Besuch am Donnerstag, 28.4.2016, ca 3 Stunden. Ich besuchte nur die umfangreiche Ausstellung im ‚Museum des Ersten Weltkriegs‘ im Gebäude ‚Reduit Tilly‘. Das Bayerische Armeemuseum wurde 1879 durch Kg Ludwig II. gegründet. Bis 1969 befand es sich in München, seitdem ist es in Ingolstadt im Neuen Schloss untergebracht. 1994 kam das 2014 überarbeitete ‚Museum des 1. Weltkriegs‘ im ‚Reduit Tilly‘ hinzu, 2011 das ‚Bayerische Polizeimuseum‘ im ‚Turm Triva‘ nebenan. Träger ist der Freistaat Bayern.
Schon die lange Existenz des Museums unter prominenter Trägerschaft lässt erwarten, dass kein Mangel an hervorragenden Exponaten zur Geschichte des 1. Weltkriegs besteht. Im Reduit Tilly, einer halbrunden, 1828 – 41 erbauten Festungsanlage, ist viel Platz für die 30 Abteilungen in 33 Raumeinheiten. Allerdings gibt das Gebäude durch seine strenge Raumabfolge für Besucher wie Ausstellungsmacher eine enge Struktur vor, die man durchlaufen muss – fast wie in manchen Möbelhäusern.
Die ersten 5 Raumeinheiten zeigen die Vorgeschichte des Krieges seit der Reichsgründung 1870/71. Sie sind räumlich getrennt von der Zeit zwischen Sarajewo und dem Kriegsende im Halbrund des Gebäudes. Mitunter ist die Ausstellung etwas textlastig. Aber man muss ja nicht alles lesen, was die Besucher bei viel Text irgendwann auch tun. Natürlich werden die verschiedenen Waffen gezeigt, Neuerungen in der Waffen- und Kriegstechnik erläutert, Uniformen und Orden vorgestellt, dazu viele Plakate und große Fotos, die man ergründen kann, Modelle, Schlachtenpläne. Das ist alles handwerklich gut gemacht, aber etwa so spannend präsentiert wie ein Geschichtsbuch für die Schule.
Das trifft auch für die Inszenierungen zu, die, auch wenn sie die Präsentation auflockern, doch eher spöde wirken, brettlhart. Ab der 9. Raumeinheit, also mit dem Ausbruch des Krieges, bestimmen zu den Holzfußböden auch Wandverkleidungen aus Holz den Charakter der Ausstellung, z.T. als Bretterwände (auch in Vitrinen), z.T. in einer Art Blockhausstil. Später kommen Wellblechelemente dazu. Das soll wohl ein Tribut an die Ausgestaltung von Schützengräben sein. Tatsächlich ist lt Prospekt „ein Raum einem Schützengraben nachgebildet.“ Doch da ist’s vor allem dunkel, ein Schützengraben bei Nacht. Die akkurate Gestaltung erinnert jedoch (ohne Waffen) eher an eine Blockhaus-Ausstellung in einem Baumarkt oder ein Ausstellungs-Ambiente zu einem Waldlehrpfad.
Vielleicht zeigt sich hier die Kehrseite der offiziösen Trägerschaft, mit der man zwar gute Exponate und wohl auch eine rel. gute Finanzausstattung erhält. Aber man wird sich wohl häufig gegen Einmischungsversuche von Personen erwehren müssen, die zwar wenig kompetent, aber einflussreich sind. Das verführt zum Weg des geringsten Widerstands. Positive Ansätze sind im Museum ja da, aber man führt sie nicht konsequent zu Ende.
Zwischen den Räumen 20 und 30, also 1915 – 1917, zieht sich die Ausstellung etwas, franst aus in Sekundäres, was wohl auch der strengen Raumordnung des Reduit Tilly geschuldet ist. Andererseits wird der politisch dominierte Teil des Kriegsendes im Armee-Museum doch sehr knapp behandelt, etwa wenn es heißt: „Die…neue Regierung … versuchte nun energisch, dem Primat der Politik Geltung zu verschaffen, und kaum vier Wochen später war Deutschland eine parlamentarische Monarchie.“ Wie das Kaninchen aus dem Zylinder. Auch zum Frieden von Brest-Litowsk 1918 hätte ich mir angesichts der Bedeutung, die der Kampf gegen das „Versailler Diktat“ für die Zeit nach dem Weltkrieg bekam, mehr gewünscht. Denn wie ein harter, vom Sieger diktierter Friede aussieht, haben die Mittelmächte ja ein Jahr vor Versaillles gegenüber Russland demonstriert.
Die sehenswerte Präsentation ist in ihrer sachlich-informativen Grundhaltung auch die Ausstellung eines Kriegsverlierers, was der Gestaltung gut tut. Im Londoner ‚Imperial War Museum‘ geht man ganz anders mit der Erinnerung an den 1.Weltkrieg um.
Weitere Ausstellungen zum 1. Weltkrieg:
London – Imperial War Museum (siehe London)
Venedig Dogenpalast – Die Guardia di Finanza im 1.Weltkrieg (siehe Ausstellungen Archiv)
Stadtmuseum Fürth – Fürth und der 1.Weltkrieg (siehe Ausstellungen Archiv)