Kaiserburg

Besuch am Mittwoch, 26.8.2015, ca. 2,5 Stunden. Die Kaiserburg beherbergt zwei Museen. Seit 2013 zeigt die ‚Bayerische Schlösserverwaltung‘ im Palas die Ausstellung ‚Kaiser-Reich-Stadt. Die Kaiserburg Nürnberg‘. Seit 1999 präsentiert das Germanische Nationalmuseum in der anschließenden Kemenate v.a. Waffen aus der Geschichte der Nürnberger Burg. Natürlich ist die Burg selbst der Hauptanziehungspunkt. Genau genommen sind es zwei: Kaiserburg, Burggrafenburg, dazu Bauten der alten Reichsstadt. Geöffnet als Museum ist die Kaiserburg mit ihrer Trennung in Palas und Kemenate.

Der Palas lässt sich eher als der öffentliche Teil, als Repräsentationsbereich, beschreiben. Schön, dass man den unteren Saal und die Doppelkapelle weitgehend unverstellt belassen hat. Die Ausstellung schließt sich in der oberen Etage an.

Die Ausstellung im Kaisersaal der Burg Foto: Gerd Walther

Die Ausstellung im Kaisersaal der Burg
Foto: Gerd Walther

Nun ist es kein einfaches Unterfangen, die ebenso komplexe wie komplizierte deutsche Geschichte verständlich und trotzdem differenziert darzustellen. Hier ist es fast in einem einzigen Saal mit dem klugen Einsatz moderner Ausstellungsdidaktik gelungen: die Herrschaftsausübung im Mittelalter, das Verhältnis von Kirche und Staat, die Frage, wie ein Staat ohne Hauptstadt funktionierte. Es werden fundierte knappe Antworten auf sehr umfängliche Fragestellungen gegeben. Ergänzt wird das durch die Präsentation der Insignien kaiserlicher Macht. Dass es sich fast durchwegs um Replika handelt, stört nicht. Wer könnte denn auch das Original von der Nachbildung unterscheiden? (Die Nachbildungen der Reichskleinodien befinden sich seit 25.11.2016 im Stadtmuseum Fembohaus – GW, 25.12.16)

Gut gemacht ist auch die Darstellung der unterschiedlichen Ausgestaltung der Räume im Laufe der Jahrhunderte, wodurch das unterschiedliche Staatsverständnis im Mittelalter, Königreich Bayern, ‚Dritten Reich‘ und der Zeit danach sichtbar wird. Aussagekräftige Bilder und Texte sind auf einem Raumteiler angebracht, wo noch nach 1945 Wände eingerissen wurden. Da wird mit wenigen, geschickt gesetzten Akzenten viel erreicht.

Natürlich hat es da das Germanische Nationalmuseum in der sich anschließenden Kemenate schwer, zumal die Ausstellung mit vielen blankpolierten Waffen und schönen Exponaten aus der Burg-Sternwarte schon seit 1999 zu sehen ist. Im Unterschied zum Palas war die beheizbare Kemenate mehr dem Alltagsleben zugewandt. Nicht zufällig wird sie häufig auf den Bereich reduziert, in dem die Frauen wohnten. Diese räumliche Vorgabe hätte man auch nutzen können. Es wäre doch spannend, welche Rolle die Frau, die Herrin, bei der Domestizierung und Kultivierung dieser Schlagetots gespielt hat. Man denke etwa an die Minnelyrik. Kriegerische Fähigkeiten waren bei der Auspressung fremder Bauern durchaus erwünscht. Sie konnten – mit mehreren bewaffneten, gelangweilten Rabauken unter dem Dach – für den eigenen häuslichen Frieden jedoch durchaus unangenehm sein.

Modell der Burggrafenburg (rechts) um 1300. Mittig die Burgfreiung, links die Vorburg der Kaiserburg mit dem Sinwellturm. Die Burggrafenburg wurde 1420 bis auf die Kapelle und den Fünfeckturm zerstört. Foto: Gerd Walther

Modell der Burggrafenburg (rechts) um 1300. Mittig die Burgfreiung, links die Vorburg der Kaiserburg mit dem Sinwellturm. Die Burggrafenburg wurde 1420 bis auf die Kapelle und den Fünfeckturm zerstört.
Foto: Gerd Walther

Natürlich hat das Germanische sehr sehenswerte Exponate, etwa die Revolverwallbüchse aus dem 17. Jh. Aber eine Burg war doch mehr als eine Waffenkammer. Und die Veränderung der Kriegsführung und damit der Rolle von Ritter und Burg waren doch sowohl waffentechnisch als auch gesellschaftlich begründet. Das Ritterheer wird seit dem Spätmittelalter von Landskechtshaufen mit langen Spießen abgelöst. Bilder dazu hängen in der Ausstellung. Aber die waren selbst für wenig zielgenaue Schusswaffen leicht zu treffen. Also setzte sich im Absolutismus die sog. Linie durch. Je 2-3 Reihen Soldaten marschierten aufeinander zu, schnelles Laden und Schießen wurden gedrillt. Die Linie hinderte zudem die meist unfreiwilligen Soldaten am Desertieren, war aber nach der Französischen Revolution den beweglicheren (Freiwilligen-)Einheiten unterlegen. Natürlich war da Nürnberg längst nur noch Zuschauer. Aber vielleicht ließe sich so die Ausstellung auch gesellschaftlich stärker strukturieren als v.a. durch die gefällige Anordnung alter Waffen.

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