Glasmuseum Murano

Besuch am Montag, 14.9.2015, ca. 1,5 Std., und auch früher schon. Das 1861 gegründete ‚Museo del Vetro‘ gehört seit der Eingemeindung Muranos nach Venedig 1923 zu den städtischen Museen Venedigs. Es liegt in der Nähe der schönen Kirche ‚Santi Maria e Donato‘ etwas abseits des üblichen Touristenwegs mit seinen vielen Läden mit Glasnippes im schöneren, ruhigeren Teil Muranos, was dem Museum gut tut.

Im Erdgeschoss des spätgotischen Palastes befinden sich Räume für Sonderausstellungen, einen Film zur Glasherstellung und einen gerafften Blick auf 500 Jahre Glas aus Murano. Das Obergeschoss enthält die eigentliche Ausstellung. Im Grunde genommen ist das Glasmuseum ein Kunstgewerbemuseum. Es wurde gegründet, um der Glasindustrie Muranos aus einer Krise zu helfen, in die sie seit Mitte des 17.Jhs geraten war. Das bedingt auch eine enge Zusammenarbeit mit der örtlichen Glasindustrie inkl. der Einrichtung einer museumseigenen Glasmacherschule 1862. (Das war, als man in Fürth Liebigs Verfahren zur Herstellung von Silberspiegeln industriell umsetzte, so dass die gesundheitsschädliche Produktion von Quecksilberspiegeln allmählich auslief.)

Antikes Glas am Anfang Foto: Gerd Walther

Antikes Glas am Anfang
Foto: Gerd Walther

In diesem Sachverhalt begründen sich Stärke und Schwäche des Museums. Natürlich konnte dadurch auf den Fundus der Fabriken zurückgegriffen werden, was der Qualität der Sammlung auf diesem Sektor, und nur dieser wird im Museum gezeigt, zugute kommt.

Sehr schön sind die Exponate aus den Anfängen der Glasherstellung in der Antike, schlichte, einfache, stolze Formen. Leider fehlt hier eine Ausschilderung – schließlich handelt es sich um etwa 1000 Jahre mit unterschiedlichen Kulturen im Nahen Osten und im Mittelmeerraum. Man muss den Besucher ja nicht tottexten, aber gar nichts ist zu wenig.

Gläser aus der Glanzzeit Muranos im 14.-17. Jh Foto: Gerd Walther

Gläser aus der Glanzzeit Muranos im 14.-17. Jh
Foto: Gerd Walther

Dazu stehen die Produkte aus Murano mit ihrer Verspieltheit und Grazilität als Luxusprodukte für die Reichen und Schönen im deutlichen Kontrast. Wen Glas in den unterschiedlichsten Verzierungen, milchig wie Porzellan oder marmoriert, geformt je nach Zeitgeschmack von ca. 1500 bis heute interessiert, der wird hier auf seine Kosten kommen. Basistexte zu den einzelnen Räumen auch auf deutsch und knappe Hinweise zu den Exponaten ordnen diese entsprechend in jeweilige Hoch- und Tiefphasen.

Aber das ist doch nur ein Teil der Bedeutung Venedigs als Glasstadt. Es wurde groß, indem man seit ungefähr 1500 sog. Kristallglas herstellte, helldurchsichtiges Glas aus hochreinem Quarz und verbranntem Seetang als Pottasche. Pottasche diente v.a. der Senkung der Schmelztemperatur. Ein Zweites kam fast gleichzeitig dazu, etwas heute Selbstverständliches: das Flachglas. Im sog. Streckverfahren wurden größere Glasflächen für Fenster und Spiegel hergestellt. Glas wurde geblasen, in einer Schwenkgrube mit viel Luft zu einem großen Zylinder geschwenkt, längs aufgeschnitten, wieder in den Ofen gesteckt, geplättet oder gestreckt, gekühlt, geschliffen und poliert. Und auch die neue Verspiegelung mit Quecksilber setzte sich durch, hochgiftig zwar in der Herstellung, aber besser. Die Spiegelsäle des Barock waren doch letztlich ein Geschenk Venedigs an die Welt.

Denn erst, als die Franzosen (und andere) Glasarbeiter aus Venedig abgeworben hatten und diese dies überlebten – Venedig war bei Industriespionage nicht zimperlich – begann der Niedergang der venezianischen Glasherstellung. Neue Erfindungen andernorts wie das Plattengießverfahren 1688 im Frankreich Ludwigs XIV. führten in Venedig letztendlich zur Konzentration auf Glaskunst und -gewerbe. So etwas sollte ein Museum auch dokumentieren. Natürlich hängen venezianische Spiegel im Museum, aber wie zufällig und unbeschriftet. Und Gott-sei-Dank sind noch viele alte wellige Glasfenster im Museum.

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