Besuche des ‚Museo Correr‘ am 12./13. Mai 2017, insgesamt ca 5 Std., davon ca 1 Std. im ‚Archäologischen Museum‘. Im Unterschied zum städtischen ‚Museo Correr‘ ist das ‚Museo Archeologico Nazionale di Venezia‘ ein staatliches Museum. Ein Zugang ist nur im und mit dem ‚Museo Correr‘ möglich (siehe auch Museo Correr 1 und 2). Im 16. Jh. stifteten Domenico (1523) und Giovanni Grimani (1587) ihre Sammlungen von Antiken Venedig. Ab 1596 wurden sie in der Vorhalle der ‚Bibliothek Marciana‘ ausgestellt. Weitere Stiftungen kamen hinzu. Nach einer Verlagerung in den Dogenpalast 1812-1923 befindet sich das Museum seitdem mit derzeit fast 20 Räumen in der ‚Neuen Prokuratie‘.

Griechische Statuen mit Installation ‚Stuhlportrait‘ (Teil), Francesca Montinaro, 2017
Foto: Gerd Walther
Die Grimanis hatten den Schwerpunkt ihrer Sammlungen aus Ausgrabungen im Umfeld Roms, so dass wir viele römische Statuen und Büsten bzw. antik-römische Kopien griechischer und hellenistischer Exponate vor uns haben. Während der großen Zeit der Ausgrabungen in Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Ägypten im 19. Jh. hatte man in Venedig andere Sorgen. Wer aus diesen Gegenden und Zeiten archäologische Funde sucht, ist in Berlin, London, Paris und auch in Rom besser aufgehoben.
Die Ausstellung ist teils chronologisch, teils von den jeweiligen Sammlungen her geordnet. Sie erschließt sich heute mit dem Zugang vom ‚Museo Correr‘ von den jüngsten Artefakten aus römischer Zeit. Von da aus geht’s im etwas verwinkelten Museum zurück bis zu den Ägyptern und Assyrern etc. in einer fernen Ecke. Neben Textblättern zu den einzelnen Räumen auch auf englisch gibt es bei den jeweiligen Exponaten meist nur sehr knappe Infos. Zu empfehlen sind die in einfacherem Englisch gehaltenen Textblätter für Kinder, die zu einzelnen Exponaten viele interessante Infos zur jeweiligen Nutzung, zur Zeit, zum Umfeld und ihrem Stellenwert geben. Leider gibt’s die nicht in allen Räumen.
Ohne Zweifel befinden sich sehr eindrucksvolle Exponate in der Ausstellung. Ein Schwerpunkt liegt bei antiken Büsten und Statuen, die in Italien in der Renaissance zugänglich waren bzw. ausgegraben wurden. Wenn nicht römischen Ursprungs, so galten die römische Kopien griechischer bzw. hellenistischer Vorbilder vom 5. bis 2. Jh. v. bei der Wiedergeburt der Antike als vorbildlich. Gerade in der Vermittlung der griechischen Antike durch Kopien der Römer, die dann über Sammler der Renaissance in die Gegenwart hineinragen, liegt ein besonderer Reiz dieses Museums.
Aber natürlich gibt es auch Originale aus griechischer Zeit und davor, dazu Münzen, Bronzen, Gefäße bis hin zu Mumien. Während Büsten von römischen Kaisern und Noblen in großer Zahl hergestellt wurden, um durch Aufstellung an zentralen Orten zu zeigen, wer gerade das Sagen hatte, stammen viele Exponate aus Begräbnissen. Sie vermitteln über Beerdigungsriten und Grabbeigaben einen Einblick in die Bedürfnisse der Lebenden.

Griechische Statuen mit Installation ‚Stuhlportrait‘ (Teil), Francesca Montinaro, 2017
Foto: Gerd Walther
Die Kaskade von der griechischen Antike über Rom und die Renaissance in die Gegenwart wird noch ausgebaut, indem man in mehrere Räume moderne Kunstwerke eingebracht hat. So spannt sich ein interessanter Bogen über mehrere Jahrtausende zum beiderseitigen Wohl. Man muss sich darauf einlassen, aber man unterbricht damit gleichzeitig eine zur Gleichförmigkeit neigende (An-)Sammlung antiker Köpfe. Das ist gut gemacht und hoffentlich keine temporäre Angelegenheit.
Über das ‚Archäologische Museum‘ hat man auch einen Zugang zur ‚Biblioteca Nazionale Marciana‘. Der war gegenwärtig wegen der Vorbereitung einer Sonderausstellung geschlossen. Aber ich habe aus früheren Besuchen die beiden Säle der Bibliothek mit ihren Wand- und Deckengemälden sowie den ausgestellten Globen als sehr sehenswert in guter Erinnerung.