Besuch am Samstag, 13.10.2018, ca 1 Std. Die Burg Abenberg, in der sich das Klöppelmuseum befindet (neben dem ‚Haus fränkischer Geschichte‘, hierzu folgt ein eigener Bericht), war im 11./12.Jh. Stammsitz der Grafen von Abenberg, dann Sitz der Zollern und von 1297 bis zum Übergang an Bayern 1803 Amtssitz des Hochstifts Eichstätt. Bekannt ist der in Wolfram von Eschenbachs ‚Parzival‘ erwähnte noch existierende Turnieranger. Im 19.Jh. wurde sie mehrfach im Stil der Burgenromantik ‚ergänzt‘. 1982/84 kam die Burg in den Besitz der Stadt Abenberg, 1986 an einen Zweckverband aus Stadt, Landkreis und Bezirk. Das Klöppelmuseum entstand 1981 im Rathaus, seit 2001 befindet es sich auf der Burg.
Das räumlich nicht sehr große Klöppelmuseum erstreckt sich in der früheren Burgscheune über zwei Etagen. Zunächst kommt eine Einführung in die Grundlagen des Klöppelns auch zum Mitmachen. Dabei werden die hierzu verwendeten Arbeitsgeräte, Materialien und Garne gezeigt. Parallel erfolgt ein Überblick über die Klöppeltradition in und um Abenberg. Nach 1770 entwickelte sich Klöppeln nicht zufällig aus dem Umfeld eines Klosters zum Zusatzerwerb der (armen) Bevölkerung, denn die Böden hier sind nicht sehr ertragreich. So klöppelten sommers wie winters die Frauen, im Winter oft auch Männer, Kinderarbeit war in einer Gesellschaft, die von der Hand in den Mund lebte, selbstverständlich. Reich ist allenfalls der Zwischenhändler geworden. Im sog. Verlagssystem stellte der Zwischenmeister den Kontakt zur (reichen) Kundschaft her. Von ihm waren die Klöpplerinnen völlig abhängig. Kunden waren zunächst der weltliche wie geistliche Adel, der seinen Reichtum u.a. mit Hilfe möglichst aufwändiger Spitzenapplikationen zur Schau stellte. Zunächst wurden Leinenspitzen hergestellt, die ab etwa 1830 zunehmend durch die Metallspitze abgelöst wurden, hergestellt aus leonischem Draht bzw. drahtumwickeltem Textilgarn.
Die sozialen Gegebenheiten sowie modische Wandlungen sind im Museum mit nicht allzu langen, prägnanten Texten, aussagekräftigen Fotos, Musterbüchern und natürlich v.a. Klöppelarbeiten sehr anschaulich ausgestellt. So ist ein Einstieg in diese heute fast exotisch wirkende Heimarbeit gut möglich. Man sollte sich dabei immer auch die Zeit nehmen, die arbeitsintensiven, mühsam herzustellenden, filigranen kleinen Kunstwerke genau anzusehen.
Im 19.Jh. erweiterte sich der Kundenkreis zunächst ins gehobene Bürgertum, denn teuer waren die Produkte nach wie vor, wovon die Klöpplerinnen allerdings wenig abbekamen. Im kirchlichen Gebrauch fanden die Applikationen reichlich Verwendung, teilweise drangen sie auch in die bäuerliche Frauentracht ein. In der 2. Hälfte des 19.Jhs übernahmen Klöppelmaschinen wichtige Arbeitsschritte, die Muster wurden einfacher, Massenware entstand. Das erweiterte zwar zunächst den Käuferkreis, doch andere Kleidermoden kamen konkurrierend hinzu, die Exklusivität ging verloren. Gegen diese Krise wurde auch in Abenberg 1913 eine Klöppelschule errichtet. Aber letztlich ging’s v.a. nach 1945 steil bergab. So verwundert es nicht, dass die drei im Museum mittels Videos vorgestellten Klöpplerinnen, geboren in den 1920ern, zwar als Kinder Klöppeln gelernt hatten, aber erst nach einem langen Erwerbsleben in anderen Berufen wieder hobbymäßig auf das Klöppeln zurückkamen.
Das ist im Obergeschoss sehr schön und anschaulich dargestellt. Ein Blick wird auf das Klöppeln andernorts in Deutschland und Europas gelenkt. Dazu werden Arbeitsgeräte und ihre Verwendung im Detail vorgestellt: Spindeln, Spulen, Haspeln, Garne, Kissen und was alles dazu gehört. Im Mittelpunkt liegen immer die sehr schönen Klöppelarbeiten (bis in die Gegenwart) meist in Flachvitrinen mit Schubläden, so dass man sich ganz auf sie konzentrieren kann. Das Abenberger Klöppelmuseum ist liebevoll und abwechslungsreich gestaltet, die verschiedenen Aspekte und Wandlungen des Klöppelns werden (auch für Männer) anschaulich und verständlich dargestellt. Ein schönes Museum auf einer ebensolchen Burg.
(Siehe auch meinen Bericht zum Spitzenmuseum/Museo del Merletto in Venedig/Burano)