Besuch am Samstag, 14.10.2017, ca. 5 Std. Das Deutsche Burgenmuseum auf der Heldburg in Thüringen etwa 20 km westlich von Coburg wurde im September 2016 nach ca 10-jähriger Planung und Restaurierung in der 1982 teilweise abgebrannten Burg eröffnet. Dies auch als Maßnahme zur Verbesserung der regionalen (touristischen) Infrastruktur. Im Trägerverein sitzen neben Gebietskörperschaften und Firmen auch die Deutsche Wartburggesellschaft, das Deutsche Historische Museum Berlin und das Germanische Nationalmuseum Nürnberg.
Die Heldburg repräsentiert verschiedene Epochen des Burgenbaus seit dem späten Mittelalter. Da ist zunächst der ‚Jungfernbau‘ aus dem 14.Jh. Der ‚Kommandantenbau‘ und der ‚Heidenbau‘ stammen aus der Zeit um 1500. Hinzu kommen der ‚Französische Bau‘, ein repräsentativer Renaissancebau aus den Jahren um 1560, ein paar Türme, eine Aussichtsplattform anstelle des 1838 abgerissenen Küchenbaus, eine Umgestaltung im Sinne der Burgenromantik des 19.Jhs und ein sehr schöner Ausblick. 1990 war alles marode, heruntergekommen, abgebrannt.
Daraus könnte man etwas machen. Aber erstaunlicher Weise laufen Burg und Museum – bis auf wenige (schriftliche) Ansätze – meist parallel. Dabei ließe sich die Aufteilung in Repräsentations- und Privatgemächer, in einen Männer- und Frauenbereich anhand alter Pläne gut nachvollziehen, so das man konkret das Auf und Ab in einem Burgenleben an der Heldburg selbst zeigen könnte: Zeiten des Aufbaus und Niedergangs, die Nutzung als Nebenresidenz und als Gefängnis, zeitgebundene Nutzlosigkeiten, der Verfall, die Verwendung als Kinderheim in der DDR, in der das ganze Umland als Grenzgebiet nur beschränkt zugänglich war.
Im ‚Heidenbau‘, ursprünglich ein großes Wirtschaftsgebäude mit Stall und Bohlenstube, wird mit Modellen die Entwicklung der Burgen im Laufe der Zeit sowie ihre Bedeutung im Herrschafts-, Gesellschafts- und Wirtschaftssystem früherer Jahrhunderte thematisiert. Dass in einem Teil des Gebäudes eine Burgkapelle eingebaut war, erfährt man eher nebenbei. Äußerlich macht der ‚Französische Bau‘ mit den beiden Eingängen zum Frauen- und zum Männerbereich einiges her. Während das Obergeschoss nach einem Exkurs zum Rittertum sich mit Saal, Kammer, Stube und einer Art Kinderzimmer(?!) dem Gebäude anzunähern versucht, werden im Erdgeschoss der Übergang zum Schloss, Wandlungen im Kriegswesen, in der Nutzung bis hin zum Burgenhistorismus und dem Mythos Burg bis in den Gegenwart gezeigt.
Das wäre in Ordnung, würden sich nicht (museumshandwerkliche) Ungeschicktheiten häufen. Ob sich an den Wänden Reste einer alten Bemalung befinden oder ob es sich um dunkle Reste von Schimmel oder Ruß handelt, bleibt fast immer unklar. Bei den Räumen zum Rittertum hat man durch Einbauten von fragwürdiger Relevanz und Qualität (etwa bei der Plastikmauer) den ursprünglichen Raumeindruck stark verändert. Auch die museumspädagogischen Ansätze sind oft erstaunlich unprofessionell, wie „von der Stange“. Das Ambraser Hofämter (Karten-)Spiel von ca 1450 reduziert man auf 5 Figuren, deren Beschriftungen man auf der Rückseite anbringt. Ähnlich „versteckt“ sind die aufklappbaren Erläuterungen zum Schloss Rheinfels. Der Beitrag zu den Burgen im Nationalsozialismus liegt schwer findbar hinter den Bauten zur Tafelrunde von König Artus. Beispiele zu Wohnräumen, Bohlenstuben, muss man sich aus kleinen Öffnungen von ca 5 cm bis auf Kniehöhe erbücken. Bei einer Reproduktion des Gemäldes ‚Kinderspiele‘ von Pieter Bruegel sind 6 Spiele vor der Tafel mit Kurzbeschreibungen an Schnüren befestigt. Doch die Besucher wollen schauen, welche der über 80 Spiele ihnen noch bekannt sind, und verheddern sich regelmäßig. Die unsäglichen Podeste, die jedes Möbelstück als Fremdkörper erscheinen lassen, seien nur gestreift. Das ist Museum, nicht Burg. Die 1895 entstandene neugotische ‚Freifrauenkemenate‘ hat mit einer Kemenate wenig zu tun, ist aber mit ihrer Einrichtung ein schönes Beispiel für den Burgenhistorismus im späten 19.Jh. Aber der Raum ist für Veranstaltungen bestuhlt und kann nicht betreten werden. Ein Audio-Guide, mit dem man vieles erläutern könnte, sollte zum Standard eines ‚Deutschen Burgenmuseums‘ ebenso gehören wie zweisprachige Beschriftungen. Richtig schlimm ist aber der Zustand vieler Innenräume des Renaissancebaus, selbst wenn das heute restauratorische Norm sein sollte. Aber ein Haus, erst recht eine Burg, erst recht ein ‚Deutsches Burgenmuseum‘ sollte auch Würde haben. Die hat man dem Gebäude versagt. Der Aus- und äußere Anblick sind schön.
Zum ‚Burgerlebnismuseum Cadolzburg‘ siehe unter Cadolzburg