Nürnberg – Dokuzentrum – Hitler. Macht. Oper

Besuch am Dienstag, 6.11.2018, ca 1,5 Std. Bei der Sonderausstellung ‚Hitler. Macht. Oper. Musiktheater in Nürnberg‘ handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Staatstheaters Nürnberg, des ‚Forschungsinstituts für Musiktheater an der Uni Bayreuth, fimt‘ und des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände. Die Ausstellung endet am 3.2.2019.

Blick von der Bühne in den Mittelteil der Ausstellung.
Foto: Gerd Walther

Es ist, um es gleich vorweg zu sagen, bei dieser Zusammenarbeit eine sehr gelungene Ausstellung entstanden, in der das Thema intensiv in den Rohbau der NS-Kongresshalle hinein inszeniert wurde. Aufgebaut ist die Ausstellung in der Struktur eines Theaters mit Entrée, dem Parkett, den (hier auf derselben Ebene seitlich gehaltenen) Logen, mit der Bühne als Zielpunkt. Man könnte es auch mit einer Basilika vergleichen mit dem Hauptraum, links und rechts je einem Seitenschiff, dem zentralen Altarraum nebst Chorumgang dahinter. Denn Teil der NS-Inszenierung war immer wieder auch ein Rekurs auf pseudoreligiöse Versatzstücke, etwa beim Lichtdom auf dem Parteitagsgelände. Öffentlicher Raum, Opernhaus, Sakralraum treffen sich in Inszenierungen, die ineinander greifen, in der ‚heiligen deutschen Kunst‘, wie es einmal heißt. Wo die Kulisse immer auch Wirklichkeit ist und umgekehrt.

Weder große personelle Veränderungen noch solche im Programm sind vor und nach 1933 zu verzeichnen. Moderne Inszenierungen zeitgenössischer Künstler spielten am Nürnberger Opernhaus in der Weimarer Republik eine marginale Rolle. Zu sehr war man in der ‚Stadt der Meistersinger‘ der Konvention verpflichtet, als dass der Schritt zur ‚Stadt der Reichsparteitage‘ sehr groß war. Johannes Maurach, Intendant von 1922 bis 1939, um dessen Schreibtisch der Eingangsraum aufgebaut wurde, war dafür Gewähr. Der Spielplan, die Institution Theater, die Meistersinger, Nürnberg, die Reichsparteitage, Richard Wagner umschließen an den verschiedenen Wänden den Raum. Natürlich gab’s Konflikte, auch mit der NSDAP, etwa um die Gruppe Streicher, natürlich wurden jüdische und politisch missliebige Ensemblemitglieder und andere Mitarbeiter entfernt. Aber einen tiefen Einschnitt bedeutete das nicht. Zugleich trat eine andere Person hervor, der ‚Reichsbühnenbildner‘ Benno von Arent, der Mittel theatraler Inszenierung auf die Straße brachte und von dort wieder geändert ins Theater zurück.

Bühneninstallaion
Foto: Gerd Walther

Links und rechts wird nun der Facettenreichtum des Nürnberger Opernhauses aufgefächert, wozu wie auf Stelen 20 Biographien vorgestellt werden, von Künstler*innen und Mitarbeiter*innen, vom Intendanten bis zum Zeitungskritiker und Statisten, von Stars, grauen Eminenzen und Parteileuten. Eingebunden in Themen des Theateralltags in dieser Zeit entsteht so ein unglaublich intensives und nuancenreiches Bild des Opernhauses. Mittig verbunden wird diese Darstellung durch den Blick auf die Inszenierung der Reichsparteitage – im öffentlichen Raum wie auch in der Oper. Das mündet in einen Bühnenraum ohne Glamour mit einigen leeren Stühlen, Fensterhöhlen mit Blick auf rohes Mauerwerk, mittig u.a. die Projektion ‚Was ist deutsch?‘ über dem grün leuchtenden Hinweis auf einen Notausgang des Dokuzentrums heute. Auch den Bühnenbereich beherrscht wieder Richard Wagner, diesmal durch die Arbeiten zur Ring-Inszenierung seines Enkels Wieland in Nürnberg 1943/44. Und so schließt denn auch das Nürnberger Opernhaus (wie alle anderen Theater in Deutschland) als Maßnahme im ‚Totalen Krieg‘ auf Anordnung von Goebbels mit der Aufführung der ‚Götterdämmerung‘. Im Aufführungsbuch steht: „Ringaufführung. Nürnberg, den 26., 28., 30. August 1944. Schöffel (der diensthabende Musiker – GW), 1.September Einberufung zur Wehrmacht. Heil Hitler! Schließung des Opernhauses.“ Draußen verklärt inzwischen die Trauermusik zu Siegfrieds Tod das massenhafte sinnlose Sterben zum ’schönen Tod‘ für ‚Führer, Volk und Vaterland‘. Hinter der Bühne greift die Ausstellung noch einmal aus in die Zeit nach 1945, in eine neue Zeit mit meist altem Personal im Theater wie auch außerhalb. Das Haus ist teilweise zerstört. Erst mit Beginn der 1960er Jahre erhebt sich Kritik angesichts der seicht-operettenhaften Ausrichtung des Opernhauses. Den Macher*innen der Ausstellung ist ein sehr intensiver Blick auf eine Institution, eine Stadt und eine Zeit gelungen, in der der Ausstellungsort in der Kongresshalle mit dem Thema eine enge Verbindung eingeht.