Besuch am Montag, 20.3.2017, ca 4 Std. Das jetzige, 2. Pergamonmuseum ist das jüngste Museum der Museumsinsel, 1910 bis 1930 wurde es als Dreiflügelanlage errichtet. Seit 2013 wird das Museum abschnittsweise saniert, ein 4. Flügel soll hinzukommen. Derzeit können der Pergamon-Altar und andere Bereiche im Nord- und Südflügel nicht besichtigt werden. Das Pergamonmuseum enthält Teile der Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum und das Museum für Islamische Kunst. Auch wenn Teile des Museums nicht zugänglich sind, lohnt sich ein Besuch allemal. Es gehört zu den staatlichen Museen Berlins. Wer gerne alleine ein Museum durchstreift, wird am Pergamonmuseum begrenzt Freude haben.
Man wird begrüßt vom mächtigen Ischtar-Tor von Babylon aus dem 6. Jh. v. (Chr.). Dem Ischtar-Tor schließt sich das ebenso voluminöse Markttor von Milet an und vermittelt einen Eindruck der Bedeutung der Stadt im römischen Reich, handelt es sich doch um kein Stadttor, sondern um den Haupteingang zum Markt. Über die Rekonstruktion eines Teils der Prozessionsstraße zum Ischtar-Tor mitsamt Modell der Anlage gelangt man zu den Räumen des Vorderasiatischen Museums.
Hier geht es v.a. um die Frühgeschichte des Zweistromlandes zwischen Euphrat und Tigris, also die Reiche der Assyrer, der Hethiter und von Urartu. Zeitlich befinden wir uns um 1000 v., +/- 500 Jahre. Natürlich sind den meisten Besuchern diese Kulturen, sind die Exponate fremd. Aber wie bei anderen Museen der Museumsinsel gelingt es mit den profunden Infos des im Eintritt enthaltenen Audioguides zu den jeweiligen Epochen und herausragenden Einzelobjekten, den nicht übermäßig langen Beschriftungen der Raumeinheiten sowie meist noch 2-3 vertiefenden Sätzen zu einzelnen Exponaten und durch Infoblätter zum Mitnehmen, viel Information unaufdringlich zu vermitteln. Das ist gut gemacht und ergänzt mit vielen Rekonstruktionen die anschauliche Präsentation der Exponate mit ihrer ganz außergewöhnlichen Wucht. Am Beginn des Vorderasiatischen Museums sind es große Löwen aus dem inneren Burgtor von Sam’al in der heutigen Türkei, die Monumentalstatue des Wettergottes Hadad oder die eines Vogels von Tell Halaf, alle geschaffen zwischen dem 10. und 8. Jh. v. Eindrucksvolle große Reliefplatten, die ursprünglich Palastwände zierten, schließen sich an. Ab und zu wünscht man sich ein (evtl. interaktives) Modell, das die Platten in ihrer ursprünglichen Farbigkeit zeigt.
Die obere Etage nimmt das Museum für Islamische Kunst ein mit der Zeit nach 600 n., meist aus Vorderasien, das man heute v.a. durch Krieg und Zerstörung kennt. Bis auf den rekonstruierten Teil des monumentalen Kalifenpalastes von Mschatta der 1. Hälfte des 8. Jhs im heutigen Jordanien sind eher kleinere Exponate ausgestellt, was sie nicht weniger interessant macht. Aber die Ausstellung wird zunehmend textlastig, oft geht die Gestaltung der Texte zu Lasten ihrer Lesbarkeit: rote Buchstaben auf beige, beige auf rot, etc. Zudem werden viele Themen mehrfach auf Infotafeln behandelt. Auch franst die Ausstellung in Randgebiete aus, etwa die Arbeit von Archäologen, von Restaurierungen, Kooperationen mit ähnlichen Einrichtungen, tritt die Arbeit der Museumsmacher in Konkurrenz zur Darbietung der Exponate. Hinzu kommen ‚Gags‘ wie eine Selfiestation zur gefährdeten Bogenhalle von Ktesiphon (war bei einem Besuch am 12.11.2017 nicht mehr – GW), werden Texte platt („Königreiche zerfallen, doch das Leben geht weiter“) oder jugendlich anbiedernd („Die alten Könige reloaded“). Zu Konya erfordert das interaktive Medium mehr Aufmerksamkeit zur Bedienung als für den Inhalt (war bei einem Besuch am 12.11.2017 nicht mehr – GW). Statt stringent am spannenden Thema der islamischen Kunst zu bleiben, folgt ein Schnitzer der Ausstellungsgestaltung dem anderen. Wieso man das ebenso sinnvolle wie einfache Informationsschema, das noch in der unteren Etage vorhanden ist, weitgehend verlässt, bleibt unverständlich. Vieles, etwa die schönen Teppiche am Ende des Rundgangs, bleibt so fremd. Und auch das Aleppo-Zimmer, das man aus einem Glaskasten betrachtet, gewinnt nicht, indem man dort einige Restauratoren arbeiten lässt. Was soll der Besucher da mitnehmen, außer dass man gerne anderen Menschen bei der Arbeit zusieht? Das Zimmer aber wird dabei vernachlässigt. Das ist schade, denn die Exponate sind auch hier wie im gesamten Haus vorzüglich und hätten mehr Vertrauen in ihre Kraft verdient.