Besuch am den Sonntagen 29.8. und 10.10.2021, insgesamt ca 1,5 Stunden. Das 2004 eröffnete Apothekenmuseum gehört zum Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim. Es liegt am bzw. im Bauhof. Träger des Fränkischen Freilandmuseums ist der Bezirk Mittelfranken.

Foto: Gerd Walther
Das Museum befindet sich in einem stolzen rotes Haus mit barocker Fassade am Holzmarkt 14. Das geht auf ein romanisches, damals außerhalb des Ortes gelegenes Steinhaus im 12.Jh. zurück. Besitzer war wohl die Familie der Gailingen, deren Mitglied Eppelein es zumindest im Nürnberger Umfeld zur Bekanntheit gebracht hat. Auch Götz von Berlichingen gehörte zur Familie. Danach waren viele Bürgermeister der Reichsstadt Windsheim Eigentümer, wobei die Lage gleich neben dem Bauhof der Stadt sicher nicht ohne Bedeutung war. 1809 mit dem Übergang an das Königreich Bayern und dem Ende der Zeit als Reichsstadt wird es zum ‚Gasthaus zum Hirschen‘, was heute noch die Fassade zum Holzmarkt prägt. 2000 erwirbt es der Bezirk Mittelfranken. Eine Apotheke war nie im Gebäude.
Man betritt das Apothekenmuseum, das sich im Ober- und Dachgeschoss des Hauses befindet, durch einen Seiteneingang vom Bauhof her. Nach einem Vorraum gelangt man in zwei Zimmer jeweils mit der Einrichtung einer alten Offizin, dem Apotheken-Verkaufsraum, der im 17./18.Jh. das Verkaufsfenster ablöste. Gezeigt wird (neben einer Berliner Apotheke) die Einrichtung der Apotheke in Burgpreppach 1866 -1979. Verkaufstische teilen die Räume. Auf dem Stehpult für das Rezeptbuch liegt jetzt ein Ordner mit ergänzenden Texten, daneben eine alte Registrierkasse, ein ausgetrocknetes Krokodilchen hängt von der Decke. Geprägt werden die Räume durch das Repositorium, die Regalschränke an den Wänden ringsum mit schier endlos vielen Schubfächern unten sowie weißen Porzellangefäßen und braunen Flaschen oben. Ein Zustand, wie er heute noch mitunter in alten Apotheken anzutreffen ist. Alle Gefäße sind schwarz auf weiß mit lateinischen Namen beschriftet, denn weiß auf schwarz war giftig – und der Giftschrank stand nicht im Verkaufsraum. Rot auf weiß hatte eine kräftige Wirkung.
Daneben dient der ehemalige (Tanz-)Saal der Gastwirtschaft, in dem jetzt auch Trauungen stattfinden, der Präsentation von Arzneibüchern und anderen Druckerzeugnissen. Etwa 1700 Jahre prägte die Arzneimittellehre ‚Materia medica‘ von Dioskur, der zur Zeit Neros lebte, mit ihren ca 1000 Arzneimitteln den Kenntnisstand der Pharmazie. Nachdem Klöster das Wissen durch das Mittelalter gerettet hatten, wurde der Beruf des Apothekers ab 1500 standardisiert – ähnlich wie bei Ärzten. 1810 verlangte das neue Kgr. Bayern eine Hochschulbildung. Der Blick in ein Laboratorium rundet die Ausstellung auf dieser Etage ab. Bis weit ins 19.Jh. stellte der Apotheker die Arzneimittel aus pflanzlichen, tierischen und mineralischen Grundstoffen selbst her. Erst dann entwickelte sich nicht zuletzt aus diesem Umfeld eine pharmazeutische und chemische Industrie. Die Firmen der Apotheker Merck, Schering, Boehringer sind bis heute ebenso bekannt wie Dr. Oetker oder Nestlé. Zudem gelang es, einzelne Wirkstoffe synthetisch herzustellen, der Apotheker wurde vom Hersteller zum Verkäufer. Ein Video gibt einen Einblick in diese Entwicklung am Beispiel des Nürnberger Apothekers Dr. Soldan, der seine gesundheitsfördernden Em-eukal-Bonbons lange in Fürth herstellte. Vorbei an einer Kräuterfrau geht’s ins Dachgeschoss mit der Materialkammer. Seit dem 16.Jh. war Apotheken eine gewisse Bevorratung vorgeschrieben, weshalb sie ein Umfeld von sachkundigen Kräutersammler*innen benötigten. Mit der Bevorratung ging die vorrats- und verkaufsgerechte Zubereitung der oft empfindlichen Kräuter und Gewürze einher. Der Kleinbauer Martin Bauer aus Vestenbergsgreuth führte in den 1920ern dort den Feldanbau von Pfefferminze ein, nachdem sich der Hopfenanbau nicht mehr rentierte, und baute ab 1930 eine Tee-Firma auf.

Foto: Gerd Walther
Das Apothekenmuseum ist sehr hübsch und informativ gestaltet, wobei die Bezeichnung ‚Kräuter-Apotheke‘ zu kurz greift. Sie ist Teil der doch stiefmütterlichen Behandlung dieser Ausstellung, die inhaltlich und örtlich dem Bauhof zugeschlagen wird, aber auch dort nur am Rande durch einen Seiteneingang zu betreten ist. Da hat dieses interessante Museum einen deutlichen Zugang mit eigener Bewerbung als ‚Apothekenmuseum‘ verdient.