Museu Nacional do Azulejo (Fliesenmuseum)

Besuch am Donnerstag, 21.4.2016, ca. 2,5 Std. Das Fliesenmuseum im ehemaligen Klarissenkloster Convento da Madre de Deus liegt etwas außerhalb des Zentrums, ist aber mit dem Bus gut erreichbar. Das Kloster wurde 1509 von Königin Eleonore gegründet, 1755 weitgehend zerstört, blieb bis zur Aufhebung der Klöster in Portugal 1834 im Besitz der Krone – und ist entsprechend aufwändig gestaltet. Seit den 1960er Jahren wurde dort ein Fliesenmuseum aufgebaut, das 1980 den Titel Nationalmuseum erhielt. Im Grunde haben wir mit Kloster und Fliesenmuseum zwei Sehenswürdigkeiten vor uns. Besonders intensiv wird das Museum da, wo Klosteranlage und Museum ineineinander gehen.

Ausschnitt aus der Panoramafliese mit Markt (links unten) und Brunnen (5.Fliese v. rechts, 4.Fliese v. unten) Foto: Gerd Walther

Ausschnitt aus der Panoramafliese mit Markt (links unten) und Brunnen (5.Fliese rechts / 4.Fliese unten)
Foto: Gerd Walther

Das Wort ‚Azulejos‘ hat arabische Wurzeln und bedeutet etwa ‚blauer polierter Stein‘. Beeinflusst von maurischen Palästen in Spanien beginnt die Epoche der Fliesenkunst in Portugal im frühen 16. Jh.. Andere Impulse aus den Kolonien, v.a. aus China, treten hinzu, auch holländische und italienische Einflüsse, solche durch Fayencen und Majolikas sind bemerkbar. Bald kam man von der ornamentalen zur bildhaften Gestaltung durch die Kombination vieler Fliesen zu einem meist blau dominierten Bild auf weißem Grund.

Das Museum ist, auch was die ausstellungsdidaktische Ausstattung anbelangt, dezent modern eingerichtet. Ursprünge werden aufgezeigt, Entwicklungen der Herstellung, die Bedeutung verschiedener Lasuren. Zunächst sind ins Museum eingebrachte Einzelstücke aus Palästen und Kirchen ausgestellt, doch bald gewinnen die im Kloster selbst befindlichen Fliesen immer mehr an Gewicht, im Treppenaufgang, in den Kreuzgängen, v.a. im kleinen Kreuzgang, in den Funktionsräumen – Fliesen am ursprünglichen Wandort.

Nach den beiden Kreuzgängen und den anderen Klosterräumen bildet die reich geschmückte Kirche mit ihren beiden Etagen ein Zentrum des Museums. Ein Kloster unter königlicher Obhut profitierte natürlich besonders von der Ausbeutung der Kolonien, v.a. Brasiliens, aber auch im fernen Osten. Besser wohl, man hinterfragt das hier nicht. Sicher war der hier vorhandene Fliesenschmuck ein Hauptgrund für die Verlegung des Nationalen Fliesenmuseums in die Klosteranlage. Zu den Fliesen des Klosters gesellten sich jedoch auch in diesem Bereich hochwertige Arbeiten aus anderen Orten, häufig mit profanem Inhalt, Jagd- und Genreszenen, Darstellungen der Jahreszeiten, von Blumen, Pflanzen und meist exotischen Tieren.

Die im Grunde chronologische Darstellung führt zu Fliesen aus dem 19. und 20. Jh., als die hohe Zeit der Fliesenkunst in Portugal allmählich schwindet und billigere Massenprodukte aufkommen. Die sind jedoch einem breiteren Publikum zugänglich, weshalb nicht nur in Lissabon viele alte Häuser eine geflieste Fassade besitzen.  Natürlich haben die verschiedenen internationalen Kunstrichtungen mit unterschiedlicher Gewichtung auch in der Fliesenkunst ihren Niederschlag gefunden, etwa im Jugendstil. In jüngster Zeit haben viele U-Bahn-Stationen Lissabons einen Fliesenschmuck erhalten.

Panorama von Lissabon um 1700 Foto: Gerd Walther

Panorama von Lissabon um 1700
Foto: Gerd Walther

Der Hinweis auf ein Panorama eine Etage höher meint nicht eine schöne Plattform mit ebensolcher Aussicht. Im letzten Raum befindet sich als abschließender Höhepunkt des Museums ein etwa 1 m hohes und 24 m langes Panorama von Lissabon etwa um 1700, also vor dem Erdbeben. Dazu werden nicht nur Verweise auf heute noch stehende Paläste, Klöster und andere hervorragende Gebäude gegeben. Immer wieder tauchen auch Arbeitsstätten auf, Brennöfen, Märkte, Werften, Hafenanlagen und zeigen ein Stück Alltagsleben in dieser schönen Stadt, man kann Prozessionen, Kirchenbesuchern und Spaziergängern zuschauen usw. Es ist ein würdiger Abschluss in einem gut gemachten Museum, das einen schönen Einblick gibt in diese Besonderheit portugiesischer Kunst.