Franz-Liszt-Museum

Besuch am Sonntag, 10.2.2019, ca 1,5 Std. Das ‚Franz-Liszt-Museum‘ wurde 1993 im Erdgeschoß des Oberförsterhauses gleich neben Richard Wagners ‚Haus Wahnfried‘ eröffnet. Der 1811 geborene Musiker wohnte hier während seiner Aufenthalte in Bayreuth – und hier starb er 1886 auch. Trägerin des Museums ist die Stadt Bayreuth.

Ein Museum als spannender Spiegel der Zeit
Foto: Gerd Walther

Das Museum ist mit seinen fünf Räumen und dem Eingangsbereich nicht sehr groß, eine Wohnung halt. Und man hat auch nicht den Eindruck, dass seit der Eröffnung 1993 sehr viel verändert wurde. Wer moderne interaktive Museumsmedien wünscht, wird hier enttäuscht sein. Grafiken in der ganzen Vielfalt des 19.Jhs dominieren die Präsentation, dazu einige Gemälde und Büsten, frühe Fotografien. Sie zeigen bekannte oder auch schon weitgehend vergessene Künstler der Zeit, natürlich viele Musiker (neben Literaten). Hinzu kommen Ansichten der kulturellen Zentren im damaligen Europa und von Städten, in denen sich Liszt länger aufhielt: Paris, Wien, Genf, Budapest, St.Petersburg, Rom, Weimar, Venedig usw. Franz Liszt, dessen Musik dezent aus Lautsprechern ertönt, ist als Pianist viel herumgekommen. Angenehm füllt die Musik den Hintergrund, nicht ablenkend, sondern die Exponate ergänzend. Wir haben es mit einem ruhigen, gänzlich unaufgeregten Museum zu tun, in dem man sich voll auf die Ausstellung konzentrieren kann.

Franz Liszt, dessen Biographen das Komponieren meist an zweiter Stelle nennen, war ein gefeierter Künstler. Ein hübscher Mann, der insbesondere bei Frauen gut ankam. 1865 empfing er als Abbé in Rom die niederen Weihen des geistlichen Standes und lebte zeitweise spartanisch im Kloster. Ein Grenzgänger nicht nur durch die Geburt in Raiding nahe dem Neusiedler See, das damals zu Ungarn, heute zu Österreich gehört, mit deutsch/österreichischen Eltern. Er sprach (meist) deutsch, schrieb (häufig) französich, lernte ungarisch und war auf seinen Konzertreisen als Pianist und Mensch in ganz Europa zu Hause. Als Kosmopolit in Zeiten der aufkommender Nationalstaaten wird er mitunter bezeichnet. Er förderte die neue (und auch deshalb umstrittene) Programmmusik, u.a. den zwei Jahre jüngeren Richard Wagner. Als der 1870 seine Tochter Cosima heiratete, trat eine zeitweilige Abkühlung ein. Und immer wieder stößt man auf Querverbindungen, man kennt sich eben. Da erscheint die Gräfin Marie d’Agoult, Liszts langjährige Lebensgefährtin und Mutter seiner drei Kinder zusammen mit Chopin, George Sand, Alfred de Musset, um nur einige zu nennen. Ab 1847 nimmt die verheiratete Gräfin Carolyne zu Sayn-Wittgenstein aus (dem damals als Staat faktisch nicht existierenden) Polen ihre Stelle ein. Aber eine Heirat scheiterte am katholischen Rahmen, in dem sich beide durchaus bewusst bewegten. Liszts Schüler Hans von Bülow war der 1.Ehemann Cosimas. Die Pflegetochter Winifred seines Schülers Karl Klindworth heiratete 1915 Siegfried Wagner, als dessen Homosexualität bekannt zu werden drohte. Aber deren Schwarm war später sowieso der ‚Gröfaz‘.

Foto: Gerd Walther

Die Art der Präsentation erlaubt erstaunlich tiefe Einblicke in das kulturelle und gesellschaftliche Leben des 19.Jhs. Zwölf nicht allzu lange, fundierte Texte geben Hintergrundinfos zu den verschiedenen Lebensstationen Liszts und seinem engeren persönlichen Umfeld. Kurz erläuterte Grafiken bilden den Kern der Ausstellung, dazu ein Flügel Richard Wagners, etwas Liszt-Nippes und die mit großen Warzen eigentümlich fremd wirkende Totenmaske Liszts im früheren Sterbezimmer. Die ruhige, gelassene Atmosphäre bildet die Basis für eine intensive Auseinandersetzung mit dem Musiker, seinem Umfeld, seiner Zeit. Diese Art von Museum ist selten geworden. Allzu häufig meint man heute Tourismus, wenn man von Kultur spricht. Nicht jeder mag es, so mit den Exponaten allein zu sein. Verlassen ist man mit ihnen ja nicht. Mir hat’s gefallen. Ob die Pläne, das Franz-Liszt-Museum auch auf die obere Etage des Hauses zu erweitern, noch verfolgt werden, weiß ich nicht. Doch ist zu hoffen, dass dabei die angenehme Unaufgeregtheit des in sich ruhenden Museums erhalten bleibt.

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