Besuch am 8.3.2015, ca 1,5 Std. Das Museum war mittelmäßig besucht, eine (Rentner-) Gruppe sowie einige Kleingruppen. Trägerin des Deutschen FastnachtMuseums ist die Stiftung Kulturzentrum Fasching-Fastnacht-Karneval aus dem Fastnachtverband Franken und dem Bund Deutscher Karneval, dem Dachverband der deutschen Karnevals- und Fastnachtsvereine, dessen offizielles Museum es ist. Ganz einfach. Darin liegen Freud und Leid des Museums, auch seine erstaunliche Lage mitten in Mainfranken erklärt sich daraus, galt doch der Franke noch vor 20 Jahren nicht als Ausbund von Fröhlichkeit und Lustigkeit. Medienpräsenz hat hier eine (scheinbare?) Änderung herbeigeführt.
1963 hat der Verband einen Ort etwa in der Mitte (West-)Deutschlands gesucht und in Kitzingen gefunden. Zum 50.Jahrestag seines Bestehens bezog das Museum im November 2013 und 2014 neue Räume, alles ist also funkelnagelneu.
Die Räume sind schön und großzügig gestaltet, natürlich unter Verwendung moderner Ausstellungsdidaktik, diese aber nicht aufdringlich, die Exponate nicht verdrängend. Auch ein Audio-Guide gehört dazu. Die Räume sind großzügig gestaltet, so dass Gruppen gut geführt werden können, ohne dass ohne diese die Räume leer wirken. Für Gruppen ist das Museum wohl in erster Linie gedacht, Karnevalsvereinsgruppen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das Museum mit seiner eher sachlich gehaltenen Präsentation richtig auflebt. Eine Spiegelwand zum Proben von Tanzfiguren und anderes laden unaufdringlich zur Eigenaktivität der Besucher ein. Es ist gut, wenn Räume und Besucher in eine enge Kommunikation treten und sich gegenseitig hochschauckeln können.
Nun ist das mit Fasching, Fastnacht, Karneval so eine Sache, viele finden v.a. organisierte Fröhlichkeit nicht lustig. Da liegt die inhaltliche Begrenzung eines Verbandsmuseums. Natürlich wollen möglichst alle unterschiedlichen Strömungen irgendwie repräsentiert sein. Das Museum ist so in die Breite angelegt, nicht in die Tiefe. Aber keine Angst, natürlich gibt es im Rheinland und andernorts spezifische Karnevals-Fastnachts-Museen.
So werden die unterschiedlichsten Erscheinungsformen vorgestellt inkl Hexerei, Narren, vorfastenzeitliche Ausgelassenheit aus unterschiedlichsten Gründen von der Antike bis heute, im Inland wie im Ausland, in Venedig und Rom zur Goethezeit, mit der Commedia dell‘ Arte und Schembartlauf. Da muss man an der Oberfläche bleiben, auch wenn’s tiefer interessant wäre. Dass Venezianer nicht fast das ganze Jahr Masken trugen, weil sie so lustig waren, sondern weil ihr überkommenes politisches System repressiv war und die Maske es ermöglichte, vor den allgegenwärtigen Spitzeln unerkannt zu bleiben. Dass man im katholischen Köln nach der Einverleibung ins protestantische Preußen 1815 u.a. darauf zurückgriff, um ein Ventil gegen die neue ungeliebte Obrigkeit zu haben, nachdem Glaubensschranken eine Heiratspolitik zwischen alter Ober- und neuer Beamtenschicht fast unmöglich machten. Karneval war – auch von hier aus – nicht immer nur lustig.
So konzentriert man sich auf wesentliche Erscheinungsformen durchaus auch kritisch: auf Mummenschanz, Verkleidungen, Masken, Lärm und Ausgelassenheit, ‚verkehrten Welten‘ mitsamt ihren Orden, Organisationen und Obrigkeiten. Das ist gut gemacht, auch das Maskenspectacolo, das in seinen besten Sequenzen durchaus an Fellini erinnert.
Völlig daneben ging die Sonderausstellung zum Fasching im Unrechtsstaat DDR, vor dem man mit einer unbeschreiblichen Leseorgie eindringlichst warnt. Organisationssicht. Der gemeine DDR-Bürger fand die Stasi auch nicht lustig, aber er hat den Witz dagegen gesetzt: „Was ist Kommunismus – Wenn jeder von allem genug hat.“ Geht doch auch.
Übertrag aus Mail an Privatadresse:
Sehr geehrter Herr Walther,
vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihren Beitrag über unser Museum.
Ich ziehe eine positive Resonanz aus Ihren Impressionen.
Lassen Sie mich zwei kurze Anmerkungen machen:
Zur (scheinbar) fehlenden Tiefe:
Die Stationstexte dienen lediglich der Einführung in bestimmte Themenbereiche.
Wir hoffen, dass unser AudioGuide den Besuchern tiefere Eindrücke vermitteln kann.
Am besten kann dies sicher eine Führung durch unsere geschulten Museumsführer (buchbar
oder mittels offener Führung jeden ersten Sonntag im Monat).
Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, Themenführungen zu buchen.
Hans Driesel und ich selbst geben gerne detailliertere Einblicke in die facettenreiche
Geschichte von Fasching, Fastnacht, Karneval.
Zur Sonderausstellung DDR: Ihnen ist sicher der „Bruch“ zwischen neuer Dauerausstellung
und Sonderausstellung aufgefallen.
Die DDR-Ausstellung wurde bereits vor mehreren Jahren konzipiert, war im Stadtmuseum in
Kitzingen zu sehen, ging dann auf Wanderung als Wechselausstellung quer durch die Bundesrepublik.
Zum Abschluss hat der Stiftungsvorstand entschieden, sie zum 25-jährigen Mauerfall-Jubiläum
noch einmal für kurze Zeit zu zeigen.
Sie entspricht sicher nicht mehr heutigen Standards der Ausstellungsgestaltung.
Interessant ist aber vielleicht gerade der Gegensatz der Präsentationsweisen.
Beste Grüße aus Kitzingen,
(Name bekannt – GW)
Museumsleitung
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