Musée Carnavalet Stadtmuseum Paris

Besuch am 23.7.2014, ca. 12 bis 15 Uhr. Der Besuch der Dauerausstellung ist wie in den anderen Pariser Städtischen Museen frei. Das Museum war gut besucht.

Das Museum umfasst ca 150 Räume, davon waren ca. 30 wg Umbaus geschlossen. Pro Raum kann man durchschnittlich mit 30-50 Exponaten rechnen, macht etwa 5000 Exponate. Diese sind oft sehr hochwertig, einiges auch Mittelmaß, aber muss man jedes Portrait ausstellen? Das Museum Carnavalet ist ein Beispiel dafür, dass trotz vieler hervorragender bis sehr guter Exponate nicht unbedingt ein Museum entstehen muss.

Schöner Innenhof beim Eingang Foto: Gerd Walther

Schöner Innenhof beim Eingang
Foto: Gerd Walther

Zur erläuternden Beschriftung ist meist irgendwo im Raum ein A3 großes Blatt mit Fotos der ausgestellten Exponate im Briefmarkenformat sowie einer Kürzestbeschreibung angebracht. Es fehlt eigentlich nur der Preis und fertig wäre die Antiquitätenmesse. Die Exponate sind selbst da auf’s Einzelstück reduziert, wo es sich um Raumensembles handelt. Ihre Dimension ist alt und wertvoll, nicht historisch veranschaulichend.

Da steht in einem Rokokozimmer ein rel. modern aussehender Sessel mit Buchhalterung und wohl Schreibplatte, man kennt’s abgespeckt als Stuhl im Musikunterricht. Beim Nachschauen erfährt man, es war der Stuhl, in dem Voltaire starb. Und jetzt? Ehrfurcht? Hat er’s zumindest bequem gehabt? Aus.

Da hat man das Boudoir, also wohl Schminkzimmer von Ludwig XVI., aber warum das kleine Zimmer neben dem Hauptzugang noch 4 kleine Seitentürchen besitzt, wird nicht erklärt. Kennzeichen des Antichambrierens einer völlig intriganten höfischen Gesellschaft. Die Herrscher und Mächtigen wissen, wer was will oder bringt, nicht aber die einzelnen Bittsteller oder Informanten, die auf getrennten Wegen kommen, ohne sich zu begegnen.

Da hat man von der Bastille neben einigen Modellen und Gemälden drei Schlüssel, schön aufgereiht. Aber warum es in dieser Stadt immer wieder Revolutionen gegeben hat, die die Welt veränderten, 1789, 1830, 1848, 1871 die Pariser Commune, bleibt völlig unklar. Die Exponate geben in der Art ihrer Präsentation keinen Einblick in die jeweiligen Epochen, es ist wie gesagt, das Niveau einer Antiquitätenmesse ohne Preisschildchen.

Was sagt uns das Mobiliar von Marcel Proust: Bett, Sessel, Schreibtisch, Lampen, Chaiselongue sowie ein Gemäldeportrait, lieblos einen Lebensraum simulierend, über den Dichter von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ und seine Bedeutung in seiner Zeit?

Man muss sich Details aus den vielen Gemälden herausholen, etwa die Wäscherinnen auf den Waschbooten oder ein Studentenbistro der 1970er Jahre, um historische Gegebenheiten aufblitzen zu lassen. Aber je weiter man sich vom Eingang entfernt, desto liebloser ist die Gestaltung, desto mehr Lampen brennen nicht (in einem Raum von ca 20 noch eine), desto dicker ist die Staubschicht auf den Exponaten und Glasplatten. Ich bin hier wirklich nicht zimperlich, aber ab und zu sollte man schon mal mit dem Staublappen drüber. Fast eine Erlösung: im letzten Raum schläft sogar die Aufsicht. Es war auch heiß.

Da hat man was geleistet, war (und ist ) auch berühmt und dann so eine Art Rümpelkammer. Foto: Gerd Walther

Da hat man was geleistet, war (und ist ) auch berühmt und dann so eine Art Rümpelkammer.
Foto: Gerd Walther

Neuere Formen der Museumsdidaktik fehlen, man hat’s noch nicht mal bis zur Fotografie geschafft, dabei hätte Paris auch in der Frühzeit der Fotografie viel zu bieten. Kein Foto.

Man hätte aus den beiden Stadtpalästen des Museums wirklich was machen können, ein schöner Barockgarten am Eingang des alten Adelspalastes Carnavalet gäbe die Richtung an. Aber ein Museum ist das Stadtmuseum von Paris nicht.

GW 31.7.2014 Besuch 1x (und schon mal vor ca 20 Jahren)

Das Museum Carnavalet ist bis Ende 2019 wegen Renovierung geschlossen (20.8.2017-GW).

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