Historisches Museum

Besuch am Sonntag, 8.2.2015, ca 3 Std. Der Besuch in dem großen Museum war verhalten. Trägerin ist die Stadt Bayreuth. Die Anfänge des Museums gehen auf das späte 19.Jahrhundert zurück. Diese lange Sammeltradition kommt der Qualität der Exponate zugute. Die jetzige Neugestaltung entstand 1996. 1997 erhielt es den Bayerischen Museumspreis. Ich stehe solchen Preisen reserviert gegenüber. Die einzige Auszeichnung, mit dem sich ein Museum schmücken sollte, ist das Lob der Besucher.

Begrüßt wird man von 2 großen Modellen, eines zeigt Bayreuth 1763, das andere den ‚Vorort‘ St. Georgen. Dazu große aussagefähige Fotos. Es schließen sich im Erdgeschoß Räume zur Stadt- und Umlandentwicklung bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts an.

Arm und reich in Bayreuth um 1800 Foto: Gerd Walther

Arm und reich in Bayreuth um 1800
Foto: Gerd Walther

Handwerksladen, Willkommenskrüge der Zünfte, Reisedokumente von Gesellen sollen einen Einblick in die ansässigen Gewerbe geben. Tun sie das wirklich? Oder wird nur angerissen, dass es z.B. auch Bäcker in Bayreuth gab? Interessanter fände ich, etwas über die Arbeits- und Lebensbedingungen zu erfahren. Wie war das mit Getreidepreisen, Missernten, Hungersnöten, Teuerungen, guten und schlechten Jahren? Da bringen Handwerksladen in größerer Anzahl weniger als ein detaillierter Einstieg in wenige Gewerbe. Eine Etage höher wird dies ansatzweise gemacht, wenn Hinterlassenschaften reicher und armer Menschen gegenübergestellt werden. Es gibt doch viele historische Dokumente zu Arbeitsmaterialien und Fertigungsprozessen verschiedener Berufe vom Ständebuch von Ammann/Sachs aus 1568 bis hin zur Enzyklopädie im späten 18.Jh.

Eine Etage höher geht man etwa beim Umgang mit den Bodenschätzen im Umland und im Fichtelgebirge, teilweise stark vertextet, darauf ein: Glasherstellung, die Suche nach Edelmetallen, Steingutproduktion. Der Umgang mit Steingut aus Creußen ist anschaulich.

Es schließt sich eine Raumflucht zum Leben der diversen Bayreuther Markgrafen mitsamt Frauen an. Nicht in der Anzahl der Portraits liegt hierbei die Stärke, zumal versucht wird, diese in ihrer Bedeutung und Unterschiedlichkeit zu erläutern. Die tolle Qualität des Museums blitzt immer da auf, wo es ins Detail geht: eine Puppe, ein sog. Fatschenkind, zeigt, wie damals Kleinkinder straff gewickelt wurden. Die Utensilien eines Jägers zeugen vom auch zeitlichen Aufwand beim Schießen. Versuche absolutistischer Perlenzucht werden angedeutet. Wie schrieb doch der reisende Hofmeister Füssel 1787 dazu? Man „fährt über einen Perlenbach…Zur Seite ist den Räubern zur Warnung ein Schnellgalgen aufgerichtet.“ Da ließe sich was draus machen, Herr und Untertan, Jagd und Not.

Glanz und Elend von Privatsammlungen erlebt man bei den Bayreuther Fayencen von Burkhardt. Die wären, auf 10% reduziert, wunderschön. Aber Hunderte von Tellern, Krügen etc etc? Da haben wohl auch die Museumsmacher kapituliert, haben zwar fast alle Exponate eine Nummer, doch meist fehlt die dazugehörige Beschreibung. Warum geht man nicht her, stellt ab und an ein Exemplar heraus, zeigt dazu eine Vergrößerung und erläutert daran Dekor, Eigenheiten, Besonderheiten, Entwicklungen? Dazu Hinweise auf die Produktionsbedingungen (wie im Gang) etwa von Philipp Wilhelm Gercken.

Kein ganzes Hemd um 1900: Hemdbrust, Manschetten, dazu noch Stehkragen Foto: Gerd Walther

Kein ganzes Hemd um 1900: Hemdbrust, Manschetten, dazu noch Stehkragen
Foto: Gerd Walther

Die 3. Etage thematisiert das 19. und 20. Jh. sowie das Umland. Toll die fotografischen Gegenüberstellungen zur Dorfentwicklung. Auch hier gewinnt die Ausstellung durch hervorragende Details: Glasperlenmacher, Fayencen, Steingut. Die Orte des Umlands haben mit ihren Spezialgewerben viel Interessantes zu bieten. Oder Bestandteile der Bekleidung um 1900: Hemdbrüste, Stehkragen, Manschetten. Das war Alltag, das sieht man selten, hier entwickelt das Historische Museum seine wahre Stärke.

Ein Gedanke zu “Historisches Museum

  1. Übertrag einer Mail an meine Privatadresse:

    Sehr geehrter Herr Walther,

    bei Ihren Anmerkungen zu den vielen Fayencen der Sammlung Burkhardt gebe ich Ihnen im Prinzip recht – auch wenn „10 Stücke“ auszustellen natürlich eine völlige Fehl- und Unterbewertung der Bayreuther Manufaktur wäre. Aber bei der Sammlung Burkhardt gab es nur die Wahl „alles oder nichts“ ! Und nicht das Aussuchen einzelner Stücke ! Das können private Sammler eben so festlegen, wenn sie ihre Sammlung in eine Stiftung überführen.

    Steht übrigens im ausführlichen Katalog (der in der Sammlung ausliegt), genauso wie Nummern an den einzelnen Stücken auf die Erläuterungen im Katalog verweisen. Das war angesichts Ihres Textes eine neue Erkenntnis für mich, dass manche Besucher nicht bemerken, dass die Objektnummern auch die Katalognummern sind.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Sylvia Habermann

    Stadt Bayreuth
    Historisches Museum
    Tel.: 09 21/76 40 10
    Fax: 09 21/76 40 123
    E-Mail: historischesmuseum@bayreuth.de
    Internet: http://www.bayreuth.de/

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