Berlin – Martin-Gropius-Bau – Tanz der Ahnen 2015

Besuch am Montag, 18.5.2015, knappe 2 Std. Die Ausstellung war gut besucht. Trägerin des Gropiusbaus, in dem parallel weitere Ausstellungen gezeigt wurden, ist letztendlich die Bundesrepublik. „Tanz der Ahnen – Kunst vom Sepik in Papua-Neuguinea“ ist der genaue Titel. Dauer der Ausstellung: 18.3.2015 – 14.6.2015.

Der Sepik ist ein fast 1200 km langer mäandrierender Fluss in Papua-Neuguinea, in dessen Umfeld über 90 Sprachen gesprochen wurden. Ab 1884 wurde er im Zuge der Kolonialisierung der Restwelt von der deutschen Neuguinea Compagnie als „Kaiserin-Augusta-Fluss“ in Besitz genommen. Er entsprang im Bismarckgebirge, floss durch das Kaiser-Wilhelm-Land und mündete in die Bismarcksee. Westlich waren Holländer, südlich Engländer.

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Im Gefolge der Kolonialgesellschaft kamen Missionare ins Land, beim neuen Hauptort Finschhafen war es die Neuendettelsauer Mission, 1841 gegründet von Wilhelm Löhe aus Fürth. Am ca. 500 km entfernten Sepik missionierten andere. Protestanten, die über die Gewohnheiten der Einheimischen inkl. Kopfjagd und unorthodoxer Sexualpraktiken entsetzt waren. Natürlich wurden die Eingeborenen nicht gefragt.

Die Ausstellung zeigt etwa 220 durchgängig sehr hochwertige Exponate. Wenn man’s mal begriffen hat, was angesichts der Fremdartigkeit der Exponate nicht ganz einfach ist, ist sie logisch aufgebaut. Am Anfang der alles beherrschende Fluss, groß und mächtig auf eine ganze Wandfläche in Bewegung projiziert. Es folgt der öffentliche Teil der Frauen und Kindern zugeordneten Wohnhäuser, die Alltagswelt mit ihren Gerätschaften.

Je weiter man in die Ausstellung kommt, die nicht als Rundgang angelegt ist, desto exklusiver wurde auch der Zugang zu den Ahnen, Weltschöpfern, Bewahrern und auch Gestaltern des Alltags. Ort ist zunächst das Männerhaus, das Thema zunächst die Aufnahme der Jungen durch Initiation. Salopp gesagt mussten sie einer Frau einen Einbaum bauen, v.a. aber sich durch Kopfjagd beim Nachbarstamm hervortun. Je mehr Schrumpfköpfe, desto höher war das Ansehen. Natürlich war’s komplexer.

Aber auch im Männerhaus gab es Stufen der Tabuisierung bis hin zu den Stammes- und Klanoberhäuptern. Auch hier half eine erfolgreiche Kopfjagd. Diese Welt öffnet und erschließt sich zugleich im rituellen Tanz vor dem Männerhaus, dem Ort der Einswerdung der Lebenden mit den Ahnen. Masken spielen eine große Rolle, rituell verwendete Musikinstrumente, Schmuck, Bemalungen etc. Die ganze Örtlichkeit ist sakral.

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Die Exponate sind fast durchwegs in abgedunkelten Räumen einzeln in Vitrinen ausgestellt, es ist v.a. eine Kunstausstellung. Aber haben wir überhaupt eine Chance, diese Exponate zu begreifen, so ohne Schrumpfkopf im Wohnzimmerschrank? Ab und zu hängen an den Wänden etwa DIN A2 große Fotos. Neue Fotos hängen im Lichthof auf dem Weg zur Ausstellung, dort auch zwei Videofilme. Warum nähert man sich dieser fremden Welt nicht parallel mit alten (Groß-) Fotos der Menschen, Häuser, Gegenstände, ergänzt so die Textfahnen, die zwar erläutern, zugleich aber auch intellektuell verengen?

Und dann ist da noch etwas, sehen wir doch in der Schönheit der immer stärker tabubehafteten Exponate die Zerstörung einer Kultur. Denn schon früh zählte die Sepik-Region zu den „interessantesten Kunstregionen der Welt“. Die Papuas haben doch nicht freiwillig auf die ihnen (an-)vertraute Welt verzichtet, um in Plantagen zu arbeiten. Sie haben doch ihre Ahnen, ihre Kultur und Kunst nicht freiwillig an preußische Beamte, Kauf- und Museumsleute sowie protestantische Eiferer gegen Waren, Geld, Bommerlunder und die Religion ihrer neuen Herren verhökert.

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