Besuch am Donnerstag, 25.8.2022, ca 2 Std im Museum und 1 Std im Ort, der eigentich Teil des Museums ist. Das Museum befindet sich im ehemaligen Bahnbetriebswerk in Neuenmarkt in Oberfranken. Mit dem Ende der Dampflokomotivenzeit entstand der Wunsch, die Einrichtung als Museum zu erhalten. Es wurde 1977 eröffnet. Träger des Museums ist seit 1984 ein Zweckverband des Bezirks Oberfranken, dem Landkreis Kulmbach und der Gemeinde Neuenmarkt.

Von den letzten großen Dampfloks der Baureihe 10.001 gab es nur 2 Stück. Sie wurden 1958 – 1968 eingesetzt.
Foto: Gerd Walther
Zu Beginn des Eisenbahn-Zeitalters steht in Bayern der Bau der Ludwig-Süd-Nord-Bahn 1843 – 1854 von Lindau über Augsburg, Nürnberg und Bamberg nach Hof. Dabei galt als großes Problem die 1848 fertiggestellte Steigung über die ‚Schiefe Ebene‘ vom Maintal auf die Hochfläche des Frankenwalds in Richtung Hof zwischen dem Dorf Neuenmarkt unten nach Marktschorgast oben. Auf 7 km waren 158 Höhenmeter zu überwinden. Es musste eine 2.Lok vorgespannt werden – und trotzdem brauchte man lt im Museum aushängendem Fahrplan 1852 dazu 28 Minuten. So wuchs aus einem kleinen Bauerndorf ein großer Ort mit bis zu 500 Eisenbahnern mitsamt Familien. Die Loks mussten vorgeheizt werden, Ausbesserungs- sowie Reparaturarbeiten standen an. 1892 umfasste der Bahnhof 11 Gleise mit ca 90 Weichen. Das Deutsche Dampflokomotivenmuseum befindet sich also am authentischen, historischen Ort, auch wenn 1977 die letzte Dampflok außer Betrieb genommen wurde.
Das Museum umfasst im Grunde den ganzen Ort: natürlich den noch existierenden Bahnhof, der derzeit restauriert wird, Nebengebäude, Wohnhäuser für die Eisenbahner, eine Apotheke, ein Bahnhofshotel, Kirchen und anderen zum wachsenden ‚Eisenbahnerort‘ gehörenden Einrichtungen. Das Kernmuseum befindet sich im ehemaligen Betriebswerk mit seinen Nebengebäuden. Zu nennen ist hier insbesondere ein Ringlokschuppen (ein zweiter wurde im Krieg zerstört) mit über 10 Dampflokomotiven, einem Salonwagen sowie weiteren Exponaten bis hin zum Meisterbüro und einem Vesperraum. Eine Etage höher ertreckt sich das große Modell der ‚Schiefen Ebene‘ mit der imposanten ‚Rauen Mauer‘ über mehrere Räume. Hinzu kommen das alte Verwaltungsgebäude mit Schmiede und Werkstätten, das Übernachtungshaus für das Zugpersonal bei längeren Pausen und umfangreiche Außenanlagen mit Güterhallen, Reparaturschuppen, Ausschlackgrube und Bekohlungsanlage, Kohle- und Überladekränen – bis hin zum Eisenbahnergarten. Hier stehen (und fahren zeitweise) Schmalspurbahnen, dazu eine Dampfwalze, ein Schneepflug etc. etc.

Blick in die Außenanlagen des Museums
Foto: Gerd Walther
Viele Modelle und aufgeschnittene Teile ermöglichen Einblicke in die Funktion und den Aufbau der Loks, ergänzt durch aussagekräftige Fotos sowie fundierte, nicht allzu lange Texte zu den einzelnen Lokomotiven wie auch zur Eisenbahngeschichte. An einer gut gemachten interaktiven Station kann man sich als Lokomotivführer ausprobieren, wobei man merkt, dass es ganz so einfach nicht war. Exponate aus dem Bahnhofsleben ergänzen die Lokomotiv-Ausstellung. Sitzbänke von der 1. bis zur Holzklasse, eine Personenwaage, wie früher auf Bahnhöfen üblich, und viele andere Details ergänzen das Bild früherer Bahnhöfe. Das alles ist anschaulich, abwechslungsreich und zugleich intensiv gemacht.
Das gilt auch für den Außenbereich mit seinen Anlagen zur Wartung, Versorgung und Reparatur der Loks und Waggons. Auch hier erläutern Hinweisschilder fundiert die Exponate. Hier dominieren (auch fahrbereite) Schmalspurbahnen. Den Schwellensteinen, die wohl noch aus der Zeit der Ludwig-Süd-Nord-Bahn stammen, könnte man allerdings mehr Beachtung schenken. Zwar werden im Eisenbahnergarten die recht engen wirtschaftlichen Verhältnisse der Eisenbahner kurz thematisiert, was bis in die 1950er Jahre den Anbau von Gemüse und die Haltung von Kleinvieh erforderlich machte. Aber diesbezüglich wäre noch Luft nach oben, etwa auch zum Freizeitverhalten (über die Kirchen hinaus) oder zum politisch-gesellschaftlichen Selbstverständnis. Reichsbahner, so zumindest in meiner Familie, waren doch durchwegs gestandene Sozialdemokraten. War’s in Neuenmarkt anders? Nichtsdestotrotz ermöglicht das sehr interessante, gut gemachte und kurzweilige Museum einen spannenden Besuch.