Besuch am Sonntag, 29.Juni 2014, Eintritt 2.- / 1,50 €. Es waren noch 4 Personen im Museum. Das Museum hat samstags und sonntags geöffnet. Besuchsdauer ca 1 Std. Wie’s der Name schon sagt, es handelt sich um ein Lebensmittel-Firmen-Museum, untergebracht im alten Verwaltungsgebäude der Firma „Schamel Meerrettich, das Original seit 1846“ im Erd- und Obergeschoss. Das Museum wurde 1996 eingerichtet und strahlt den museumsdidaktischen Charme eines Lebensmittel-Firmenmuseums dieser Zeit aus. Das ist nicht negativ gemeint.
Ein PC gibt auf einfacher Bedienebene – Besucher von Meerrettich-Museen sind nicht blöd, aber auch nicht an der Spitze des technologischen Fortschritts, was sie sympathisch macht – Bilder aus Baiersdorfs Geschichte. Auf Anfrage wird die Figur einer Krenbäuerin eingeschaltet, so dass sie sich auf einer Drehscheibe um die eigene Achse dreht. Ein kleiner, hübsch und anschaulich eingerichteter Nebenraum gibt Einblick in eine Krenbauernküche früherer Zeiten mitsamt Figur. Der Besucher darf einen Meerrettich, der dabei scharf riechen soll, hobeln. Ich habe darauf verzichtet. Alte Gerätschaften und Werkzeuge liegen herum. Durch ein Fenster wird der Blick auf eine kleine Anbaufläche vor dem Haus gelenkt. Auf einem – neueren – Fernseher im Obergeschoss laufen zwei Filme zur Meerrettich-Firmen-Geschichte.
Das ist ein bisschen das Problem: Leider können Firmenmuseen offenbar nicht darauf verzichten, die eigene Geschichte möglichst positiv darzustellen. Nicht dass das Gezeigte falsch wäre, aber es fehlt die kritische Distanz, die dem Museum mehr Glaubwürdigkeit geben und damit der gesamten Darstellung einen höheren Stellenwert einräumen würde. Es wird zu kurz in einer Kosten-Nutzen-Relation gedacht.
Viele Schautafeln geben erschöpfend Einblick in die Geschichte und Bedeutung von Meerrettich und Meerrettichanbau bis hin zur nachgesagten Potenzförderung. Na denn…. Mitunter ist man nicht ganz zimperlich mit der Auswahl der Quellen. Es wird schon mal der ‚Völkische Beobachter‘ zum Meerrettichanbau in den 1930ern zitiert. Da zuckt man schon ein wenig zusammen, v.a. wenn man sich die Mentalität der Ausstellungsmacher im Hintergrund vorstellt. Hat ja nichts mit Juden zu tun, da geht’s schon, schließlich ist der ‚Völkische Beobachter‘ bekannt. Anschrift des Meerrettichmuseums: Judengasse 11.
Das Meerrettichmuseum ist eher ein Großvater-erzählt-Museum. Und tatsächlich besucht noch eine Familie die Ausstellung: Opa, Oma, Mutter und Kind. Und Opa erklärt. Es funktioniert schon, die alte Schubkarre, die Kraxe, etc. etc. Nach etwa einer halben Stunde glaubt Opa, genug erklärt zu haben und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Video-Installation. Das wirkt eigentlich immer beim Kind. Doch das Mädchen beantwortet die rhetorische Frage, ob es nicht die tollen Filme anschauen möchte, mit einem zaghaften „Nein“. Eine ganz Brave. Ich erlöse den Großvater und drücke zum Start.
Das eigentlich Wesentliche und auch Interessante, wohl der eigentliche Grund für die Marktführerschaft Schamels wird eher am Rande erwähnt: Um 1895 wird der Verkauf von rohen Meerrettichstangen auf tafelfertig zubereiteten Meerrettich umgestellt, die „Erste Bay. Tafel-Meerrettich-Konservenfabrik“ entsteht.
Zum Schluss gibt’s noch ein Gläschen Meerrettich als Geschenk, man verlässt wohlig dieses Muster eines Lebensmittel-Firmen-Museums, wie es 1996 mit damals modernen museumsdidaktischen Mitteln in einem kleinen fränkischen Ort aufgebaut wurde.
11.7.2014 GW