Reichsstadtmuseum

Besuch am Samstag, 28.12.2019, fast 2 Std. Die schon früh in der ‚Alten Schule‘ als Heimatmuseum existierende Einrichtung wurde 1979 als ‚Reichsstadtmuseum im Ochsenhof‘ eröffnet, einem alten Getreidespeicher von 1537. Mehrere Umgestaltungen folgten. Betreiber des Reichsstadtmuseums ist der ‚Historische Verein Alt Windsheim‘ im Zusammenwirken mit der Stadt Bad Windsheim.

Der Ochsenhof mit seinen 4 Etagen ist größer, als er zunächst scheint. Man merkt auch an der großen Anzahl hochwertiger und interessanter Exponate, dass (Bad) Windsheim eine lange Tradition des Sammelns und Ausstellens besitzt. Dazu gibt die Ortsgeschichte einiges her vom karolingischen Königshof des 8. Jhs über die Zeit als (Reichs-)Stadt im Mittelalter bis hin zur Ackerbürgerstadt im 18./19. Jhs und zur Bäderstadt mit ihren Heilquellen seit dem letzten Jahrhundert. Im Grunde genommen haben wir also erstaunlich gute Voraussetzungen für ein (Reichs-)Stadtmuseum. Aber noch erstaunlicher ist, wie wenig man daraus macht.

Ausstellungsbereich Windsheim im 19. Jahrhundert
Foto: Gerd Walther

Die Stadtgeschichte im chronologischen Sinn wird im Vorderteil der Eingangsebene behandelt, dahinter liegt der Bereich für Sonderausstellungen. Lückenhaft setzt hier die Darstellung auf einzelne Aspekte der Ortsgeschichte, ohne dass diese in ihrer Kontinuität anschaulich wird. Jeweils auf einem Blatt A4 werden die Windsheimer Stadtbefestigung, der 30jährige Krieg, Ratsfamilien, Gerichtsbarkeit und Reformation, die Landwehr, Windsheim im 19. Jh, zu Beginn des 20. Jhs, im 1. Weltkrieg, im ‚3. Reich‘ und als ‚Bad‘ Windsheim knapp dargelegt. Dazu befinden sich auf je ca 2-3 m² Accessoires unterschiedlicher Qualität zu dieser Zeit. ‚Altes Zeugs‘ auf engem Raum, das Platz füllt, aber Stadtgeschichte wenig verdeutlicht, weil man kaum in die Exponate erklärend hineingeht. Zur Geschichte von ‚Bad‘ Windsheim sind abseits des Textes einige wenige Exponate im Bereich der Sonderausstellung (fast muss man sagen) versteckt. Und die neue, ebenfalls nicht große Abteilung ‚Vom Königshof zur Reichsstadt‘ verliert sich in sekundären Details zu den Ausgrabungen, wo eine größere Linie durch 500 Jahre Frühgeschichte hilfreich wäre.

Das 1. Obergeschoss zeigt auf bedeutend mehr Raum, aber eher als eine Art Schaudepot ohne verdeutlichte Verknüpfung zur Stadtgeschichte, ‚bäuerliche und bürgerliche Möbel‘, die Einrichtung einer Apotheke und Exponate zur Volkskunde. Auch hier macht man wenig daraus, etwa aus den Liebesbriefen in Herzform. Noch eine Etage höher stehen auf dieselbe Art Sammlungen mit Gerätschaften aus unterschiedlichen Materialien im Mittelpunkt, auf Ebene 4 Textilien. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es befinden sich fraglos sehr schöne, interessante Exponate im Museum. Aber dessen Aufgabe wäre, diese dem Publikum zu erschließen und so Ortsgeschichte zu veranschaulichen. Etwa mit den ebenso interessanten wie selten zu sehenden Stäben, die man über den Verurteilten gebrochen hat. Es ist auch bezeichnend, dass die sowieso schon sehr knappen Erläuterungen zur Ortsgeschichte und zu den Exponaten noch reduziert werden, je höher man kommt, bis sie auf Ebene 4 schließlich ganz unterbleiben. Ebenso irritiert, dass – nur als Beispiel – der Ortsgeschichte zum 19. Jh. nur ein Bruchteil des Platzes vergönnt wird, der den zumeist unbeschrifteten Exponaten, seien es Töpfe, Tiegel, Pfannen, Teller etc. aus Kupfer, Zinn, Glas, Ton, Eisen etc. eingeräumt wird.

Ausstellungsbereich Kupferformen
Foto: Gerd Walther

Wieso geht man nicht her und verknüpft die Ortsgeschichte über das ganze Haus mit den jeweils zeittypischen Geräten und Einrichtungen bis hin zur Apotheke, Schusterwerkstatt, zu Küche, Schlaf- und Wohnraum? Zudem sollte man die Exponate nicht in ihrer Masse wie Platzhalter präsentieren, sondern in die einzelnen Objekte hineingehen, sie in ihrer Zeit, Bedeutung und Funktion darlegen. Das gilt nicht zuletzt für die vielen Bilder und Ortsansichten, die jetzt herumhängen. Derzeit hat man unten ein Museum zur Ortsgeschichte auf engem Raum eher lieblos zusammengepfercht, während in der 3 oberen Etagen die Verknüpfung zur Ortsgeschichte meist lediglich darin besteht, dass sie halt im Reichsstadtmuseum ausgestellt sind. Dabei hätten die vielen guten und interessanten Exponate ein ansprechendes Gesamtkonzept verdient, das sie in ihrer Bedeutung zur Geschichte (Bad) Windsheims verortet und diese dadurch anschaulich nachvollziehbar macht. Dieses Konzept fehlt leider.

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