Friedrichshain-Kreuzberg Museum FHXB

Besuch am Freitag, 21.8.2020, ca 1,5 Std. Das FHXB-Museum entstand aus dem seit 1978 aufgebauten Heimatmuseum Kreuzberg und dem Heimatmuseum Friedrichshain vom Ende der 1980er Jahre. 2002 zusammengelegt, erhielt das Museum 2013 am Standort beim Kottbuser Tor den jetzigen Namen. Träger ist das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg.

Vor dem Museum
Foto: Gerd Walther

Die Adalbertstraße gleich neben dem Platz Kottbuser Tor vermittelt sehr deutlich die Breite des Begriffs Heimat im bunten und lauten Zusammenleben einer Metropole, in der es auch an Problemen nicht fehlt. Die Frage ist ja nicht, ob es diese gibt, sondern, wie man damit umgeht, wer welche Lösungen einschlägt. Das FHXB-Museum ist Teil davon und damit mitten im pulsierenden Großstadtleben ein Heimatmuseum im besten Sinn, wenn man denn diesen Begriff verwenden will. Das Gebäude 95 A lag als Fabrik im Hinterhof. Weltkriegsbomben und Flächensanierung haben eine neue Realität geschaffen mit Park und Kinderspielplatz vor zur Straße. Die dominieren zumindest optisch Geschäfte von Menschen mit ausländischen Wurzeln, wie man gerne entwurzelte Menschen bezeichnet. Natürlich ist die Sprache auch im FHXB-Museum wichtig. Die Beschriftungen sind deutsch und englisch. Selten habe ich ein Museum gesehen, das sich so intensiv, anschaulich und gut gemacht mit der Geschichte der unmittelbaren Umgebung mitsamt des eigenen Gebäudes beschäftigt. Aber wo die letzten 30-20 Jahre für andere Heimatmuseen Gegenwart sind, ist 2000 hier schon Vorvorgestern. Wissen die jetzt hier Wohnenden, dass hier ein Museum ihrer alten, einer neuen oder nicht vorhandenen Heimat ist? Interessiert sie ein alltagsgeschichtliches Museum in ihrem Alltag?

Auf 4 Ebenen, in die man über ein vorgelagertes Treppenhaus aus Glas gelangt, erstreckt sich das Museum. Darüber liegen Archiv und Büros. Das Erdgeschoss beherbergt eine alte Druckerei, die hier ’schon immer‘ war. Eine Etage höher folgt die 2001-03 konzipierte und jetzt überarbeitete Ausstellung „Geschichte wird gemacht! Abriss und Aufbruch am Kottbuser Tor“. Im Modell, das in der Gestaltung zunächst erfreulich unprofessionell erscheint, nicht ausstellungsarchitektenglatt, wird die Geschichte der Häuser und ihrer Bewohner im Viertel aufgezeigt. Darunter vertiefen Schubladen mit Exponaten, Dokumenten, Fotos die Geschichte einzelner Häuser und ihrer Bewohner. Und die ist als Alltagsgeschichte spannend, informativ und intensiv gemacht. ‚Glokalität‘ nennen die Ausstellungsmacher*innen ihr Konzept, die Auswirkung globaler Prozesse auf lokaler Ebene.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Eine Etage höher ist die Sonderausstellung ‚Kiezgeschichte – 100 Jahre Friedrichshain und Kreuzberg‘ im Grunde ähnlich bis in die Gegenwart, jetzt nur breiter, angelegt. Beide Stadtteile entstanden in dieser Form erst mit der Gründung Großberlins 1920. Auch die Namen waren neu, die Bezeichnungen der alten 7 Wohn- und meist Arbeiterbezirke, ‚Luisenstadt‘ etwa, verschwanden allmählich. Dazu einzelne Gebäude, Kinogeschichte(n), ein jüdisches und andere Theater, der Schlesische Bahnhof, Sex and Crime, Kommunisten und Nazis, die Samariterkirche, das große Gelände des Reichsbahnausbesserungswerks RAW. Auch hier werden anschaulich und interessant lokale und Alltagsgeschichte mit Hauptstadtgeschichte vermengt. Bisweilen ist es etwas textlastig. Man bekommt aber einen guten Einblick (sofern ich das als Außenstehender sagen kann) in die Wandlungen von mittlerweile zentralen Berliner Stadtteilen. Als Arbeiterbezirke hatten sie nicht unbedingt den besten Ruf, was sie gerade auch interessant machte, wurden im Krieg arg zerstört, in 2 unterschiedliche Gesellschaftssysteme eingebunden, zeitweilig durch eine Mauer getrennt und jetzt mit neuen Herausforderungen der Globalisierung konfrontiert. Diese sind auch rund um das Museum inkl. den fatalen Ergebnissen von Immobilienspekulation in jüngerer Zeit deutlich sichtbar.

Die oberste Ebene enthält auf dem Fußboden einen interaktiven Stadtplan von Friedrichshain, Kreuzberg und Umgebung. Hat leider bei mir nicht funktioniert und man konnte auch nicht helfen. Das Grundproblem beim Einsatz technischer Mittel. Aber das soll den sehr positiven Gesamteindruck dieses interessanten, lebendigen und intensiv gestalteten Museums nicht schmälern.