Jean-Paul-Museum

Besuch am Samstag, 30.1.2016, ca. 1,5 Std. Das Jean-Paul-Museum in Bayreuth besteht seit 1980, 2013 wurde es gründlich erneuert wieder eröffnet. Das städtische Museum ist im ehemaligen Wohnhaus des Rassisten und Wagner-Schwiegersohns Houston Stewart Chamberlain untergebracht. Ob es dem von den Ideen der Aufklärung geleiteten zeitweisen Anhänger der französichen Revolution dort gefallen hätte? Mit seinem langjährigen jüdischen Vermieter jedenfalls war Jean Paul gut befreundet.

Jean Paul, zur Goethezeit einer der meistgelesenen Autoren, ist heute nicht mehr so bekannt. Das ist schade, verfügt er doch über einen leisen, humorvollen Stil, etwa wenn er zur Hochzeit seiner Eltern schreibt: „Im Jahr 1761 den 13ten Oktober ging die Liebende als Braut mit ihren Schätzen in sein enges Schulhäuschen (der Vater war noch Lehrer – GW), das er zum Glück ohnehin durch kein Hausgeräte noch enger gemacht.“

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Hinterlich sind heute allenfalls seine mitunter langen Schachtelsätze. Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter, der sich aus Verehrung für Jean-Jacques Rousseau Jean nannte, wurde 1763 in Wunsiedel geboren, lebte nach großen literarischen Erfolgen und der Bekanntschaft mit vielen (kulturellen) Größen seiner Zeit seit 1804 nicht zuletzt des guten Bieres wegen in Bayreuth, wo er nicht zuletzt des guten Bieres wegen 1825 verstarb, nachdem er die oft chaotischen Zustände seiner Zeit satirisch-witzig fast als Idyllen reflektiert hatte, was seiner Beliebtheit beim breiten, oft weiblichen Lesepublikum bis hin zu den Mitgliedern des (Hoch-)Adels nicht abträglich war. Selbstgespräche, an denen er die Leser teilnehmen lasse, nannte A.W. Schlegel einmal seine Romane.

Das Museum im Erdgeschoss des Hauses ist nicht sehr groß, kühl gehalten, Weinrot und Grau dominieren, der Parkettboden braun, aufgeräumt alles. Jean Paul, der sich literarisch so schwer zwischen Klassik und Romantik einfügen lässt, ist hier in Vitrinen und Schubläden übersichtlich eingeordnet. Das ist nicht negativ gemeint. Es herrscht eine chronologische Folge, die Werke sind in Vitrinen übersichtlich präsentiert, darunter in den Schubfächern zum Nachlesen je ein Textbeispiel, dazu kurze Ausschnitte aus dem Film von Percy Adlon über Jean Paul, dazu Audiodokumente, falls man mal nicht lesen will, Grafiken, Büsten Portraits, Nippes… Interessantes erfährt man oft nebenbei, man muss schon genau hinsehen, etwa zum Portrait des Malers F. Meier von 1810: “Sein Bild von mir – das einzig treffende, indessen alle Kupferstiche Verleumdungen oder Verwandlungen meines Gesichts sind – sehe ich nach dem Krieg nie ohne Wehmut an, auch es ist mir eigentlich weniger meines als seines.“ Er hat schon auf sich in der Welt geachtet.

Jean Paul, Bitte für Unglückliche Foto: Gerd Walther

Jean Paul, Bitte für Unglückliche
Foto: Gerd Walther

Sehr schön sind die handschriftlichen Dokumente, ist doch seine Schrift, zumal in eher privaten Briefen – neben seinen in Büchern zugänglichen Gedanken – das heute noch am meisten Authentische von Jean Paul. Hier hätte ich mir mitunter trotz der schönen Schreibe zum leichteren Umgang parallel eine Übertragung in Druckschrift gewünscht. Man bekommt im Museum einen schönen Ein- und Überblick zu Jean Pauls Werk. Die Lebens- und Zeitverhältnisse, Revolutionen, ständigen Kriege, Unter- und Aufgänge von Staaten, Mächtige und Ohnmächtige, Armut, Not, Hungersnöte kommen dabei etwas kurz.

Ich glaube eher nicht, dass das Museum Jean Paul trotz seiner Zettelkasten- und Exzerptmanie gefallen hätte: zu ordentlich, zu aufgeräumt. Ganz beim Eingang jedoch und trotzdem (oder gerade deshalb) etwas versteckt, erhält man „einen Einblick in das produktive Chaos von Jean Pauls Arbeitsstube“, schreibt jedenfalls der Museumsflyer. Hinter einer Glasscheibe, durch Lücken im Bücherregal hindurch unter den Augen der Kassenkraft erspähbar, verbirgt es sich fast, dieses „produktive Chaos“, so als ob man einen anderen Jean Paul wie eifersüchtig nur verdeckt (oder verschämt?) zeigen möchte.

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