Gedenkstätte Berliner Mauer – Bernauer Straße

Besuch am Montag, 24.8.2020, ca 3 Std. Mit der Wiedervereinigung und Beseitigung der Berliner Mauer 1989-91 liefen Bemühungen parallel, Teile davon als Gedenk- und Erinnerungsorte zu erhalten. So auch den Bereich an der Bernauer Straße, der während der Teilung Berlins oft traurige Berühmtheit erlangte. Zum 10.Jahrestag des Mauerfalls wurde am 9.11.1999 die Gedenkstätte eröffnet und seitdem sukzessive z.B. um eine Kapelle (2000), ein Besucherzentrum (2009), ein Dokumentationszentrum (2014) erweitert. Träger der Gedenkstätte ist seit 2008 die landeseigene ‚Stiftung Berliner Mauer‘.

Die Gedenkstätte erstreckt sich längs der Bernauer Straße auf ca 1,5 km zwischen dem Nordbahnhof/Gartenstraße und der Schwedter Straße mit 4 Abschnitten: ‚Die Mauer und der Todesstreifen‘ bis zur Ackerstraße, ‚Die Zerstörung der Stadt‘ bis zur Strelitzer Straße, ‚Der Bau der Mauer‘ bis zur Brunnenstraße. Den Abschnitt ‚Alltag an der Mauer‘ bis zur Schwedter Straße mit z.T moderner Überbauung habe ich aus Zeitgründen nicht besucht. Das Besucher- und das Dokumentationszentrum mit dem Aussichtsturm waren coronabedingt geschlossen.

Der Nordbahnhof der S-Bahn Linie 2 wurde zum Grenzbahnhof
Foto: Gerd Walther

Der Nordbahnhof für die S-Bahn Linie S2 (und heute auch S1) schaut nicht nur äußerlich wie aus der Zeit gefallen aus. Innen erst recht, selbst wenn mittlerweile wieder Bahnbetrieb herrscht. Mit dem Bau der Mauer führten einige Linien der U- und S-Bahn unter dem gesperrten Ostberlin hindurch. Dort wurden die Bahnhöfe zugemauert. Geisterbahnhöfe entstanden ohne Möglichkeiten des Ein- bzw. Ausstiegs. Nur von Grenztruppen und der Polizei überwacht, aber auch die eingesperrt, denn sie hätten ja auch fliehen können (was einige taten bzw. probierten). Es herrscht eine ganz eigene Atmosphäre durch Räumlichkeiten im Zustand der 1950er Jahre. Installationen und eine intensive, aber unaufdringliche Dokumentation, Texte und Fotos über Grenz- und Geisterbahnhöfe kommen dazu. Der Nordbahnhof war Grenzbahnhof. Der Zugang im Osten war zugemauert, der im Westen offen.

Man wundert sich, was die DDR-Regierung zu solchem Tun gebracht hat. Sicher war es ein Problem, dass viele DDR-Bürger nach ihrer (guten) Ausbildung im Osten dann im Westen eine (besser bezahlte) Arbeit gesucht haben. Es ging ja nicht immer nur um Freiheit im engen Sinn. Auch wenn’s wirtschaftlich besser gelaufen wäre, musste doch klar sein, dass man mit Schikanen und Einschüchterung keine Bevölkerung gewinnen kann. Und das wollte man doch.

Blick auf den rekonstruierten Mauerbereich, hinten auf der anderen Straßenseite das Doku-Zentrum mit dem Aussichtsturm
Foto: Gerd Walther

An der Bernauer Straße haben wir zunächst einen breiten Streifen Grün vor uns, aber der erste Eindruck täuscht. Nach dem Sophienfriedhof, von dem ca 100m bis zur Bernauer Straße den Grenzmaßnahmen weichen mussten, und dem Elisabethfriedhof war die Bernauer Straße auch auf der Ostseite bebaut. In den 1960ern hat man die Häuser abgerissen. Noch 1985 wurde die Versöhnungskirche gesprengt, um freies Sicht- und Schussfeld zu bekommen. Denn die Grenzanlagen wurden bis 1989 permanent ausgebaut und perfektioniert, um auch die letzte Fluchtmöglichkeit (an DDR-Grenzen) auszuschalten.

Die Präsentation im Freien ist auf eine sehr angenehme Art dezent und lädt zum zwanglosen Betrachten ein, ist doch das Gezeigte schlimm genug. Ein Teil der Mauer bzw. der ‚Vorderen Sperrelemente‘ steht noch bzw. wird durch Metallstäbe verdeutlicht. Es folgten die Kfz-Sperre, der Kontrollstreifen, bisweilen eine Hundelaufzone, der Kolonnenweg, die Lichttrasse, Wachttürme, Sperranlagen, der Signalzaun und die Hinterlandmauer als Sichtblende bzw. erstes Hindernis. Beim Dokumentationszentrum ist der alte Zustand der Grenzanlagen wieder hergestellt. Fast noch intensiver wirken die vielen in die Fläche eingestreuten Elemente: Themenstationen verdichten jeweils einzelne Schwerpunkte, das ‚Fenster des Gedenkens‘ erinnert an die 136 Toten: 98 Flüchtlinge, 8 versehentlich Erschossene, 22 Westberliner. Für die 8 getöteten Grenzsoldaten wird andernorts gedacht. Es wird gezeigt, wo früher Häuser standen, wo Fluchttunnel gegraben wurden. Eine Kapelle steht heute am Ort des Chores der Versöhnungskirche. Die ‚Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße‘ ist ein sehr eindrucksvoller und sehenswerter Ort, der auch durch die zurückhaltende Präsentation gewinnt.

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