Freilandmuseum – Baugruppe Regnitzfranken-Frankenalb

Besuche am Sonntag, 29.12.2019, Samstag, 14.3.2020, Sonntag, 15.3.2020, insgesamt ca 5,5 Std., und auch früher schon öfters. Im Unterschied zur Baugruppe West ‚Mainfranken-Frankenhöhe‘ mit diversen Beispielen für ländliches Handwerk liegt in der Baugruppe Ost ‚Regnitzfranken-Frankenalb‘ der Schwerpunkt auf landwirtschaftlichen Sonderkulturen, v.a. auf dem Obst- und Hopfenanbau. Sie besteht auch aus wenigen Gebäuden. Es sind dies ein Hopfenbauernhof aus Eschenbach mitsamt großem Stadel, ein Bauernhaus aus dem Obstanbaugebiet um Unterlindelbach am südlichen Rand der Fränkischen Schweiz, ein Bauernhof aus Oberzettlitz in für Franken seltener Blockbauweise, ein Köblerhaus, ein Kleinbauernhof aus Zirndorf, der ‚Museums-Bauernhof‘ aus Seubersdorf und die fulminante Getreidemühle von Unterschlauersbach, zwei Urgesteine des Freilandmuseums von 1982 und 1984. Nicht zu vergessen die Weiher, bei denen Teichwirtschaft und Karpfenzucht v.a. des Aischgründer Landes (leider etwas knapp) thematisiert werden. Träger des Fränkischen Freilandmuseums ist der Bezirk Mittelfranken.

Schweine- und Hühnerstall im ‚Museums-Bauernhof‘, links hinten der Hopfenbauernhof
Foto: Gerd Walther

Der Blick auf Sonderkulturen richtet sich im Hopfenbauernhof aus Eschenbach östlich von Hersbruck auf den Hopfenanbau, der ausführlich und unaufdringlich vorgestellt wird. Man hätte auch andere Gegenden Frankens nehmen können, das Spalter Gebiet etwa, denn der Anbau von Hopfen war in Franken weit verbreitet. Nicht zufällig waren Nürnberg (und Fürth) mit ihren Hopfenjuden zeitweise sein Welthandelszentrum. Daneben geben die teilweise sehr schön gestalteten Wohnräume und Gästezimmer einen Einblick in die frühe touristische Ausstrahlung insbesondere der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz entlang den Eisenbahnlinien. Fremdenzimmer bildeten ab etwa 1900 eine neue Einnahmequelle der Bauern. Sogar frühe Ideen des Naturschutzes wurden von der Stadt auf’s Land transferiert. So errichtete der Schwabacher Fabrikant von (Grammophon-) Nadeln Carl Wenglein, der in Eschenbach einen Wohnsitz hatte, um 1930 dort einen Natur- und Vogelschutzpark, der im Grunde bis heute Bestand hat. Ein Film zur Geschichte des Obstanbaus im Bauernhaus von Unterlindelbach zeigt knapp mit Wochenendausflüglern einen weiteren Aspekt dieser ‚Inbesitznahme‘ des gerne als Idyll gedachten ländliches Raumes: In das Anbaugebiet v.a. von Kirschen (wie auch nach Cadolzburg ‚in die Bläih‘, also zur Baumblüte) strömten Massen von Städtern, die nicht wie heute einzeln mit dem Auto kamen, sondern zu Hunderten mit der Eisenbahn. Die verliefen sich dann irgendwo in der Landschaft und landeten nicht selten im Ausflugslokal.

Blick in die ‚Kalte Pracht‘
Foto: Gerd Walther

Im eher unscheinbaren Köblerhaus, einem Kleinbauernhaus, aus Schwimbach versteckt sich ein Kleinod der besonderen Art: eine ‚Kalte Pracht‘. Der erstaunlicher Weise allenfalls zur seltenen Benutzung vorgesehene Raum enthält die Aussteuer der Bäuerin, dazu wunderschön die Verzierung der Wände mittels Modeln. Lebendig dagegen wird’s im ‚Museums-Bauernhof‘, einem Dreieckshof aus Seubersdorf samt Schweinestall, Stadel, Schupfen, Hofhaus, Erdkeller, dazwischen ein Taubenhaus neben dem Misthaufen, nebenan ein Weiher. Das liegt nicht nur an den herumlaufenden Hühnern, den Ziegen oder den Rindern im Stall, den ‚Triesdorfer Tigern‘. Ein Bauernhof mit allem Drum und Dran, wie man ihn sich vorstellt. Und es hat ihn offenbar tatsächlich gegeben. So verwundert es nicht, dass sich der Hof gerade bei Familien mit kleineren Kindern großer Beliebtheit erfreut. Nahe bei Seubersdorf liegt Unterschlauersbach, aus dem die mächtige, 1575/76 erbaute Getreidemühle stammt. Offen zeigt sich ihre Mechanik auf zwei Ebenen. Nicht übermäßig lange, aber prägnante Texte mit dazugehörigen Skizzen veranschaulichen ihre Funktionsweise. Doch nicht nur der technische Aufbau einer Mühle wird nachvollziehbar. Das gesamte Gebäude gibt Einblicke in das Leben eines Müllers, seiner Familie und des Gesindes. Etwa am kleinen Fenster im Schlafraum des Müllers, das nicht nur auch nachts einen Blick auf die Mühle ermöglichte, sondern auch an deren Geräusch – soll man sagen Lärm? – Unregelmäßigkeiten im Betrieb hörbar machte. Oder beim Zugang zur Fleischkammer, in die man nur durch die genannte Schlafkammer gelangte.

Wie in den anderen Baugruppen zeigt das Freilandmuseum auch hier eine museale Präsentation auf sehr hohem Niveau, die dort oft am schönsten ist, wo es am einfachsten aussieht (aber sicher nicht ist). Das ist die Kunst.