Stadtmuseum Athen

Besuch am Freitag, 8.7.2016, ca. 1,5 Std. Das ‚Museum of the City of Athens‘, wurde 1980 nach 7 Jahren Vorbereitung eröffnet. Trägerin ist wohl die Vouros-Eutaxias-Stiftung. Es erstreckt sich über 2 Gebäude, die durch einen Übergang auf der 1.Etage verbunden sind: ein 1833 für den Bankier Dekozis-Vouros erbautes Haus, in dem zwischen 1836 und 1843 König Otto I. von Griechenland residierte. Und ein Stadtpalais von 1859 links nebenan.

Kg Otto I. von Griechenland, ein Wittelsbacher, zog 1837 von der vorherigen Hauptstadt Nauplia, in der er seit seiner Ankunft in Griechenland 1833 wohnte, in den Neubau, der die Repräsentionsräume beherbergte. Rechts daneben befand sich etwas entfernt ein fast baugleicher Neubau für die Privaträume. Beide waren durch einen nahezu ebenso großen Mitteltrakt verbunden. Heute steht nur noch das Gebäude von Dekosiz-Vouros. Was damals die beste Adresse Athens war, wirkt heute eher bescheiden.

Athen 1842, Akropolis oben mittig, Neue Residenz links oben, angeleuchtet ist nicht die alte Residenz. Foto: Gerd Walther

Athen 1842,  Akropolis oben mittig, Neue Residenz links oben, angeleuchtet ist nicht die alte Residenz.
Foto: Gerd Walther

Man betritt das Museum über die alte Residenz. Zunächst befindet sich dort ein interessantes, interaktives Panorama Athens im Jahre 1842, bei dem man einzelne wichtige Gebäude ansteuern kann. (Es ist in der Internet-Präsentation des Museums abrufbar.) Der Raum daneben beeindruckt mit einem großen Gemälde, das Athen im Jahre 1674 zeigt. Grafiken und Pläne mitteleuropäischer Philhellenen und Militärs vermitteln eine Ahnung vom Ort unter der Akropolis mit etwa 6000 Bewohnern um 1830.

Der Kernbereich des Museums beginnt eine Etage höher mit den Räumlichkeiten Ottos und seiner 1836 geheirateten Frau Amalia von Oldenburg. Zunächst ist da ein Raum mit Spinett, einer Puppe in zeitgenössischer Kleidung und Sitzgruppen in klassizistischem Biedermeier. Es folgt das (lt. Museumsflyer) Wohnzimmer Ottos mitsamt Spieltisch und Sitzgruppen. Dann kommt der größte Raum, der Thronsaal mit besagtem Möbel und Sitzgruppen. Ein weiterer Thron Kg Ottos ist nicht weit entfernt im Nationalhistorischen Museum ausgestellt. Vielleicht ließe sich abklären, welcher Thron denn nun… Im Museum sind Erläuterungen manchmal auf griechisch, selten auf englisch, meist gar nicht vorhanden. An den Wänden hängen schöne Ansichten oder Portraits damals wichtiger Personen. Es folgt ein Raum mit Portraits des Bayernkönigs Ludwig I., der seinen Sohn 1835/36 besuchte, und von Kg Max.I. Dazu eine Kopie der Londoner Konvention von 1832 der griechischen Schutzmächte gegen die Osmanen: England, Frankreich und Russland. Daraufhin wurde Otto König von Griechenland, er war die 3.Wahl. Daneben eine Kopie der Verfassung von 1844, die die Griechen ihrem fremden, katholischen Herrscher abtrotzten, worauf sie den Platz neben dem neuen Schloss in Verfassungsplatz, Syntagma-Platz, umbenannten. Die rechte Adresse für einen Herrscher ‚von Gottes Gnaden‘. Aber das wird leider nicht vertieft. Dazu die üblichen Sitzgruppen, einmal zum Esstisch umgestaltet.

Stadtmuseum, das rötliche Gebäude war Teil der alten Residenz Kg Ottos I. Foto: Gerd Walther

Stadtmuseum Athen, das rötliche Gebäude war Teil der alten Residenz Kg Ottos I.
Foto: Gerd Walther

Diese Manie, die Räume mit – höchstwahrscheinlich (Erläuterungen fehlen meist) – originalen Sitzgruppen und Möbeln vollzustopfen, verstärkt sich im 2.Gebäude. Man fühlt sich wie in einer Möbelausstellung. Ohne Erläuterungen ist dies ein gelungenes Beispiel dafür, wie man mit Original-Exponaten den Blick auf eine historische Betrachtung verstellen kann. Hier befindet sich wieder eine – diesmal umfangreichere – Esstafel, hinzu kommen zwei Salons und ein Raum, der Kiki Papastratou gewidmet ist. Über die wissen weder das Internet noch die Griechen in meiner Stammkneipe etwas. Den Schluss bildet eine Art Musikzimmer mit zwei Grammophonen, einem Philips-Radio von 1936/37 und einem Flügel. Eine Sitzgruppe hat hier nicht mehr reingepasst. Schade fast. Es macht noch kein Museum, wenn man Räume mit altem Zeugs füllt, auch kein Stadtmuseum. Dabei wäre über das Haus und sicher auch über die Ausstellungsstücke eine hervorragende Anknüpfung an die Geschichte Athens 1820 – 1850 gegeben. Aber man muss schon etwas aus den Exponaten machen. Schade. Vielleicht auch deshalb ist fotografieren nicht erlaubt.