Wannsee-Villa

Besuch am Dienstag, 14.8.2018, ca 3 Std. In der Villa am Wannsee fand am 20. Januar 1942 die sog. ‚Wannsee-Konferenz‘ statt, auf der die ‚Endlösung der Judenfrage‘, also die Massenvernichtung der Juden weniger beschlossen als praktisch umgesetzt wurde. Nach anderen Nutzungen u.a. als Schullandheim erfolgte ab 1988 die Rekonstruktion der Villa mitsamt Park und die Einrichtung als Gedenk- und Bildungsstätte, die 1992 vom Trägerverein des Hauses Wannsee-Konferenz eröffnet wurde.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

15 Räume dienen im Erdgeschoss der 1913/14 erbauten Villa, die ab 1940 als Gästehaus des Sicherheitsdienstes der SS Verwendung fand, ebenso wie Dokumentationen im Außenbereich der Information. Beginnend mit einem Einblick in die Entwicklung der Judenfeindlichkeit, über Integration und Ausgrenzung im Kaiserreich und der Weimarer Republik, gelangt man zu den Verfolgungen nach 1933 und zum Massenmord im 2. Weltkrieg zunächst durch Einsatzgruppen im Krieg gegen die Sowjetunion. Am 20. Januar 1942 wurde in der Wannsee-Villa das Vernichtungssystem auf die Juden in ganz Europa ausgedehnt, straff organisiert und strukturiert. Unter Federführung von Reinhard Heydrich, dem Chef des Reichssicherheitshauptamtes RSHA, wurden mit 15 Vertretern aus der SS und der Polizei, der NSDAP und dem Staatsapparat Zuständigkeiten geklärt und die Vorgehensweise abgestimmt. 90 Minuten dauerte dies. Adolf Eichmann, Leiter des Judenreferats der Gestapo, hat Protokoll geführt. Auch dieses ist in der Ausstellung einsehbar und nachlesbar. Dann gab’s ein gemeinsames Frühstück mit idyllischem Ausblick auf den Wannsee. Die Konferenzteilnehmer werden vorgestellt, die Ministerien und anderen Stellen, die sie vertraten. Es folgten die Deportationen meist in Lager im Osten, die Einrichtung von Ghettos, die es ja vorher nicht gegeben hatte, der Aufbau von Todeslagern neben den schon seit 1933 vorhandenen Konzentrationslagern, die massenhafte Ermordung. Ein letzter schmaler Raum gibt Aussagen aus der Nachkriegszeit wieder, von Überlebenden, von Nachgeborenen, die versuchen, mit dem Unvorstellbaren zu leben.

Nun kann man davon ausgehen, dass die Grundfakten der ‚Endlösung‘, des Holocausts, der Shoa bekannt sind. Und wer diese leugnet, tut dies nicht aus Unkenntnis und wird sich am Ort der Organisation des Massenmords durch eine nochmalige Auflistung all der Belege nicht überzeugen lassen. Wie also umgehen mit einer ja sehr sinnvollen Dokumentation am historischen Ort? Man hat den letztlich unbefriedigenden Weg der akribischen Darstellung mit sehr viel Text, vielen Bildern und anderen Dokumenten gewählt. Dabei reduziert sich die Gestaltung darauf, die Informationen auf 10 cm in die Tiefe versetzten Tafeln auf einem etwa 2 m hohen Fries fast durch alle Räume anzubringen. Selbst wenn die vielen Texte schon eine Auswahl darstellen, spielt die Frage der Aufnahmefähigkeit eines ja durchwegs interessierten Publikums offenbar kaum eine Rolle. Und so hat sich die Konzentration der Besucher etwa ab der Hälfte, also bei der Zusammenführung von Ort und Geschehen in besagtem Konferenzraum, merklich abgebaut. Am Ende geht man geplättet von der Überfülle an Material heraus mit der Erkenntnis, dass alles schrecklich war und dass man endlich durch die Ausstellung durch ist.

Ehem. Speisesaal als Ort der Konferenz mit dem Protokoll Eichmanns
Foto: Gerd Walther

Es fehlt hier eine adäquate Ausstellungsgestaltung, die sinnvoll reduziert, die Texte verknappt, die – wie im letzten Raum – unterschiedliche Gestaltungselemente einbringt, und beispielsweise mit wandgroßen Aufnahmen stärker strukturiert. Parallel sollte man auf (meinetwegen kostenlos) ausliegende Broschüren oder Adressen im Internet zur Vertiefung daheim verweisen. Hier haben wir es mit an Wänden angebrachten Broschüren zu tun, wobei die Präsenz des Ausstellungsortes weitgehend untergeht. Auch der weitere Umgang mit dem Massenmord nach 1945 ließe sich so über die Äußerungen im letzten Raum hinaus sinnvoll vertiefen. Jetzt wird zwar vieles angesprochen, geht aber in der Überfülle an Material unter. So könnte man das weitere Schicksal der Teilnehmer an der Wannsee-Konferenz deutlicher aufbereiten oder den langen Weg der Wannsee-Villa zur jetzigen Gedenkstätte. Schade, hier hat man die Chance, die die Wannsee-Villa als historischer Ort besitzt, bei weitem nicht genutzt.