Lauf Industriemuseum – Ausstellung ‚Großes Kino‘

Besuch am Samstag, 20.4.2019, etwas über 1 Stunde in der Sonderausstellung ‚Großes Kino – Ein Jahrhundert der Film- und Kinogeschichte‘. Die Sonderausstellung geht noch bis zum 5.1. 2020. Trägerin des (sehenswerten) Industriemuseums ist die Stadt Lauf.

2 Kinoprojektoren aus den 1950ern
Foto: Gerd Walther

Die Sonderausstellung ist im Obergeschoss des sog. Schuhmann-Baus im großen und kleinen Ausstellungsraum untergebracht, die durch das ‚Bistro‘ miteinander verbunden sind. Im großen Ausstellungsraum beginnt der prinzipiell chronologisch aufgebaute Rundgang mit alten Geräten aus der Frühzeit der bewegten Bilder um 1900 im Wechsel mit Bild- und anderen Dokumenten. Nicht allzu lange, prägnante Texte strukturieren den Rundgang, im Weiteren zu frühen kinematographischen Apparaten. Auch hier wird in die Gerätepräsentation durch Filmbeispiele ergänzt, etwa ‚Die Reise zum Mond‘ von Méliès aus dem Jahr 1902. Über die 1930er Jahre gelangt man zu zwei Projektoren aus den 1950ern. Recht interessant ist dann der Nachbau des Vorführraums der ‚Filmbühne‘ in Katzwang mit zwei Ernemann VII B Projektoren. 1971 schloss das Kino, doch der Vorführraum blieb bei den folgenden Nutzungen rel. unberührt, so dass alles 2012 gesichert werden konnte. Logisch schließt sich der Nachbau einer Kinokasse und eines Kinos an, in dem alte Werbung und Filmausschnitte gezeigt werden.

Das Fernsehen, ab etwa 1970 in Farbe, brachte die Krise, bei der viele große Kinos, Kinotheater und -paläste zugunsten kleiner ‚Schuhschachtelkinos‘ verschwanden, wenn nicht ganz. Aber natürlich entwickelte sich auch der Film weiter mit Blockbuster und akustischer Aufrüstung, zu 3D-Kinos und Videoverleih, die die 1970er/80er mitsamt einem immer intensiveren Merchandising prägten, bis der Übergang vom Analogen zum Digitalen auch die Film- und Kinolandschaft grundlegend veränderte. Der kleine Ausstellungsraum beherbergt neben einer Installation zu Star Wars auf vier Ausstellungsstelen Texte und Fotos zu (den?) Kinos im Nürnberger Land, einer starken Phalanx von 26 Kinos in 10 Orten von Altdorf bis Velden und natürlich in Lauf selbst mit seinen fünf Kinos zwischen 1913 und 1998. Hier kommt man mit einer (leider) stark aufgelockerten Vorführsituation der in Wirtshaussälen schon nahe – und die Vorhänge sind geradezu sensationell.

Das ist leider recht wenig zu den Menschen im Kino
Foto: Gerd Walther

Aber spätestens jetzt macht sich ein gewisses Unbehagen breit. Allzu lieblos werden die Kinos eher abgehandelt als als das vorgestellt, was sie waren: Orte desTräumens, der Phantasie und der Illusion. Trotz der zumeist harten Holzstühle brachten sie (Film-) Theaterluft und ein bisschen große Welt selbst in kleine Ortschaften, und sei es nur an Wochenenden. Das ‚Große Kino‘ aus dem Titel, die ‚Traumfabrik‘ aus dem museumspädagogischen Beiprogramm bleiben erstaunlich blass. Kernstück der Ausstellung ist Kinotechnik – und diese ist mit vorzüglichen Exponaten durchaus interessant. Aber bei weitem nicht alles. Für das Publikum war und ist dieser Aspekt eher sekundär. Die drei ersten Anmerkungen des Gästebuchs im ‚Bistro‘ machen dies deutlich. Kino ist als ein Ort der Illusion eine möglichst perfekt aussehende Installation von großer Welt in der kleinen Stadt mit oft einfachen Mitteln. Und da hören die Ausstellungsmacher meist kurz vor dem Ziel mit der Gestaltung auf. Als Beispiel das aufwändig nachgebaute Kino. Schön wäre ein Samtvorhang, durch den man den Raum betritt. Und ein ebensolcher an der Projektionswand. Schön wäre eine Acella-Wandbespannung, wie sie im früheren Kino in Velden immer noch vorhanden ist. Und warum gibt man die (auch sonst tollen) Filmplakate nicht außen neben die Kasse, wo sie hingehören, und innen Vergrößerungen der Kinos, groß, nicht maximal DIN A4, wie im kleinen Saal. Auch Träume und Erinnerungen brauchen Platz, um sich zu entfalten. Hier entstand ein Schuhschachtelkino – und das wollte man ja wohl eher nicht.

Kino ist doch weniger eine intellektuelle als eine emotionale Erinnerung. Im Fürther Hardkino etwa, einem Vorstandkino, liefen in den späten 1950ern am Sonntag-Vormittag immer Fuzzy-Filme. Da war das Kino rappelvoll mit Kindern (ohne Großmütter, damals hatte man noch Geschwister). Da war die Hölle los. Im Nürnberger Land dürfte das nicht viel anders gewesen sein. Ein paar Jahre später hat man das Kino als dunklen warmen Ort geschätzt – und man ging nicht primär wegen des Films oder gar der Projektoren ins Kino. Diese Wunderwelt fehlt der Ausstellung leider. Wer sich für die Geschichte der Kinotechnik interessiert, findet im Industriemuseum Lauf zahlreiche interessante Exponate.