Venedig – Museo Palazzo Fortuny 2015

Besuche am 15.5.2014 und am 11.6.2015, je ca 2,5 – 3 Std. Der Palazzo Fortuny gehört zu den Museen der Stadt Venedig. Die derzeitigen Ausstellungen unter dem Obertitel ‚ProPortio‘ gehen vom 9.5. bis 22.11.2015. Dann schließt das Haus saisonweise.

Der mächtige gotische Palazzo Fortuny öffnet sich nicht leicht, versteckt sich irgendwo im Gewirr von Gassen und Kanälen, klein allesamt im Unterschied zum Palazzo, der dunkel und abweisend in die Höhe ragt, vorne am kleinen, hellen, erhöhten Campo San Beneto, ohne Bar, ohne Laden, gelegen. Der Namensgeber Mariano Fortuny, 1871 in Spanien geboren, war Maler, Fotograf, Theaterfan und -künstler, Erfinder, Textilfabrikant, zumindest zeitweise stinkereich und v.a. etwas verrückt. 1949 starb er.

Im Palazzo Fortuny waren 2015 vier Etagen zugänglich, im Jahr zuvor waren es nur drei. Das Museo Palazzo Fortuny zeigt jährlich wechselnde Kunst-Ausstellungen und das Lebens-Umfeld Fortunys. Im Erdgeschoss sind diesmal u.a. würfelförmige Hütten eingebaut, ähnlich Lehmhütten, wohl eher aus geschreddertem Holz, nur mit einem Eingang versehen, das Dunkle zieht sich allmählich zurück, man ist allein mit dem Geruch des Materials, dem Lichtschein der Eingangsöffnung und Wortfetzen von außerhalb.

Es gibt viel zu entdecken. Foto: Gerd Walther

Es gibt viel zu entdecken.
Foto: Gerd Walther

Das Zentrum des Palazzo Fortuny bildet die 1.Etage, die ehemalige Wohn-, Arbeits- und Lebenswelt Fortunys, ein Wohnsaal, denn alle Ebenen werden durch einen großen zentralen Saal strukturiert, an dessen Außenseiten sich einige Räumchen anlehnen. Stoffe aus der Produktion Fortunys wie Tapeten an den Wänden, einige seiner Bühnenlampen, Bühnendeko bzw. Modelle von Theatern und Bühnen, dunkel alles, ab und zu ein Raumteiler, ein Schrank, eine Leiter oder sonstwas. Das ist alles so spannend, jeder Schritt öffnet Neues, jede Ecke birgt ein Geheimnis. Darin alt und neu, das Museo Fortuny zeigt Modernes neben Altem und Uraltem, Bild neben Skulptur, Stein neben Glas, Holz, Metall. Und alles passt nicht nur gut zusammen, es ergänzt sich, steigert sich im Kontrast.

Das Museo Fortuny birgt viele Museen in sich, viele hervorragende Museen. Dazu die alten Schränke mit den Inhalten Fortunys, aber sicher auch gestaltet, Einrichtung, Sofas zum Hinsetzen, Verweilen und Staunen. Ein riesiges Pferdebild, darunter sitzt ein Aufseher, kohlrabenschwarz, man sieht ihn erst spät, hier gibt es noch Neger. Er wird abgelöst von der wohl kleinsten Museumsaufseherin der Welt, hellhäutig, beide in der üblichen Uniform italienischer Museumsaufseher. Bis heute ist Fortuny eine Welt des Theaters: Haus und Inhalt und Personal und Publikum, wenn es sich darauf einlässt, bilden ein Gesamtkunstwerk. Daneben ein kleiner Kinoraum mit alten Klappsesseln. Man hat inzwischen so viel Ruhe, sich den wunderbar poetischen Zeichentrickfilm ‚Night Time‘ anzuschauen, weil man weiß, dass man die Zeit momentan nicht besser nutzen kann.

Pferdebild mit Aufsicht Foto: Gerd Walther

Pferdebild mit Aufsicht
Foto: Gerd Walther

In der 2. Etage dominiert wieder der große Raum, hell diesmal v.a. wegen hoher gotischer Fenster, die Wände wie seit 100 Jahren, kein Eimerchen Farbe hat sie geschönt, meist unverputzt, manchmal mehrfach, mitunter schaut das Mauerwerk durch. Ab und zu ein Kunstwerk, ebenso durch die Zeit geschüttelt wie im ganzen Palazzo. Eine alte Statue empfängt einen, weiß, mit phrygischer Mütze und knackigem Po. Nahe, streng geometrisch ein halb mit Öl gefüllter Glaswürfel. Aus einem Nebenraum leuchtet eine Neon-Installation.

Neu ist diesmal die 3. Etage, auch sie wieder offen auf der ganzen Hauslänge, nur auf einer Seite befinden sich unter dem Dachgebälk Einbauten, die an ein Dorf in der Südsee erinnern. Auch hier wieder in den Einbauten das Spiel von hell und dunkel, ergänzt durch moderne Skulpturen wie aus Ton. Der Palazzo Fortuny ist ein sehr poetisches Museum.