Heimatmuseum Schnaittach

Besuch am Samstag, 24.10.2020, etwas über 1 Std. Das Heimatmuseum geht auf Vorgänger seit 1923 zurück. Der entscheidende, bis heute prägende Einschnitt war der Umzug in die Gebäude von Synagoge, Rabbiner- und Vorsängerhaus kurz nach der Pogromnacht 1938 mit der offiziellen Eröffnung 1949. Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen wurde das Museum 1998 wieder eröffnet, 2 Jahre nach der Eröffnung des Jüdischen Museums im Erdgeschoss. Trägerin ist die Gemeinde Schnaittach im Zusammenwirken mit dem ‚Museums- und Geschichtsverein Schnaittach e.V.‘.

Blick in den Ausstellungsbereich ‚Aufbewahrt und weggeräumt‘
Foto: Gerd Walther

Das Heimatmuseum erstreckt sich über 7 nicht sehr große Räume im Obergeschoss und 5 Räume im Dachgeschoss. Nach dem ‚Heimat im Museum‘ betitelten Eingangsraum, in dem auch die Geschichte des Museums angerissen wird, gelangt man links zur frühen Geschichte Schnaittachs und der Burg Rothenberg. Es folgen 3 Räume zu den Themen Geschirr, Aufbewahrung sowie Möbel. Den Abschluss bilden eine ‚Bauernstube‘, die keine mehr ist, und der fast leere Raum ‚Das Bild vom Bauern‘. Und man ist ratlos. ‚Altes Zeugs‘ auf ein paar Räume verteilt machen doch kein Heimatmuseum, aus dem die Geschichte des (hübschen) Orts in ebensolcher Umgebung und seiner Bewohner deutlich wird. Im Dachgeschoss setzt sich dies abgemildert mit Exponaten zur Religion und aus dem Handwerk fort, sofern diese nicht durch die unpraktischen Stellwände einer (sehenswerten) Sonderausstellung verdeckt sind. Das erstaunt insofern, als im Ort ein Geschichtsweg mit 30 informativen Tafeln Vergangenheit plastisch entstehen lässt.

Die recht dünne chronologische Betrachtung endet etwa um 1800. Als Person tritt uns nur ein Original entgegen, der ‚Gemmings Gustl‘ (1836–93). Dann folgen Tassen und Teller, Taschen und Truhen, Tische, Stühle und Uhren, die im Detail bisweilen reizvoll sind. Aber das hat man überall gehabt, typisch Schaittacherisches ist nicht dabei. Dazu in jedem Raum ein Ofen, oft mit hübschem Dekor, aber hierher zusammengetragen durch den Spiritus Rector des Museums in den 1920er bis 1950er Jahren, Gottfried Stammler, einen Hafner. Die Gebäude selbst werden nur ganz am Rande einbezogen. Eine Mesusa, eine Schriftkapsel, und ein Hinweis auf eine weitere an Türstöcken verweisen darauf, dass hier früher die Wohnungen des Rabbiners und Vorsängers waren. Eine Textinstallation, dass hier die Sitzungen des jüdischen Gemeindevorstands stattfanden. 1938 wurde der Gebäudekomplex ebenso wie viele Judaica wohl deshalb vor der Zerstörung bewahrt, weil Gottfried Stammler sie für ein Heimatmuseum auserkoren hatte. Es kam in zeitbedingter ideologischer Sichtweise mit prominenter Unterstützung eine Bauernstube hinzu – und Stammler setzte seine Öfen. Aber das war 1938/49. Wieso man trotz der umfangreichen Sanierung in den 1990ern an dem schon damals überholten inhaltlichen Konzept festhielt, ist unverständlich.

Blick in den Ausstellungsbereich Möbel
Foto: Gerd Walther

Dabei gäbe es viele Dokumente aus dem 19./20.Jh. zum Ackerbürgerstädtchen mit entsprechendem Handwerk, Brauereien, Ziegeleien und Malzfabrik, Hopfenanbau und Fremdenverkehr bis hin zum Skilift am Hang zur Festung. Ich denke nur an die hervorragenden Fotos von Rudolf Uibl, wie die zum Hopfenanbau in der Sonderausstellung unter dem Dach, ein Schatz. Es gab doch Leben in Schnaittach, Menschen, die man mit ihrer Arbeit und den Vergnügungen in den Mittelpunkt stellen kann – mit ihren Töpfen und Tiegeln am Rande: Das Zusammenwachsen von Markt, Dorf und Fröschau, Badhaus, Leprastation und Krankenhäuser, Wirtshäuser und Läden, Kirchen, Synagoge und Friedhöfe. Die Eisenbahn kam 1895, die Wasserleitung 1907, elektrisches Licht 1914. Vereine kamen auf, Vergnügungs-, Kultur-, Sportvereine, einer zur Verschönerung und wohl auch welche für Pfeifenraucher. Parteien entstanden (wobei sich die Nazis lange in Schnaittach schwer taten). Und es gab einen Alltag von Christen und Juden mit allen Höhen und Tiefen, selbst wenn es 1938 für die noch 18 hier lebenden Juden sehr tief ging. Aber wie groß muss die Verbundenheit mit Schnaittach gewesen sein, wenn einer nach 1945 zurückkehrte. Heimatgeschichte ist ja nicht immer nur schön, aber darstellenswert. Wo man keine letzten Antworten geben kann, kann man doch Fragen in den Raum und in die Besucher stellen. Das wäre ein Heimatmuseum, wie man es Schnaittach wünscht. Dass es möglich wäre, zeigt die informative Sonderausstellung zum Hopfenanbau.

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