Nürnberg – Museum 22/20/18 Kühnertsgasse, Handwerkermuseum
Besuch am Sonntag, 2.3.2014 und am Sonntag, 23.11.2014, je ca 1,5 Std. Träger und Betreiber des Handwerkermuseums in Nürnberg, Kühnertsgasse 18 – 22 sind die Altstadtfreunde Nürnberg. Es waren je noch 5 – 10 Besucher im Museum
Es handelt sich um drei nebeneinander liegende Handwerkerhäuser von 1377 und 1434, in denen Nürnbergs einfache Handwerkerkultur gezeigt werden soll, kein Luxushandwerk, sondern ‚kleine Leute‘. Aber diese ‚kleinen Leute‘ fehlen. Häuser zu restaurieren ist sicher ein schwieriges Unterfangen, aber daraus dann ein Museum zu machen, hat man unterlassen. Das ist wie ein Läufer, der 10 m vor dem Ziel stehen bleibt.
Die drei nebeneinander liegenden einfachen Häuser sind durch Durchbrüche verbunden, Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut bzw. erweitert. Auch die Handwerke haben gewechselt, u.a. Rotschmiede, Nagler arbeiteten hier. Im Erdgeschoss des mittleren Hauses ist eine Schmiede eingebaut. Man geht durch die kleinen engen Räume, Treppenhäuser, Gänge von Haus zu Haus. Die Inneneinrichtung ist karg, mal ein Bett, mal ein Tisch mit Stühlen, mehr hineingestellt. In mehreren Häusern Öfen, dazu die offenen Herdstellen.
Die sicher mit vielen Familienmitgliedern, Gesinde stark bewohnten Räume sind bis auf genannte karge, mehr andeutende Bemöbelung leer. Das wird durch viele herumstehende leere Vitrinen (für Sonderausstellungen) und anderes modernes Mobiliar (z.B. Stehtische) noch hervorgehoben.
Durch Handwerkersutensilien für Präsentationen zwischen den Sonderausstellungen ließe sich der öde Eindruck leer herumstehender Vitrinen vermeiden. Auch ein Lagerraum wäre gut, damit der Besucher nicht den Eindruck erhält, er komme gerade zur Unzeit.
Die Beschriftung ist rel. karg und bezieht sich v.a. auf die Hausgeschichte, weniger auf die Handwerksgeschichte. Das ist das Grundproblem, man erschöpft sich in Hausbau- und Restaurierungsfragen, die Handwerker und Bewohner bleiben außen vor.
Bis auf die postkartengroße Abbildung von Barthel Behams ‚Spinnstube‘ von 1524 mit einer Darstellung des vermeintlich sittenlosen Lebens der ‚einfachen Leute‘ hat man versäumt, das Museum mit Leben zu erfüllen. Das war doch Nürnberg zur Zeit dieser Häuser. Es gäbe genug auch bildliche Unterlagen, die das Zusammenleben der Menschen, die Überfüllung der Häuser und die daraus entstehenden Probleme im Zusammenleben sowie mit Obrigkeit und Kirche veranschaulichen.
Zudem haben Jost Amann und Hans Sachs im 1568 in Nürnberg erschienenen Ständebuch sehr viele Handwerksberufe mit Bild und Text beschrieben. Diese Darstellungen ließen sich auf die Räume /Häuser verteilen und durch Erläuterungen der jeweiligen Tätigkeiten vertiefen. Stattdessen lief beim 1.Besuch in einem Raum eine Video-Dokumentation mit vielen Darstellungen daraus. Warum zwingt man dem Besucher die Zeitökonomie eines Films auf, statt ihm selbst an Bildern seine Zeit zu lassen? (Siehe hierzu die Anmerkung am Schluss.)
Beim 2. Besuch war die Sonderausstellung über die schönen Zinnfiguren der Offizin Heinrichsen in vier kleinen Räumen in einem der Häuser zusammengepfercht, statt sie großzügig zu verteilen. Das sind viele verschenkte Gelegenheiten. So ist kein im Grunde leicht zu realisierendes Handwerkermuseum entstanden, sondern ein Museum spätmittelalterlichen Bauens und zeitgemäßer Restaurierung. Der Flyer ist gut.
Anmerkung:
Bei einem Besuch (der Sonderausstellung ‚Badehaus, Badestube, Volksbad‘) am 1.5.2019 konnte ich feststellen, dass inzwischen Darstellungen der im Laufe der Zeit in den Häusern befindlichen Handwerke mit alten Abbildungen und Texten ins Museum an den Anfang des Rundgangs gegeben wurden. Zur Sonderausstellung gibt’s einen eigenen Bericht.