Besuch am Mittwoch, 13.10.2021, ca. 1,5 Std. Das Ethnologische Museum geht auf Sammlungen seit dem 17.Jh. zurück. Als ‚Museum für Völkerkunde‘ 1873 gegründet, ist es eng mit dem Kolonialismus verknüpft. Nach schwerer Beschädigung des Gebäudes im 2.Weltkrieg war es von 1964 bis 2017 in (West-)Berlin-Dahlem untergebracht. Mit der äußerlichen Wiedererrichtung des Berliner Schlosses als Humboldt-Forum wurde es dort im Juli 2021 eröffnet. Träger des Humboldt-Forums ist die ‚Stiftung Humboldt-Forum im Berliner Schloss‘. Das Museum umfasst einen Teil der außereuropäischen Sammlungen der ‚Staatlichen Museen zu Berlin‘ im Rahmen der ‚Stiftung Preußischer Kulturbesitz‘. Der Eintritt ist (noch?) frei.

Foto: Gerd Walther
Das ‚Ethnologische Museum‘ bildet mit dem ‚Museum für Asiatische Kunst‘ eine Etage darüber den Kern der Ausstellungen im Humboldt-Forum, zu dem sich diverse weitere permanente und temporäre Ausstellungen gesellen. Gezeigt werden Exponate aus Afrika, insbesondere dem heutigen Kamerun und Namibia sowie aus Ozeanien, also aus ehemaligen deutschen Kolonien zwischen 1880/90 und dem 1.Weltkrieg. Hinzu kommt eine Abteilung ‚Klänge der Welt‘ rund um Musikinstrumente und Schallaufzeichnungen auf Walzen oder Schallplatten seit 1900.
Man betritt das Museum über die temporäre Präsentation ‚Ansichtssache(n). Ein Auftakt‘. In der Installation mit erstaunlich kleinteiligen Sequenzen in der Größe A4 werden verschiedene Sichtweisen auf und durch den Kolonialismus vorgestellt. Aber immerhin befinden sich die Texte hier noch lesbar auf Augenhöhe. Die Beschriftung der Exponate in den folgenden Räumen befindet sich schräg im Fußbodenbereich, so dass man sich jedes Mal bücken muss, um zu lesen, was ausgestellt ist. Tendenziell unterlassen die Besucher dies. Wo man fremde Völker und Kulturen über ihre Produkte, die Exponate erklären und näherbringen könnte und sollte, bleibt jetzt maximal ein Staunen über die hohe Qualität der Artefakte, die aber fremd bleiben. Hinzu kommt die permanente Störung durch unangenehme akustische Alarmsignale, die beim Hinunterbücken an einer Lichtschränke unabsichtlich mit dem Kopf ausgelöst werden. Meist wissen dies die Betreffenden nicht, denn das Museum kommuniziert nicht einmal in Form eines Hinweisschildes mit ihnen. Das sind völlig unverständliche Anfängerfehler.
Ergänzt werden diese Hinweise durch zusammenfassende Texte von oft erschreckender Aussagelosigkeit bzw. Banalität. Ein Beispiel: „Musikinstrumentenbau – Materialien, Werkzeuge, Klang – In unterschiedlichen Musikkulturen werden sehr verschiedene Materialien und Werkzeuge für den Bau von Musikinstrumenten benutzt. Genauso vielfältig sind auch die Herstellungstechniken und Klänge, die durch die fertigen Instrumente erzeugt werden. Wie und womit Menschen Instrumente bauen, hängt stark von dem zur Verfügung stehenden Material ab. Zudem ist die Idee, wie ein Instrument aussehen und klingen soll, von großer Bedeutung. Musikinstrumente können verknüpft sein mit Personen, mit bestimmten Musikstücken und Genres oder mit spezifischen Gelegenheiten, zu denen sie gespielt werden.“ (Gesamttext)

Foto: Gerd Walther
Zurecht wurde viel über das Exponat Luf-Boot diskutiert, das viele Besucher v.a. aus der Ferne sehen, da ein Hinweis fehlt, dass man nur über eine Treppe oder einen Aufzug eine Ebene tiefer (und wieder zurück) kommt. Man sollte Götz Alys Buch ‚Das Prachtboot‘ lesen, will man sich über die Bedeutung des Boots und die Art seines Erwerbs informieren. Das Museum selbst leistet diese eigentlich notwendige Aufklärung nicht bzw. nur sehr verquast. Man erhält den Eindruck einer unangenehmen Pflichtübung, weil das Thema Provenienz, also der Herkunft der Exponate, mittlerweile große Beachtung findet. Auf entsprechenden Hinweistafeln mogelt man sich mit einer Anhäufung von Fragen durch, wo klare Aussagen nötig und möglich wären. Und formalistische Gender-Zeichen können auch Unklarheiten schaffen hinsichtlich der Frage, welche Rolle Frauen in diesen männerdominierten Gesellschaften tatsächlich spielten.
Nachdem das Museum viele Exponate mehr als raumfüllende und atmosphäreschaffende (schöne) Staffage benutzt, statt über sie ihr Umfeld und ihre Schöpfer darzustellen, kann man sie ja auch gleich zurückgeben. Das ‚Ethnologische Museum‘ ist leider ein Beispiel dafür, dass man auch mit viel Geld kein gutes Museum machen kann.