Musée Rodin Paris

Besuch am Donnerstag, 14.11.2019, ca 2,5 Std. Das ‚Musée Rodin‘ ist in einem Stadtpalais mitsamt Park, dem ‚Hotel Biron‘, in der Nähe des Invalidendoms untergebracht, erreichbar mit der Metro Linie 13, Station Varenne. Träger des ‚musée national‘ ist das Kultusministerium. Den Audio-Guide habe ich nicht benutzt, die meisten Exponate sind auch auf englisch kurz erläutert.

Denkmal der Bürger von Calais, Bronze, 1889, Auguste Rodin,  Guss A. Rudier, 1924

Auguste Rodin (1840 – 1917) selbst hat 1916 durch die Schenkung seiner Werke an den französischen Staat den wesentlichen Grundstock zu diesem Museum gelegt. Er gilt als ein maßgeblicher Bildhauer der Zeit um 1900 und Wegbereiter der modernen Skulptur. Im ‚Hotel Biron‘ lebte Rodin auf Empfehlung seines damaligen Sekretärs Rainer Maria Rilke seit 1909 zunächst im Erdgeschoss zusammen mit anderen Künstlern wie Henri Matisse und Jean Cocteau, ab 1911 bis zu seinem Tod ‚alleine‘. Daneben besaß er seit 1894 im nahe Paris gelegenen Ort Meudon ein weiteres Domizil. Auch dort befindet sich heute ein Rodin-Museum.

Das Museum unterteilt sich in den schönen Park mit letzten Bronze-Abgüssen seiner großen (und zumeist berühmten) Skulpturen und in die Innenräume des Palais auf zwei Etagen. Im Eingangsgebäude, einer früheren Kapelle, deren Obergeschoss entfernt wurde, liegen neben der Kasse, dem Shop und dem Café auch Räume für Sonderausstellungen. Im Außenbereich mit unterschiedlichen Formen der Landschaftsgestaltung kann man sich in aller Ruhe die ‚Endprodukte‘ des Rodin’schen Schaffens in entspannter Atmosphäre und zumeist von allen Seiten betrachten. Auch diese ‚Allansichtigkeit‘ war eine Neuerung Rodins im Unterschied zur bis dahin üblichen Frontalansicht von Denkmälern. Zudem hat er – auch hier gegen heftige Widerstände – die meisten Skulpturen vom Sockel geholt, auf niedrige Podeste gestellt und damit nach der Meinung vieler Kunsthistoriker demokratisiert. Allein die intensive Betrachtung dieser etwa 30 Skulpturen in aller Ruhe mit viel Platz, darunter ‚Der Denker‘, ‚Die Bürger von Calais‘, ‚Das Höllentor‘ und Monumente der Dichter Balzac und Victor Hugo, sind den Besuch des Museums wert. Deshalb sollte man sich am besten einen regenfreien Tag aussuchen.

Das ‚Hotel Biron‘ ist ein typisches Stadtschloss des Adels aus dem 18.Jh. mit repräsentativem Treppenhaus, offiziellen Räumen im Erdgeschoss, privateren im Obergeschoss sowie Zugängen und Treppenhäuser für die Diener. Das Erdgeschoss ist eher chronologisch strukturiert, beginnend mit ‚Der Mann mit der gebrochenen Nase‘ (1864). Auch diese naturnahe Darstellung eines ‚einfachen‘ Menschen war anfangs aus beiden Gründen heftig kritisiert. Dann die beiden gut zusammengestellten Figuren des erwachenden Jünglings im ‚Ehernen Zeitalter‘ (1876) und des seiner Kraft bewussten ‚Johannes der Täufer‘ (1878 – 80). Figuren, die aus dem ‚Höllentor‘ (1880 – 1917) herausgenommen wurden, ‚Der Denker‘ (1880) und ‚Der Kuss‘ (1886), schießen sich an. Zur Skulptur der ‚Bürger von Calais‘ (1885 – 89) werden – wie bei anderen Arbeiten – Entwicklungsstufen und Varianten in verschiedenen Größen und Materialien, in Ton, Gips, Marmor, Bronze und diversen Zwischenstufen vorgestellt, die die ganze Breite der Arbeiten Rodins zeigen. Aber auch, dass bestimmte Grundmodelle immer wieder variiert in andere Zusammenhänge gestellt wurden. Im Raum ‚Rodin im Hotel Biron‘ am Ende dieser Etage hätten einige große Fotos mehr Einblick gebracht. Auch Hinweise, dass Rodins Werkstatt mit bis zu 50 meist hochqualifizierten Beschäftigten sehr groß war und sich der Meister meist auf die Fertigung der zugrunde liegenden Modelle aus Ton konzentrierte, wären hier interessant.

L’Adieu, Auguste Rodin, um 1905, Gipsbüste, Detail

Die obere Etage greift einzelne Schwerpunkte im Schaffen Rodins heraus: sein künstlerisches und persönliches Umfeld, seine Werkstatt, die Zusammenarbeit mit Camille Claudel, die Arbeit mit unterschiedlichen Materialien. Dazu die entstehende Vorliebe für ‚Non-finito‘ Werke wie ‚Die letzte Vision‘ (um 1903), ‚Adam und Eva‘ (vor 1905), eher angedeutete Figuren im scheinbar meist roh belassenen Marmor, oder die sich zur ‚Kathedrale‘ (1908) faltenden Hände. Bewegungsstudien zu Tanzenden mündeten in die ob ihrer offenen Nacktheit und dem Titel als skandalös empfundene Frauenskulptur ‚Iris, die Götterbotin‘ (1890/91). Exponate aus Antike und Renaissance des leidenschaftlichen Sammlers Auguste Rodin schließen dieses hochinteressante, gut gemachte und kurzweilige Museum ab. Eigentlich sollte man jetzt nach einem Espresso noch einmal in den Park gehen.

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