die Prägung der öffentlichen Meinung durch die lokale Presse. Schon der Titel lässt da wenige Möglichkeiten. Es hätte die Fahrradtour des Oberbürgermeisters zu ‚wichtigen Orten der Fürther Quelle-Geschichte‘ 3 Tage nach Ausstellungseröffnung gar nicht gebraucht.

Wie im Titel ersichtlich, teilt sich die Ausstellung in 2 Bereiche. Zur ‚Quelle‘ erhält sie Fotos der Umwandlung der Gebäude v.a. durch den Bauträger ‚P&P‘ sowie von früheren Betriebsstätten, die ab 1955 schwerpunktmäßig in Nürnberg lagen. Dazu ein Regal und 2 Vitrinen mit Quelle-Katalogen, eine Video-, eine Audiostation sowie Schickedanz-Nippes, aus dem man nichts macht. Die Fotos sind willkürlich ausgesucht, monoton gehängt und aussagearm betextet. Die Kataloge im Regal sind unbequem anzuschauen, denn das Tischlein daneben beherbergt schon die Audiostation. Die Geräte der Audio- und Videostation sind nicht eingeschaltet. Dass man die Besucher zum Stehenbleiben (oder Hinsetzen) und Betrachten durch eine entsprechende Gestaltung der Ausstellung animieren muss, ist offenbar unbekannt. Wieso stellt man nicht die Vitrinen an die Wand, gibt auf die freie Fläche eine Quelle-Sitzgruppe zum Hinsetzen und lässt dort die Kataloge anschauen. Man will sich dabei doch unterhalten. Das Video muss laufen, denn man schaut nun mal gerne Filme (im Sitzen) an. Am anderen Ende der Ausstellungsfläche befindet sich dann eine kleine Sitzgruppe mit einem Quelle-Radio, über das die Mitarbeiter-Interviews abrufbar sind. Das lässt sich heute technisch problemlos machen. Derzeitig schlendern die (nicht sehr zahlreichen) Besucher durch die Ausstellung und sind nach 5 Minuten wieder draußen. Die Textmonster liest sowieso keiner. Das wäre die Aufgabe der Ausstellungsgestaltung. Und das ‚kleine Wirtschaftswunder‘? 14 Statistiken, die auch in einer Broschüre des Wirtschaftsreferats der Stadt ausliegen, an die Wand gehängt. Das ist kein ‚kleines Wirtschaftswunder‘, das ist ein großes Ausstellungsdesaster.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Natürlich ist es auch in Fürth in den letzten 10 Jahren aufwärts gegangen. Schließlich haben/hatten wir eine lang anhaltende Hochkonjunktur mit einer Nullzinspolitik, die auch Fürth einen ungekannten Bauboom beschert hat. Kann man da nicht erwarten, dass ein Oberbürgermeister einfach seinen Job macht, um den er sich beworben hat, für den er gewählt wurde? Mittlerweile sind wir so weit, dass sich der Fürther Oberbürgermeister neben jede Hundehütte stellt und mitteilt, ohne ihn gäbe es die nicht (und den Hund wahrscheinlich auch nicht). Wenn er dann mit gewohntem Elan in so eine Hinterlassenschaft greift und selbige in die allzeit anwesenden Kameras hält, kann er gewiss sein, dass die anwesenden Redakteure der Lokalpresse (nicht alle und nicht alle gleich) nach einem leisen ‚Aber‘ (kann auch wegfallen) über ein festes ‚Ja‘ zum finalen Jubler kommen: ‚Ein Glücksgriff, ein Glücksgriff…‘. Gell, Herr Händel. Eine bewährte sozialdemokratische Seilschaft, auch wenn sich diese Partei inzwischen marginalisiert hat und es den ‚Fürther Nachrichten‘ wirtschaftlich nicht gut geht.

Man hat zur Eröffnung der Ausstellung frühere MitarbeiterInnen der ‚Quelle‘ eingeladen, die sich über dieses Wiedersehen auch gefreut haben. Natürlich. „Wiedersehen mit großem Hallo!“ titelten die ‚Fürther Nachrichten‘ am 19.10.2019. Aber aus den Interviews in der Ausstellung erfährt man, wie schmerzhaft dieser Verlust eines oft lebenslangen Arbeitsplatzes infolge von Fehlern des Managements war und vielfach noch ist. Vergleichbare Erfahrungen habe ich in meiner Tätigkeit als Leiter des Rundfunkmuseums mit ehemaligen Grundig-Beschäftigten gemacht. Diese Menschen sollte man in ihrer nicht selten immer noch vorhanden Wut, ihrem Schmerz ernst nehmen. Doch hier wurden sie mit ihrer Wiedersehensfreude in einer oberbürgermeisterlichen Wahlkampfsause als Jubelfürther instrumentalisiert. Da gab es massive Fördermaßnahmen Bayerns, des Bundes, der Arbeitsämter in Nürnberg und Fürth, eine Hochkonjunktur und auch einen Fürther Oberbürgermeister, der sich jetzt aus Gründen seiner Wiederwahl vorne hinstellt. Das ist widerlich.

Diese Ausstellung ist ein Fake (ein schlecht gemachter obendrein), dessen Sinn in einer entsprechenden Pressepräsenz im Wahlkampf des Fürther Wundermanns liegt.

In diesem Sinne, Herr Händel, Herr OB Jung

Happy Kasachstan

Am 15.01.2020 um 16:53 schrieb Herr Wolfgang Händel:

Sehr geehrter Herr Walther,
Sie meinen, mich in ihrem Beitrag über die Quelle-Ausstellung persönlich ansprechen zu müssen und möchten damit bestimmt eine Reaktion provozieren –  also bitteschön.
Auch wenn Sie meinen  Namen in einen diffusen  Zusammenhang mit „bewährter sozialdemokratischer Seilschaft“  bringen und damit – wie ich annehmen muss, sehr bewusst rufschädigend  – entsprechende Spekulationen befeuern, nehmen Sie bitte wenigstens dies zur Kenntnis: Ich war nie Mitglied irgendeiner Partei, stand und stehe auch keiner Partei oder ihren Vertretern  besonders nahe und richte mein Urteil auch nie nach derartigen Präferenzen aus.  Wer mich und meine Arbeit näher kennt, weiß das. Sie aber kennen mich kein  bisschen, woher auch, wir hatten ja noch nie miteinander zu tun.
Dass Sie dennoch glauben, sich ein derart persönlich gefärbtes Urteil über mich und, noch bemerkenswerter, über (nicht vorhandene) politische Verbindungen, erlauben zu dürfen, finde ich ebenso rätselhaft wie generell erhellend  im Bezug auf Ihre Publikationen. Es setzt leider auch im Einzelfall gar nicht unberechtigte kritische Einlassungen Ihrerseits in ein ziemlich schiefes Licht.  Dass ich im konkreten Fall, der Quelle-Ausstellung, als Autor mit keiner Zeile involviert war, dafür aber die häufigen  Selbstlob-Wiederholungen des Oberbürgermeisters  immer wieder mal offen kritisiert habe – wen kümmert’s? Sie jedenfalls ganz offenbar nicht.
Im Übrigen stehen zahlreiche Veranstaltungen derzeit im Zeichen des Wahlkampfs oder zumindest unter Wahlkampf-Verdacht.. Gelegentlich weisen wir auch darauf  hin, ich selbst habe es  zuletzt beim Ausblick des OBs getan, über den man auch ganz anders und unreflektierter hätte berichten können. Aber es jedesmal wieder zu erwähnen, das wäre nun wirklich etwas ermüdend – und ganz so unbedarft, dass sie es nicht selbst merken, sind viele Leser ja nun nicht.
In diesem Sinne, Herr Walther
Happy Absurdistan!

Wolfgang Händel

Redaktionsleitung

Meine Antwort vom 17.1.2020

Sehr geehrter Herr Händel,
um ganz ehrlich zu sein, wollte ich keine Reaktion von Ihnen provozieren. Aber natürlich habe ich ihr Schreiben mit großem Interesse und ebensolcher Irritation gelesen.
Sie hängen ja Ihre Argumentation daran auf, dass ich Sie „kein bisschen (kennen würde), woher auch, wir hatten ja noch nie miteinander zu tun.“ Klar, ein Bierchen haben wir noch nicht miteinander getrunken – und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Aber auf die völlig naheliegende Idee, dass man einen Journalisten durch das kennt, was er fast täglich in einer Zeitung von sich gibt, kommen Sie erstaunlicher Weise nicht.
Sei’s drum. Weshalb ich schreibe, ist die Frage, ob Sie etwas dagegen haben, dass ich ihren Brief (natürlich komplett) im Anschluss an den betreffenden Blogbeitrag veröffentliche. Da ich das nicht annehme, möchte ich ihn einstellen, wenn ich bis Mitte nächster Woche nichts Gegenteiliges von Ihnen gehört habe.
In diesem Sinne
mit freundlichen Grüßen
Gerd Walther
Fürth, 17.1.2020

PS
Fehlt es Ihnen nicht an Problembewusstsein, wenn Sie den Missbrauch eines Museums durch herrschende Politiker für ihren Wahlkampf ganz selbstverständlich unter die ‚zahlreichen Veranstaltungen im Zeichen des Wahlkampfes‘ eingliedern? Und darauf bezog sich ja mein Verweis auf Kasachstan.

Darauf schrieb Herr Händel am 17.1.2020:

Sehr geehrter Herr Walther,

Sie meinen also, um einen Menschen und seine Arbeit – auf lokaler Ebene! – wirklich beurteilen zu können, muss man ihn nicht auch ein wenig persönlich kennen oder zumindest mit ihm persönlich Kontakt gehabt haben? Eine erstaunliche Ansicht, die für meine/unsere Arbeit geradezu absurd wäre.
Zu Ihrer Ansicht bezüglich der Quelle-Ausstellung: Natürlich kann man das so zugespitzt sehen und einordnen wie Sie, das ist  durchaus legitim – wir sind in diesem Fall eben nicht zu dieser Einschätzung gelangt, wenngleich uns natürlich klar ist, dass eine solche Ausstellung dem Amtsinhaber immer zupass kommt. Wenn man uns dafür kritisieren mag, ist das völlig in Ordnung.  Nicht in Ordnung – und nicht fair –  sind gezielte persönliche Diffamierungsversuche im Hinblick auf unsere Redaktion bzw. Unterstellungen bezüglich vermeintlicher  politischer Verbandelungen oder sogar Mitgliedschaften, zu denen ich leider in Ihrer Antwort gar nichts lese. Und daran, nicht am Nicht-Kennen, hänge ich meine Argumentation auf – was Sie geflissentlich außen vor lassen.
Mein Trost: Mir persönlich wurden schon die verschiedensten Parteizugehörigkeiten von  links über Mitte bis rechts unterstellt – für Journalisten immer ein Zeichen, dass man es im Sinne von Unabhängigkeit nicht ganz verkehrt macht.
Sie dürfen dieses wie mein vorheriges Schreiben – bitte ungekürzt – gern an der genannten Stelle veröffentlichen.

Schöne Grüße,

Wolfgang Händel

Redaktionsleitung

Nur noch kurz zum Abschluss von mir:

Von irgendwelchen Mitgliedschaften oder Parteizugehörigkeiten habe ich nie gesprochen. Auch der ‚Kölner Klüngel‘ ist schließlich kein eingetragener Verein. Aber da würde ich Elefanten mit Mäusen vergleichen. Freundliche Grüße

Fürth, 18.1.2020

Werbung