NS-Dokumentationszentrum Köln

Besuch am Sonntag, 10.4.2022 ca 3,5 Std. Das Dokumentationszentrum befindet sich im EL-DE-Haus, in dem von 1935 bis 1945 die Gestapo-Zentrale von Köln untergebracht war. Seit 1988 ist hier das mehrfach erweiterte und umgebaute NS-Dokumentationszentrum untergebracht. Trägerin des Dokuzentrums ist die Stadt Köln.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Der Name des Gebäudes kommt von den Initialen des ursprünglichen Besitzers, Leopold Dahmen LD, gesprochen EL-DE, der dort Geschäftsräume und Wohnungen einrichten wollte. Noch während der Bauphase übernahm 1934 die Geheime Staatspolizei (Gestapo) das Gebäude als Zentrale. Sein jetziges Aussehen entstand allerdings erst nach 1945 durch eine Verlängerung der bestehenden Achsen. Im 1.Obergeschoss des Dokuzentrums befindet sich eine Ausstellung über die Zeit vor der Machtergreifung 1933 und die Struktur des NS-Staats. Ein Blick auf den NS-Machtapparat mit den Maßnahmen zur Gleichschaltung der Bevölkerung schließt sich an. Im 2.Obergeschoss wird der Umgang mit bzw die Verfolgung von verfemten Bevölkerungsgruppen thematisiert, Oppositionellen gegen das neue Regime, nicht Angepassten, nicht Erwünschten meist aus rassistischen Gründen, und von Behinderten, die vermeintlich einer erfolgreichen Kriegsführung als ‚unnütze Esser‘ im Wege standen. Hinzu kommen das Leben in Köln zwischen Anpassung und Widerstand mitsamt Karneval sowie die Stadt im Krieg mit dem Kriegsende. Im Keller lagen die jetzt zugänglichen 5-6 qm großen, meist völlig überbelegten Zellen, in denen die Gefangenen misshandelt und gefoltert wurden. Von dort aus gelangt man in den dicht von Gebäuden umgebenen, jetzt einfach, aber eindrucksvoll gestalteten Hof mit der ehemaligen Hinrichtungsstätte. Etwa 400 Menschen wurden hier zwischen Oktober 1944 und dem 2.März 1945 erhängt. Als am 6. März die Amerikaner in Köln einmarschierten, lagen noch Leichen im Hof.

Man hat die abgenutzt aussehenden Räumlichkeiten in dem Bürogebäude mitten in der Stadt nicht aufgehübscht. Trist wie das Gezeigte sind die Räume und Gänge. Die Nutzung des Audioguides ist zu empfehlen, bringt er doch ohne zu Schwafeln vieles auf den Punkt. Das gilt auch für die gesamte Dokumentation mit ihrer eindringlichen und differenzierten Darstellung, die oft einzelne Schicksale beleuchtet. Knappe, fundierte Texte umreissen die jeweiligen Themen, hinzu kommen viele Fotos, Auszüge aus zeitgenössischen Zeitungen, historische Dokumente, Ton- und Filmausschnitte sowie diverse andere Exponate. Interessante Details zeigen sich auch bei den Stationen im 2.Obergeschoss.

Blick in den Zellentrakt im Keller
Foto: Gerd Walther

Blick in den Zellentrakt im Keller
Foto: Gerd Walther

So wird die lokale Widerstandgruppe von Jugendlichen, die ‚Edelweißpiraten‘, gewürdigt. Bei der Volksabstimmung am 20.8.1934 zur Zusammenlegung der Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers in der Person Hitlers vermeldete die offizielle Propaganda (enttäuschende) 90% Zustimmung. Die versehentlich unkontrolliert ausgelieferte ‚Mühlheimer Zeitung‘ zeigte dagegen (vor Zerstörung der Restauflage) detailliert eine Ablehnung von 25–42 % in den Stimmkreisen Mühlheims. Voller Häme berichtet der ‚Westdeutsche Beobachter‘ über eine Razzia in einem sog. ‚Zigeunerlager‘. Wenig Beachtung und Anerkennung fand bis in jüngster Zeit die Verfolgung von Prostituierten, „asozialen Elementen“ und „Arbeitsscheuen“. Dabei waren unter den Letzgenannten nicht selten Oppositionelle, die eine völlig demütigende Arbeit abgelehnt hatten. Dokumentiert wird auch der Umgang mit bzw die Ermordung von Behinderten. Natürlich gab es auch Widerstand, nicht nur seitens der Arbeiterbewegung oder explizit katholisch geprägter bürgerlicher Gruppen. Kaum Widerstand gegen die neuen Herren wurde dagegen von den Offiziellen des Kölner Karnevals geleistet. Man passte sich schnell an, sofern das überhaupt nötig war. Das schloss ein würdiges Verhalten Einzelner, etwa dem populären Karl Küppers, nicht aus. Er bekam halt keine Auftritte mehr – ebenso wie nach 1945, als er sein Programm nicht durch Radio und Fernsehen weichspülen ließ.

Der Besuch des NS-Dokumentationszentrums ist sehr zu empfehlen, gewährt es doch sowohl einen guten Überblick über die Zeit des Nationalsozialismus in Köln als auch viele tiefe und differenzierte Einblicke in das Verhalten von Menschen in schlimmer Zeit.

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