Besuch am Sonntag, 18.2.20, fast 2,5 Std. Das Burg-Museum Parsberg wurde mit seiner orts- und regionalgeschichtlichen Ausstellung zwischen 1981 und 2013 eingerichtet. Es befindet sich in der schönen frühneuzeitlichen Unteren Burg, daneben die Obere Burg, die nicht zugänglich war. Ganz oben auf dem Berg liegt die 1205 erstmals urkundlich erwähnte Alte Burg, eine Ruine mit Aussichtsplattform. Trägerin ist die Stadt Parsberg.
Das Museum unterteilt sich in drei Bereiche mit ca. 1200 qm Fläche. Da sind zunächst wohl neu gestaltete Räume im Erdgeschoss zum Thema „Parsberg vor 150 Mio. Jahren bis heute“. Auf die Erd- und Frühgeschichte der Region folgen Flora und Fauna bis in die Gegenwart, wobei eine interaktive Präsentation zu den Vögeln mitsamt jeweiligem Gezwitscher recht schön gemacht ist. Ein knapper Einblick in das Adelsgeschlecht der Parsberger wird gegeben, danach eine ebensolche Hinführung Parsbergs an das 19. Jh. Ein beleuchteter Zeitstrahl ist leider recht hell, so dass man die Angaben daneben schwer lesen kann. Man spürt hier deutliche Versuche, moderne museumsdidaktische Ansätze ins Museum einfließen zu lassen.
Der Kern des Museums liegt aber in den beiden Obergeschossen. Zunächst folgt eine volkskundliche Ausstellung zu ‚Bäuerliches und bürgerliches Wohnen‘, ‚Religion‘, ‚Textil‘ und ‚Handwerk‘. Ich habe selten ein Museum besucht mit einer so detailgenauen und intensiven Darstellung von Leben und Arbeiten in einer Ackerbürgerstadt wie in Parsberg. Das geht bis in kleine Details (die oft spannend sind), wo andere Museen aus gestalterischen Gründen und auch mangels vorhandener Kenntnisse passen. Wer sich also zu den genannten Themen des Alltagslebens genauestens informieren möchte, ist in Parsberg gut aufgehoben. Nun werden aber die vielen Exponate obendrein von detailreichen Beschreibungen über Sinn, Zweck, Entstehung und Handhabung begleitet. Ich habe über die Materialfülle hinaus bisher auch kein Museum mit solch ausufernder Textlichkeit besucht. Nicht missverstehen: da wird nicht geschwafelt, da waren Fachleute und Zeitzeugen zu den jeweiligen Themen am Werk. Beides ist einerseits wegen der immensen (Detail-)Kenntnisse hoch zu loben und andererseits wegen des Fehlens einer sinnvollen, für den Besucher handhabbaren Museumsstruktur eher problematisch.
Diese große Detailversessenheit bei Exponaten wie Texten setzt sich im 2. Obergeschoss bei der Ausstellung „Von Bismarck zu Hitler“ fort. (Die Zeit nach 1945 ist im Aufbau). Aber wo unten beim Handwerk etc. noch viel Wissen von Zeitzeugen bewahrt wird, das sonst verloren geht, enthält der allgemein-geschichtliche Teil vieles, das man bei Interesse daheim in (Schul-)Büchern nachlesen könnte. Auch hier trägt der lokale persönliche Bezug die Ausstellung, etwa in Briefen aus dem 1.Weltkrieg. Aber wie soll ein Besucher mit so einer Fülle umgehen, zumal das Museum meist nur zwei Stunden geöffnet hat (samstags vier)? Alles lesen geht auch ansatzweise nicht. Die Textfülle führt dazu, dass man bald gar nichts mehr liest, zumal man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Mir ging’s so mit dem Text zum Führer des Reichsarbeitsdienstes (RAD), Konstantin Hierl, einem Parsberger, den ich fast übersehen hätte, den ich dann doch nur ansatzweise gelesen habe.
Man versucht jetzt mit einem Audio-Guide, den Gang durchs Museum stärker zu strukturieren. Ich habe erst ab etwa der Hälfte gemerkt, dass es ihn gibt. Man sollte ihn vor Ort deutlicher bewerben. „Als eine Art begehbares Geschichtsbuch“ wird die Ausstellung vorgestellt. Das stimmt. Aber ein Museum und ein Buch sind zwei Paar Stiefel. Ein Großteil der Texte und Dokumente gehören wie Abbildungen vieler Exponate in thematisch strukturierte Broschüren, denn interessant sind sie allemal. Man muss den Besuchern Gelegenheit geben, das Gezeigte auch tatsächlich aufzunehmen. Das Museum kann dann seine Stärke entwickeln, wenn es Besucher überzeugt, nur einen Teilbereich anzuschauen, z.B. ‚Textiles‘. Da erfährt man alles von der Schafschur über die Herstellung und Pflege der Kleider bis zur Bekleidung von Mann und Frau durch das Jahr und das Leben. Denn Exponate wie Texte haben es verdient, gezeigt zu werden, wenn auch reduziert und strukturierter. Dann ist das Museum hervorragend. Beim Gang durch alle Abteilungen verlässt man das Museum eher geplättet von der Überfülle an Exponaten und v.a. ellenlangen Texten. Und das ist ja wohl nicht gewollt.