Richard Wagner Museum

Besuch am Samstag, 12.11.2016, ca. 3,5 Std. Das ‚Richard Wagner Museum Bayreuth‘ gibt es nach der Gründung der ‚Richard-Wagner-Stiftung‘ 1973 seit 1976 im Haus Wahnfried. Trägerin ist die Stiftung. Nach einer grundlegenden Erweiterung und Neukonzeptionierung eröffnete das Museum wieder im Juli 2015, jetzt bestehend aus Wagners (Wohn-)Haus Wahnfried, dem Siegfried-Wagner-Haus seines Sohnes und einem Neubau. Gedenkstätten gab es seit 1924.

Man betritt heute das Museum über den gelungenen Neubau, der im Untergeschoss die Aufführungsgeschichte der Bayreuther Festspiele zeigt. Kostüme der Inszenierungen seit Cosima Wagner dominieren den dunklen, großen Raum. Kurze prägnante Texte erläutern die Schwerpunkte der Inszenierungen bei Cosima (1883-1906), Siegfried (–1930), Winifred (-1945), Wieland (-1966) und Wolfgang Wagner (–2008). Der Wandel der Kostüme gibt den Blick frei auf den geänderten Umgang mit Wagners Werk, desgleichen die ausgestellten Bühnenmodelle, die leider nicht alle gut zu sehen sind. Bilder der Dirigenten, Instrumente, andere Exponate und zwei Audiotheken mit angenehm gestaltetem Nahblick ergänzen die gelungene Ausstellung.

Die 'Schatzkammer' Foto: Gerd Walther

Die ‚Schatzkammer‘
Foto: Gerd Walther

Die unterirdische Verbindung zum Haus Wahnfried führt zur ‚Schatzkammer‘, optisch eher zwischen Weihestätte und Mausoleum angesiedelt. Wahrscheinlich braucht man das, um das Phänomen Wagner in und nach seiner Zeit adäquat auszuleuchten. Seine Büste vor Golddekor bildet den Fixpunkt zur Vorstellung seines Schaffens am Beispiel des ‚Parsival‘. In der Überwindung der Nummernoper, die sich um einzelne Arien rankt, will Wagner ein Gesamtkunstwerk, beginnend mit dem selbst verfassten Text. Die Themen stammen meist aus der germanischen Mythologie. Man weiß, heiter ging’s da nicht zu. Dann schuf er die Musik, fügte den Stimmen gleichwertig das Orchester hinzu, um das Kunstwerk in der Aufführung zu vollenden. Eine deutsche Nationalkultur parallel zur nationalen Einigung war angedacht. Den Gegner in Politik und Kultur hatte man in der französischen ‚Zivilisation‘ ausgemacht. Diese war (natürlich) geringer wertig als deutsche ‚Kultur‘, u.a. weil sie von zur Kultur nicht fähigen Juden durchsetzt sei. Da hatten ihn trotz jüdischer Mitarbeiter wie Hermann Levi und Joseph Rubinstein wohl Misserfolge in Paris geprägt. Gegenüber befindet sich ein Raum mit dem Vorspiel zu ‚Rheingold‘ in einer ‚Interaktiven Partitur‘, mit der man „die Verwandlung der Welt in Musik“ optisch und akustisch ebenso hervorragend verdeutlicht wie Wagners Art zu komponieren.

Haus Wahnfried, Raum mit Nietzsche-Büste Foto: Gerd Walther

Haus Wahnfried, Raum mit Nietzsche-Büste
Foto: Gerd Walther

Haus Wahnfried zeigt Wagners (familiäres) Umfeld. In einzelnen Räumen dienen Hussen als Platzhalter für fehlende Einrichtung. Gestalterisch überzeugend ist das nicht. Während im Erdgeschoss die alte Einrichtung als Vorgabe dient, zeigt man im Ober- bzw. Zwischengeschoss mit ästhetisierendem Grundzug die Biographie. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, solange nicht die inhaltliche Beschäftigung darunter leidet. So finden sich wiederholt Handschriften von Wagner, manchmal auch von anderen, was authentisch viel über die Personen aussagt. Aber dem Besucher sollte es möglich sein, den jeweiligen Inhalt zu erfahren, sonst füllt dies formal Raum. Eine Übertragung in Druckschrift unterbleibt aber wohl aus gestaltungsästhetischen Gründen. Auf die Möglichkeit, mittels Audioguide eine Hilfestellung zu bieten, wird nur bisweilen zurückgegriffen. Zudem fehlt mir hier etwas die Musik. Exponate, Theaterzettel, Zeichnungen, Fotos, Theatermodelle sind für einen Musiker eher stumme Zeugen. Der Audioguide böte auch hier Abhilfe. Letztlich wird nicht deutlich, wie sich der 1848 für Freiheitsrechte eintretende Revolutionär zu einem auf dem Kultursektor führenden Antisemiten entwickelte. Schopenhauer, Ludwig II., Nietzsche bliesen allenfalls leise in dieses Horn. Etwas unterbelichtet ist mir der enge Kontakt zu Rassisten wie Gobineau, überhaupt das Wagnersche Umfeld. Da genügt es nicht, die 1. Seite der Handschrift „Die Juden in der Musik“ von 1850 auszustellen, mit der er sich später als Initator des Antisemitismus darstellte, und das war’s.

Die Ideologiegeschichte, die von der Ehefrau Cosima über den Schwiegersohn Chamberlain und die Schwiegertochter Winifred zum Nationalsozialismus bis zu Hitler führt, wird im Siegfried-Wagner-Haus mit Monitoren auf dem Fußboden – Stolpersteinen – in sonst weitgehend leeren Räumen gezeigt. Aber die Grundlagen gehörten nach Wahnfried, wurden durch Wagner selbst gelegt. Eine Vermittlung über Filmsequenzen ist zwar flüchtig, sie ermöglicht aber eine breite und differenzierte Darstellung des Nachwirkens durch Anhänger, aber auch kritische Betrachter wie Thomas Mann oder den späten Nietzsche. Und es ist gut, eindringlich und informativ gemacht.

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