Besuche am Sonntag, 29. 7 und 21.9. 2014, je ca. 2,5 Std. Das Museum war jeweils gut besucht, allerdings fanden noch weitere Veranstaltungen auch im Umfeld statt.
Die Frühgeschichte Erlangens bis zur Ansiedlung der Hugenotten im 17.Jahrhundert befindet sich etwas versteckt in drei großen Kellergewölben. Einmal bin ich daran vorbeigelaufen. Dieser Bereich der Dauerausstellung ist sehr übersichtlich, fast puristisch gestaltet, was der Beschäftigung mit dieser fernen Zeit gut tut. Die Exponate befinden sich in Vitrinen jeweils an den Längswänden der großen Gewölbe, nur ganz zurückhaltend werden die Räume durch Installationen aufgebrochen.
Hier merkt man, dass Erlangen als Universitätsstadt auf eine lange Beschäftigung mit der eigenen Ur- und Frühgeschichte zurückgreifen kann. Dies geschieht intensiv, aber unaufdringlich. Allerdings wäre mir mehrfach eine bessere Ausleuchtung der Vitrinen lieb gewesen, das Dunkel der Frühzeit muss man nicht ganz so wörtlich nehmen.
Die Geschichte der Neustadt beginnt auf der Eingangsebene mit eindrucksvollen Exponaten zu den Strumpfwirkern, einem Strumpfwirkerstuhl, der Handwerkslade oder auch einer Schusterkugel, um nur weniges zu nennen. Diese sind rel. offen ausgestellt, es schiebt sich im Museum nur dann eine Glaswand zwischen Besucher und Exponaten, wenn letztere sehr klein sind. Das ist angenehm, wird der Besucher doch nicht von vornherein als potentiell verdächtiges Subjekt behandelt. Das zeigt sich auch am Lego-Modell der Erlanger Neustadt. Nicht ‚Du darfst nicht‘ ist das Grundprinzip, sondern ‚Du kannst‘ – eventuell (ich hab’s nicht ausprobiert).
Eine Etage höher wird Erlangen im 19. und beginnenden 20.Jahrhundert thematisiert. Auch hier schöne Exponate offen ausgestellt, ergänzt durch Fotos und knappe, präzise Texte, denen man anmerkt, dass sie von jemand verfasst wurden, der oder die sich auskennt. Keine Schwafelei, kein Herumgeeier. Das schafft Vertrauen.
Noch eine Etage höher (eigentlich zwei, doch mitten drin befindet sich eine Etage für Sonderausstellungen, nicht separiert, sondern integriert), Erlangen zwischen dem 1. Weltkrieg und der Nachkriegszeit. Man merkt auch hier, dass die Stadt lange schon mit ihrer Geschichte bewusst umgeht. Ganz erstaunlich die Qualität der Exponate aus dem Alltagsleben, das sieht man selten. Das braucht Zeit zum Sammeln.
Und das alles ist geschickt inszeniert, nicht einfach in Vitrinen mit Schildchen ausgestellt, oft werden die Vitrinen Teil der Installation, etwa wenn sie im 50er Jahre Raum in alte Baugerüste integriert sind. Auf dieser Etage sind vermehrt Tondokumente zu hören, z.B. über einen Volksempfänger, und Videodokumente. Die Beklemmung in diesem Bereich würde steigen, würde man die Tondokumente etwas leiser stellen, so dass sie nicht den Raum dominieren.
Oder im Treppenhaus die Idee mit der Vergrößerung der Geldscheine seit den 1890er Jahren. Das ist so alltäglich, dass kaum jemand sich klar macht, was eigentlich auf diesen Scheinen (außer der Zahl) drauf ist und was das über die jeweilige Zeit sagt.
Das Stadtmuseum Erlangen ist eines der wenigen (Stadt-)Museen, das diesen Namen auch tatsächlich verdient. Eine schöne, abwechslungsreiche, genaue Ausstellung mit vielen tollen Exponaten, gut in Szene gesetzt. Warum allerdings das Fotografieren selbst ohne Blitz nicht erlaubt ist, konnte mir die Aufsicht nicht sagen.