Venedig – Naturhistorisches Museum
Besuche am 10.5. und am 14.9.2014, je ca. 2,5 Std. Der Besuch war jeweils verhalten. Das Naturhistorische Museum im Fondego dei Turchi besteht aus einem modernen Bereich der letzten Jahre und dem alten aus den Anfängen des Museums seit etwa 1800.
Die modernen Teile umklammern die alten, man kommt zunächst in die Natur-, Vor- und Frühgeschichte bis zum Aufkommen des modernen Menschen. Da läuft die volle Breitseite moderner Museumsdidaktik mit allen Höhen und Tiefen. Die Auswahl der wenigen, aber guten Exponate treffen stringent die Museumsmacher. Der Besucher hat zu nehmen, was sehr reduziert angeboten wird. Dafür soll er durch eine museumsdidaktische Aufbereitung entschädigt werden. Das gelingt nicht immer, die Macher erliegen wiederholt einer kontraproduktiven Effekthascherei. Das betrifft die Beschallung der Räume mit sphärischen Klängen – Stille wäre besser – sowie die Ausleuchtung der Räume und der Exponate. Diese, ob Versteinerung oder Säbelzahntigerkopf, sind oft nur minimalistisch angestrahlt, aber häufig effektvoll wie in kleine Grabkammern eingebaut.
Diese Ausstellungsarchitektur braucht viel Platz. Wird einerseits mit dem Raum sehr großzügig umgegangen, reicht’s andererseits nicht mehr für eine zweisprachige Beschriftung auch in Englisch.
Das Zentrum des Museums bildet der alte Teil. Da ist zunächst ein großer Raum zum Afrikareisenden Giovanni Miani, der in den 1860er und 1870er Jahren den Nil erforschte Auf dem Boden groß der Plan seiner 1. Afrikareise. An den Wänden raumhohe alte Holzvitrinen mit Utensilien der Eingeborenen, regional geordnet. Da kann der Besucher selbst unter den Exponaten forschen. Der Ausstellung tut gut, dass man in der Gestaltung auf die Vorschläge Mianis von etwa 1865 zurückgreift. 1872 ist er am Nil gestorben.
Es folgen zwei Räume mit Jagdtrophäen des adeligen Großwildjägers Reali, Jägerstübchen sozusagen. Zwischen 1880 und 1890 und wieder in den 1920er Jahren hat er Afrika bereist. Hier nimmt die Ausstellung die Einrichtung der Villa Realis bei seinem Tod 1937 zum Vorbild. Elefantenköpfe und -füße, Löwen, Giraffen, Affen, Krokodile etc. Ein krasser Spiegel der Upperclass Italiens dieser Zeit. Da braucht man nur wenige Erläuterungen, der Besucher versteht es – oder er erfreut sich an Pythons, die als Lampenhalter dienten, oder an Elefantenfüßen als Tisch.
Selten sieht man noch Wunderkammern, diese Frühform nichtreligiöser Sammler- und Ausstellungstätigkeit seit dem 16. Jahrhundert. Seltsames, Abnormes, Wunderbares, Fremdes, Kuriositätensammlungen an Fürstenhöfen, hier nachgebaut in sechs Vitrinen eines achteckigen Raumes: Riesenkrabben an der Decke, Einhörner, Basilisken, der Schmuck indigener Völker, fremdes Getier, Missgeburten.
Daran schließt sich ein großer alter Raum aus der Frühzeit des Naturhistorischen Museums an. Die Pflanzen- und Tierwelt, die Erde, alles wird wissenschaftlich erfasst, vermessen, systematisiert. Da hängen sie nun, die Käfer, Schmetterlinge, Insekten, aufgespießt an Nadeln, in Reih und Glied, von groß nach klein, von bunt nach einfarbig, militärisch streng. Wunderschön für den, der sich die Zeit nimmt, hinzuschauen.
Wie der Anfang ist auch das Ende modern gestaltet, es gilt – reduziert – ähnliches. Wenige Museumsmacher begreifen die Aufmerksamkeitskurve des Besuchers. Hier macht man zumindest den Versuch. Schön die Bewegungsabläufe beim Flug, die Vergleiche verschiedener Schädelformen. Man hat man sich mit Erfolg viel Mühe gegeben.