Gärtner- und Häckermuseum

Besuch am Sonntag, 9.10.2016, ca 2 Std. Die Bemühungen um den Erhalt von Gärtnerhäusern in Bamberg führte 1974 zur Gründung des ‚Vereins Gärtner- und Häckermuseum Bamberg eV‘ . Daraufhin wurde das Haus Mittelstr. 34 mit viel Engagement saniert, 1979 konnte es als ‚Gärtner- und Häckermuseum‘ eröffnet werden. 2012 wurde das Museum zur Landesgartenschau überarbeitet und erneuert. Träger ist der o.g. Verein.

Gärtnerhäuser in der Mittelstraße, ganz rechts das Museum (gelb) Foto: Gerd Walther

Gärtnerhäuser in der Mittelstraße, ganz rechts das Museum (klein und gelb)
Foto: Gerd Walther

Im Umkreis vieler größerer Orte wurde seit dem Mittelalter intensiver Gartenbau betrieben. Bei Nürnberg-Fürth lag das ‚Knoblauchsland‘. In Bamberg waren die Gärtner enger an die Stadt angebunden. Bis heute sind zwischen dem Bahnhof und dem Main-Donau-Kanal ganze Straßenzüge als Ensembles der Gärtnerstadt erhalten. Traufseitige, eingeschossige Häuschen mit großer Toreinfahrt und dem Hausgarten dahinter. Mitunter wurde um 1900 wegen des Bevölkerungswachstums der Dachboden ausgebaut oder um eine Etage erhöht.

Das Haus Mittelstr. 34 war heruntergekommen und stand wie viele andere (Gärtner-) Häuser kurz vor dem Abriss. Mittig die breite Durchfahrt mit den Luken zum Dachboden, wohin man Zwiebeln und anderes zum Lagern und Trocknen gab. Rechts betritt man den Wohnbereich, 5 Zimmerchen, alle irgendwie beheizt. Die Bewohner des bescheidenen Hauses werden im Text als eher wohlhabend bezeichnet. Die Wohnzimmer-Möbel von etwa 1900 stammen aus einem anderen Gärtnerhaus. Die aufwändige Schablonenmalerei an den Wänden überrascht. Dazu gibt – wie in den anderen Räumen – der meist katholisch-religiös geprägte (Wand-) ‚Schmuck‘ einen Einblick in die Denkwelt. Wir sind in einer Bischofsstadt.

Es folgen: die schmale Schlafkammer, ein Kinderraum, in dem auch Saatgut getrocknet wurde, die Küche und ein Vorratsraum mit einer Elektroinstallation von ca 1910. Ein E-Werk gab’s zwar schon in Bamberg, aber keine Leitungen zur Mittelstraße. So musste man Akkus (die leider nicht erhalten sind) dorthin zum Laden mit dem Schubkarren fahren. Das ist alles recht schön gemacht. Ganz unaufdringlich erhält man einen Einblick in das Leben einer Gärtnerfamilie. Links der Durchfahrt befanden sich Funktionsräume, deren vordere beide um 1900 zu einer Austragswohnung umgebaut wurden. Dahinter liegt der Rauchfang mit Gerätschaften zur Herstellung von Kraut, Butter, Brot. Früher zeigte das Museum mehr davon, etwa zur Herstellung von Körben im Winter. Durch einen eigenen Zugang getrennt befindet sich dahinter ein kleiner Stall für 2-3 Kühe, 1 Kalb. Wir haben es mit Gärtnern zu tun, nicht mit Bauern. Die Futterkammer davor wird heute zur Dokumentation über die Bamberger Häcker genutzt, im Bamberger Raum die Bezeichnung für Winzer. Dazu wandgroß der Zweidler-Plan von 1602 mir farblicher Hervorhebung der Anbauflächen für Wein, Obst, Gartenbau und Süßholz, woraus Lakritze hergestellt wurde, lange ein Bamberger Monopol.

Schlafzimmer-'Schmuck': Ob's gottgefällig ist, weiß ich nicht, aber der Obrigkeits hat's sicher gepasst. Foto: Gerd Walther

Schlafzimmer-‚Schmuck‘: Ob’s gottgefällig ist, weiß ich nicht, aber der Obrigkeits hat’s sicher gepasst.
Foto: Gerd Walther

Unter dem Dach wird die Präsentation sachlich-informativ, wir haben den Wohn- und Arbeitsbereich verlassen. Hier ist Raum für Basiswissen, Handelsrouten, den Übergang vom Samen- zum Gemüsehandel mit dem Anschluss an die Eisenbahn, die Funktion alter Geräte und Werkzeuge, wozu auch dezent moderne Museumsdidaktik eingesetzt wird. Hinten grenzt der Hof mit dem Brunnen rechts und der Remise für größere Geräte und Wagen an. Stallseitig links befindet sich die Mistgrube mit dem ‚Häusla‘. Auf Hausbreite folgt auf ca 60 m der alte Hausgarten. Klar, ein Gärtnermuseum ohne Museumsgarten, der jetzt verbreitert wurde, macht keinen Sinn. Das ist alles sehr schön, unaufdringlich und sensibel gemacht.

Leider wurden in die beiden Austragskammern vorne religiöse Utensilien zu Prozessionen der Gärtner gestellt: Heiligenfiguren, Prozessionsstäbe, Kränze etc. Was überall sonst im Haus stimmig ist und gut passt, stimmt hier nicht, wirkt hingestellt, eingelagert, als ob man nicht wusste, wohin damit. Der Museumsverein hat 600 m weiter auch die Sebastiani-Kapelle in seiner Obhut. Das ist der rechte Ort für dieses religiöse Großgerät, nicht ein bescheidenes Austragsstübchen, in das Exponate zum jahreszeitlichen oder Alterswinter passen, dazu durchaus auch zur religiös geprägten Lebenswelt wie sonst im Haus. Aber insgesamt ist das vom Mai bis Oktober geöffnete Museum sehr interessant, schön und liebevoll gestaltet.

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