Jüdisches Museum Schnaittach

Besuche am Samstag, 24. und Sonntag, 25.10.2020, insgesamt knapp 1,5 Std. Das Jüdische Museum in Schnaittach ist wie das in Schwabach eine Dependance des Jüdischen Museums Franken, dessen Hauptsitz in Fürth ist. Eröffnet wurde das Schnaittacher Museum 1996 drei Jahre vor dem Fürther. Träger ist ein Trägerverein aus den betreffenden Gemeinden und dem Bezirk Mittelfranken.

Von rechts: Frauenschul, Männerschul, Vorsänger- und Rabbinerhaus, Schulklopferhaus
Foto: Rudolf Uibl, ca 1939
Abfotografiert: Gerd Walther

Der größte Schatz des Jüdischen Museums Schnaittach ist das Gebäudeensemble selbst. Man betritt es in der früheren Judenschul- seit 1938 Museumsgasse über die Türe zum ehemaligen Rabbinerhaus von 1687, an das sich unter einem Dach das Vorsängerhaus anschließt. Dort befindet sich eine Mikwe, das Ritualbad, das mit einer Führung besichtigt werden kann. Die Laubhütte ist nicht erhalten. Es folgt die Synagoge von 1570, zunächst die ‚Männerschul‘, zu der 1735 eine ‚Frauenschul‘ jeweils mit separatem Eingang angebaut wurde. Links neben dem Rabbinerhaus wohnte seit 1610 der Schulklopfer, der durch Klopfen an die Haustüren zum Synagogenbesuch ermahnte. Unterhalb der ‚Frauenschul‘ lag eine jüdische Schule, wohl die im 17./18. Jh. hier befindliche Talmudschule. Nicht zu vergessen die drei jüdischen Friedhöfe in Schnaittach, deren ältester im 15 Jh. entstand und dem Rabbinatsverband der Gemeinden Schnaittach, Hüttenbach, Ottensoos und Forth zur Verfügung stand. Bis 1607 wurden auch dompröpstliche Juden aus dem 30 km entfernten Fürth hier beerdigt. Gezeigt wird das Leben der Landjuden der 4 Gemeinden mit Schwerpunkt Schnaittach. Im Umfeld der Vertreibung der Juden aus Nürnberg um 1499 wurden Juden durch die Herrschaft Rothenberg aufgenommen, das brachte Einnahmen. 1813 lag der Anteil der Juden an der Bevölkerung zwischen 25 und 50 %.

Im Grunde ist das Museum nicht sehr groß, 4-5 kleinere Räume, dazu die Synagogenbereiche. Zunächst wird die Geschichte der Gemeinden kurz vorgestellt, auf den Schutzherren verweist ein Blick aus dem Fenster auf die Festung Rothenberg. Es folgt die Bedeutung des Talmuds und anderer Schriften im Judentum. Und man beleuchtet anhand ausgestellter Judaica den problembehafteten Zusammenhang von Judenpogrom und den Umzug des Heimatmuseums 1938 in diese Räumlichkeiten. Das jüdische Haus mit seinen Besonderheiten im Alltag, am Schabbat und an jüdischen Festtagen zeigt mit dazugehörigen Gegenständen ein weiterer Raum. Dazu auch hübsche Exponate zur jüdischen Wohltätigkeit. Erfreulicherweise hat man die ‚Männerschul‘ weitgehend leer belassen, so dass der Raum auch heute noch seine Wirkung entfalten kann. An einer Wand befindet sich der Thoraschrein, davor kann man auf dem Fußboden den Standort des Almemor, des Lesepults, gut erkennen. Die kleinere ‚Frauenschul‘ lag hinter 3 großen Wandöffnungen, durch die man an den Vorgängen in der ‚Männerschul‘ teilhaben konnte. Jetzt sind hier v.a. Ritualgegenstände ausgestellt. Eine Etage höher zeigt ein Raum 3 Biografien zum jüdischen Leben mit Blick auf des Schicksal der 1938 noch hier lebenden Juden, 13 in Schnaittach, 18 in Hüttenbach, 8 in Ottensoos und 4 in Forth.

Blick in die Synagoge mit Thoraschrein, auf dem Boden erkennt man den Ort des Almemor, hinter den Öffnungen die Frauensch
Foto: Gerd Walther

Vorsängerhaus, Männer- und Frauenschul werden durch Text- und Bildtafeln knapp und zugleich umfassend vorgestellt. Alles ist recht gut mit interessanten Exponaten und prägnanten Texten in einem eindrucksvollen Ambiente dargestellt. Natürlich ist der Verweis auf die Besonderheiten des jüdischen Kultes anhand von Exponaten wichtig, zumal für viele der Besuch eines (jüdischen) Museums nicht alltäglich ist. Geht man aber von den zumeist an Exponaten gemachten Erläuterungen zum Kult weg, wird es auch in Schnaittach dünn. Der Anspruch, einen Einblick in den Alltag des Landjudentums zu geben, wird nur bedingt erfüllt. Dass der Mann oft die ganze Woche weg war, so dass die Frau das Haus betreute, erfährt man. Dass es ein ausgedehntes jüdisches Wohlfahrtssystem gab, belegen schöne Exponate. Dass Juden im Viehhandel, Hausierhandel und Geldverleih tätig waren, steht irgendwo. Aber das sind zunächst Worthülsen, die mit Inhalt zu füllen wären. Wie und was war Hausierhandel im 17./18. Jh.? Welches Verhältnis gab es zu den etablierten (christlichen) Händlern? Wer kaufte warum bei Juden? Wie wurden unterwegs die Glaubensvorschriften eingehalten? Wie war das Verhältnis von reichen jüdischen Heereslieferanten zu armen Betteljuden? Etcetc.

Nichtsdestotrotz ist das ‚Jüdische Museum Schnaittach‘ mit seinem Gebäudeensemble im nicht sehr großen, hübschen Ort mit vielen historischen Erläuterungen allemal einen Besuch wert.

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