Besuch am Donnerstag, 29.6.2017, ca 4,5 Std. Das große ‚Historische Museum‘ zur Geschichte Budapests, das bisweilen auch Burgmuseum genannt wird und ungarisch ‚Budapesti Törteneti Múzeum‘ heißt, befindet sich in einem Seitenflügel des Burgpalasts im Stadtteil Buda. Es erstreckt sich über 4 Etagen. Zu dreien davon ist ein Audioguide auf deutsch hilfreich, auch wenn einem mitunter das Ohr abgekaut wird. Träger des Museums ist die Stadt Budapest. Seit 1967 befindet es sich in dem Flügel der im 2.Weltkrieg zerstörten Burg. Es ist schön, wenn Museen ihre eigene Geschichte zeigen, so dass man die Entwicklung des 1887 im Stadtteil Obuda (Altbuda) entstandenen Museums nachvollziehen kann. Nicht unproblematisch ist es jedoch, wenn dieselben Themen in mehreren Ausstellungsbereichen eher wiederholend als vertiefend behandelt werden, statt dass man das Museum zu einer Einheit zusammenführt. Aber allem Anschein nach befindet sich das Museum in der Umgestaltung.
Das Museum besitzt da seine besondere Stärke, wo es intensiv mit dem Gebäude kommuniziert. Spannend ist das Untergeschoss mit den alten Kellergewölben der Burg, das sich intensiv der Frühgeschichte des Gebäudes widmet. Mit modernen Mitteln der Gestaltung, vertiefenden Videos, interaktiven Stationen und Audiodokumenten, z.B. zur Musik aus Mittelalter und Renaissance, bis hin zu einer kleinen Geschichte des Klos ist das gut und informativ gemacht. Höhepunkte sind hier außer den schönen Exponaten die alte Burgkapelle und eine mächtige gotische Halle. Die Wegführung ist (dem Gebäude geschuldet) nicht immer übersichtlich, am besten, man schaut im Audioguide, wie’s jeweils weiter geht.
Sehr schön ist auch das Treppenhaus zur weiteren Geschichte des Gebäudes gestaltet, vertikal angelegt vom Sieg über die Osmanen bis etwa 1860 im Erdgeschoss sowie bis zur Zerstörung im 2.Weltkrieg mit dem Wiederaufbau eine Etage höher. Mit gezielt verwendeten neuen Museumsmedien wird die Entwicklung anschaulich präsentiert. Es empfiehlt sich, den Raum mit im Schloss gefundenen gotischen Plastiken gleich hier in den Rundgang einzubeziehen. Deren heller Stein vor blauem Hintergrund ergiebt eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Präsentation.
Im Erdgeschoss liegt außerdem der Sonderausstellungsbereich, bis 17.9.2017 mit einer Präsentation zu den Ausgrabungen zur Frühgeschichte in Budapest und Umgebung mitsamt dem methodischen Vorgehen beim Sichern der interessanten Artefakte. Tatsächlich war ja viel los in diesem Teil der Welt mit Römern, Hunnen, Germanen, Awaren, Franken, Magyaren und Osmanen. Eigentlich wünscht man dieser aufwändigen Ausstellung mit aussagekräftigen Texten auch auf englisch, Fotos, Videos und guten Exponaten eine dauerhafte Präsentation.

Da hätte ich der Stadtgeschichte mehr Platz gewünscht, rechts geht’s zu den ‚Ausbuchtungen‘
Foto: Gerd Walther
Eine Etage höher wiederholt der neue Bereich ‚Licht und Schatten, die 1000 Jahre einer Hauptstadt‘ zunächst die Frühgeschichte, um die Stadtgeschichte bis zum Ende des Sozialismus in Ungarn 1989 fortzuführen. Allerdings hat man die großen Räume durch mächtige Raumteiler unterteilt, in die auch die Vitrinen integriert sind. So läuft man durch die Geschichte Budapests in einem langen, schmalen Gang, aber Geschichte will sich auch entfalten können. Und wenn bisher die Texte Erläuterungen zu den Exponaten lieferten, so ergänzen jetzt die wenigen Exponate immer längere Texte. Von diesem ‚Zeitstrahl‘ aus vertiefen Ausbuchtungen etwa zum Wohnen, zur Kultur und Badekultur, zum Weinbau, zu Handwerk und Fabrikwesen, Messen und Märkten etc. bis ins späte 20. Jh. die chronologische Darstellung.
Die oberste Etage nimmt – jetzt wieder mit deutschsprachigem Audioguide – die Vor- und Frühgeschichte Budapests in einer Präsentation wohl aus der Frühzeit des Museums hier auf. Das ist nicht negativ gemeint. Es besteht mit sehr vielen schönen Exponaten in einzelnen Vitrinen bei nicht übermäßig viel Text ein angenehmer Kontrast zur vorherigen Etage. So kommt am Ende des Museumsbesuchs nach dem doch stark pädagogisierten ‚1000-Jahre-Bereich‘ noch einmal die Schaufreude voll zu ihrem Recht und erlaubt einen angenehmen Abschluss eines insgesamt sehr interessanten Museums im Umbruch.