Historisches Straßenbahndepot St. Peter

Nürnberg – Historisches Straßenbahndepot St. Peter

Besuche am Sonntag, 6.7. und am 5.10.2014, je ca. 1,5 – 2 Std. Das Straßenbahndepot, das jedes 1. Wochenende im Monat geöffnet hat, wird von den ‚Freunden der Nürnberg-Fürther Straßenbahn e.V.‘ organisiert und dabei von der VAG unterstützt, was sich anbietet. Man kann zusätzlich eine Fahrt mit einer alten Straßenbahn buchen, was ich nicht getan habe, da ich eh‘ mit der Straßenbahn gekommen bin. Es war gut besucht.

Wenn man das Straßenbahndepot betritt, kommt man auch in die Geruchswelt der Straßenbahn. Es riecht nach Schmiere, Metall und was weiß ich, Straßenbahn eben. Ich kenne wenige Museen mit einem solch authentischen Geruch. Es fehlt eigentlich nur die Ausdünstung vieler Menschen mit nassen Wintermänteln in ebenso überheizten Bahnen.

Foto: Gerd Walther

Foto: Gerd Walther

Im Straßenbahndepot sind ca. 10 alte Straßenbahnen von der Pferdebahn 1881 bis in die neuere Zeit untergebracht. Hinzu kommen mehrere Modellanlagen, Arbeitswagen, Werkräume, Straßenbahn-Kleinzeugs, das aber deshalb nicht uninteressant ist.

Die Straßenbahnen lassen die Herzen älterer Männer weich werden, vorausgesetzt, man kommt aus Nürnberg oder Fürth, und kennt die 1er, 7er oder 31er noch aus eigener Erfahrung, aus Zeiten, in denen der Schulweg früh fast das spannendste an der Schule war. Links eine Holzbank, rechts eine Holzbank, der Gang in der Mitte im Winter zugeschlammt, von der Decke herunter hängen die Griffe zum Festhalten, durchgeschlauft die Schnur für die Fahrerglocke, an einer Seite ein schmales Plätzchen zum Hineinzwängen, wenn’s gar zu voll war. Außen winters wie sommers die offenen Stehflächen mit den Eisengittern, später war’s immer zu, was schon nicht mehr so toll war.

Da interessieren zunächst die Baureihe und das Baujahr und sonstiges, das natürlich irgendwo aufgeschrieben steht, nicht so sehr. Da setzt man sich hin und die eigene Vergangenheit kommt als ‚schöne alte Zeit‘ wie eine brausende Woge. Da lacht einen die eigene Geschichte an, man ist erst einmal weit weg und erinnert sich. Erstaunlich lange ist’s her und doch noch gar nicht so lange. Mit Freunden, mit ersten Freundinnen. „Suche beim Gehen und Stehen stets festen Halt.“ Vorrebellische Nachkriegszeit.

Natürlich geht’s für die Fans oder für die, die’s genau wissen wollen, auch ins Detail, Straßenbahngeschichte von…bis, Anfänge vor dem Krieg, im Krieg, an Reichsparteitagen usw. Auch ins technische Detail: wie funktionierte denn eigentlich diese Kurbel mit der der Fahrer die Bahn zum Fahren oder Halten brachte. Soweit ich mich erinnere, ist das auch alles schön erklärt, aber mich hat’s kaum so recht interessiert, so von Wolke 7 herab.

Dafür: wie fühlt sich das Holz der Sitzbänke an, auf die man in einem Wagen schnöde Sitzkissen gelegt hat, wie geht das Gitter auf den Plattformen auf und zu, wie war das, wenn man sich in die Halteschlaufen gehängt hat und mitgeschaukelt ist.

Auch das Café passt Foto: Gerd Walther

Auch das Café passt
Foto: Gerd Walther

Dann ging mir etwas anderes durch den Kopf: Wenn mein Vater glaubte, ich hätte mehr für die Schule tun sollen, dann hat er mir das elendste aller Leben mit dem Satz vor Augen geführt: “Dann wirst du halt Ritzenschmierer bei der Straßenbahn.“ Das waren die, die mit einem schmalen Bürstenbeselchen die Ritzen in den Weichen geputzt und geschmiert haben. Mein Vater, zur Erläuterung, stammte aus einer alten Eisenbahnerfamilie. Da galt die Straßenbahn gar nichts. Und an diesem Ort des Abscheus auch noch Ritzenschmierer. Schlimmer ging nicht. Natürlich habe ich alle Weichen im Depot genau betrachtet, mache ich auch sonst. Ich finde nichts Schlimmes daran. Aber wahrscheinlich gibt’s das gar nicht mehr: Ritzenschmierer bei der Straßenbahn.

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