Musée d’Orsay 2017

Besuche am Donnerstag, 10.8. und Freitag, 11.8.2017, insgesamt ca 11 Std. Das Musée d’Orsay befindet sich im 1900 zur Weltausstellung eingeweihten Bahnhof Gare d’Orsay an der Seine gegenüber den Tuilerien, der bis 1939 bestand. Kurz vor seinem Abriss wurde er auf Initiative des damaligen französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing zum Museum umgebaut und 1986 eröffnet. Das staatliche Museum untersteht dem Kultusministerium.

Antoine Bourdelle, Herkules als Bogenschütze, Bronze, 1909-24
Foto: Gerd Walther

Das Musée d’Orsay ist berühmt für seine Sammlung von Impressionisten. Entsprechend gut besucht sind auch das Museum bzw. die betreffenden Abteilungen. Es empfiehlt sich deshalb, das Museum früh aufzusuchen. Aber das Musée d’Orsay ist viel mehr als das. Da ist zunächst einmal das imposante Gebäude mit der gesamten Wucht eines Pariser Prestigebahnhofs von 1900, das zwischen 1977 und 1986 sensibel zu einem Museum umgestaltet wurde. Natürlich haben es die Exponate in so einer Umgebung zunächst einmal schwer, sich zu behaupten. Aber dank ihrer hervorragenden Qualität entstand ein interessantes Spannungsfeld zwischen Gebäude und Exponaten. Und dabei handelt es sich um weitaus mehr als die genannten Impressonisten. Die Besonderheit des Museums besteht vielmehr darin, dass es die Kunstströmungen zwischen 1848 und 1914, deren Zentrum oft in Paris lag, ausstellt und so Entwicklungen aufzeigt, die zum Impressionismus führten bzw. im Umfeld lagen.

Während die Impressionisten meist gut bekannt sind, hat man hier die Möglichkeit, interessante Künstler zu entdecken, von denen man evtl schon gehört hat, deren Tätigkeit aber im Hintergrund des Interesses lag. So umfängt einen hier ein breites Feld von Romantikern und Klassizisten, Naturalisten und Realisten, Symbolisten und Impressionisten, Vertretern der Salonkunst, Expressionisten, von Einzelgängern und Anhängern verschiedener Schulen wie den Nabis, der Schule von Pont-Aven und der von Barbizon zu einer Zeit, in der auch das moderne Paris entstand. Diese Epoche in ihrer ganzen kreativen Breite und Tiefe darzustellen, darin liegt die hohe Qualität dieses Museums. Und dank der Bilder etwa von Fantin-Latour lernt man die Akteure, die Künstler, Literaten, Bohème der Zeit auch häufig ‚persönlich‘ kennen.

Bei den Impressionisten
Foto: Gerd Walther

Dabei ergänzen sich auf angenehme Weise Gemälde und Skulpturen, Fotografien, Grafiken, Bauwerke (etwa am Modell der zwischen 1858 und 1875 errichteten Pariser Oper) und der Innenraumgestaltung bis hin zu Wohn- und Schlafzimmereinrichtungen, Schreibtischen, Lampen, Kaffeetassen zwischen Empire und Jugendstil. Das Auge bleibt so nicht fest orientiert auf eine bestimmte Art von Kunst, kann wandern in einer Vielfalt von Kunstwerken und sich so immer wieder ‚regenerieren‘, die Konzentration schärfen. Der empfehlenswerte Audioguide auch auf deutsch kommt zwar anfangs etwas pathetisch daher, wird aber zunehmend eine wichtige Hilfe bei der Erschließung einzelnen Exponate bzw. von Raumeinheiten.

Natürlich wird man auch die Impressionisten und Künstler aus deren Umfeld sehen wollen, selbst wenn ein guter Bildband – zu Hause in Ruhe auf dem Sofa betrachtet – einen besseren Zugang verschafft. Aber die Cézannes, van Goghs, Renoirs, Monets, Manets, Toulouse-Lautrecs, Gauguins etc. etc. üben ihren Reiz aus, selbst wenn der bei vielen Besuchern darin zu bestehen scheint, ein Selfie z.B. mit Vincent als Hintergrunddeko zu schießen. Annäherungen an Kunst sind eben vielfältig und wandeln sich. Wem es hier zu voll ist, dem seien die Skulpturen von Auguste Rodin, Camille Claudel oder Aristide Maillol gleich um die Ecke empfohlen. Selbst im Musée d’Orsay gibt es Plätzchen zur relativ ungestörten Betrachtung von höchstwertiger Kunst.

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