Deutsches Korbmuseum

Besuch am Samstag, 21.8.2021, knappe 2 Std. Das ‚Deutsche Korbmuseum‘ in Michelau am Main befand sich nach Vorläufern in den 1920er Jahren ab 1936 zunächst im Rathaus. 1967 erfolgte der Umzug in das jetzige Gebäude, in dem es noch sukzessive erweitert wurde. Träger ist der Verein ‚Deutsches Korbmuseum Michelau e.V.‘, dessen Vorsitzender der 1.Bürgermeister von Michelau ist.

Raumensemble einer Korbmacherwohnung;
Foto: Gerd Walther

Untergebracht ist das Museum im Wohn- und Geschäftshaus der Korbhandelsfirma Gagel. 1815 gegründet, mehrfach erweitert, 1906 an Stölzel verkauft, schloss die Firma wohl in den frühen 1950er Jahren. Sie umreißt damit Aufstieg, Blüte und den allmählichen Niedergang der Korbmacherei (nicht nur) in Oberfranken, wo es aber immer noch Nachfolgefirmen gibt. Das Museum befindet sich somit am authentischen Ort. Wenn es heißt, um 1850 hätten etwa 300 Korbmacher das Handelshaus beliefert, so erkennt man daran nicht nur die Größe der Firma, sondern auch die soziale Abstufung in (meist reiche) Händler und (fast immer arme) Korbmacher durch das Verlagswesens. Die formal selbständigen Korbmacher liefern die Endprodukte an ‚ihren‘ Händler und bekommen von ihm nicht nur die Rohmaterialien, sondern häufig sogar einen Großteil der Entlohnung in Lebensmitteln.

Das Museum ist größer als es zunächst scheint. 26 Räume mit ca 2000 Exponaten reichen von einer allgemeinen Einführung mit einem Rückblick weit in die Geschichte über Flechtzentren in Deutschland hin zu Franken und von da in Michelau bis in die Stuben einzelner Korbmacher sowie die Lager der Handelshäuser. Davon gab es in Michelau und v.a. im benachbarten Lichtenfels eine größere Anzahl. Nicht zuletzt dem frühen Anschluss an die Ludwig-Süd-Nord-Bahn 1846 ist der Aufschwung in der Umgebung zu verdanken. Dabei hatte Lichtenfels als Eisenbahnknotenpunkt bei den Handelshäusern die Nase vorn. Denn Korbwaren waren ein Exportprodukt mit Abnahme der hiesigen Waren bis nach Amerika und in die britischen Kronkolonien. Danach weitet sich im Gang durch das Museum der Blick auf Flechtarbeiten in anderen Kontinenten, um letztlich in die Vielfalt der Produkte in Oberfranken vom Kinderwagen bis zum Puppenhaus-Accessoire, vom Designerstuhl bis zum Damenkorsett zu münden. Den Abschluss bildet ein Blick auf aktuelle Arbeiten von Absolventen der Korbmacherschule in Lichtenfels. Ein kleiner, sehr intensiver und interessanter Exkurs in die Geschichte des Hutes mit 40-50 Exponaten beschließt den Gang durch die Ausstellung.

Es ist gelungen, in dem etwas verschachtelten Firmengebäude, das über Jahrzehnte je nach Bedarf gewachsen ist, eine schöne, klare Museumsstruktur aufzubauen. Gute Exponate aus der ganzen Vielfalt der Korbherstellung werden ergänzt durch aussagekräftige Fotos und Dokumente bis hin zu Musterbüchern von Firmen aus unterschiedlichen Zeiten, dazu vertieft durch nicht allzu lange, fundierte Texte. Man merkt, hier waren Fachleute am Werk, die auch wussten, wie man Informationen an die Besucher*innen bringt. Insbesondere schieben sich keine modernen Museumsmedien zwischen Betrachter und Exponate und verdrängen diese tendenziell. So kann man sich die Zeit im Umgang mit den Exponaten und ihren Mustern und Verzierungen selbst gestalten. (Hinzu kommen regelmäßig Vorführungen.)

Abfotografiert: Gerd Walther

Es war kein leichtes Leben, das die Korbmacher*innen im Verlagssystem in fast völliger Abhängigkeit vom Händler hatten. Das Museum beleuchtet auch diese Seite des Korbflechtens sehr eindringlich und genau, beschränkt sich nicht auf die Ausstellung von schönen Produkten. Ursprünglich war es v.a. die Winterarbeit der Kleinbauern, Flößer und Fischer. Sie wird erst im 19.Jh. zum Haupterwerb des gesamten Umlandes mit Michelau als Produktions- und dem nahen Lichtenfels als Handelszentrum. Krisen und Kriege andernorts brachten für diese Exportindustrie immer Probleme, da vermochte auch die Herstellung von Transporthüllen für Granaten im 1.Weltkrieg nicht darüber hinwegzutäuschen. Das Deutsche Korbmuseum in Michelau ist mit sehr viel Sachverstand abwechslungsreich, umfangreich, spannend und angenehm unaufgeregt gemacht. Das geht nämlich auch. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen

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