Freilandmuseum Bad Windsheim – Ausstellung Migration

Besuch am Freitag, 29.10.2023, ca 1 Std. Die bis zum 2.6.2024 laufende Ausstellung ‚Evangelische Migrationsgeschichte(n)‘ ist im ‚Museum Kirche in Franken‘ im Ort untergebracht. Sie ist Teil eines Forschungsprojekts mit Ausstellungen von zehn Museen in sechs Ländern. Träger des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim ist der Bezirk Mittelfranken.

Gut gemacht ist der Ausstellungsbereich zum 30-jährigen Krieg;  Foto: Gerd Walther

In der Ausstellung geht es um zwei Gruppen von Glaubensflüchtlingen im 17.Jh. Das sind einmal die v.a. aus Frankreich stammenden Hugenotten, die nach brüchigem Frieden 1685 mit dem Edikt von Fontainbleau ihren Schutz verlieren und zur Konvertierung oder Auswanderung gezwungen werden. Sie sind Anhänger der reformierten Glaubenslehre von Calvin. Ebenso wie Ludwig XIV. auf eine durchgehende Rekatholisierung Frankreichs setzte, bekämpfte auch der Habsburger Ferdinand II. nach seinem Regierungsantritt 1619 die Protestanten in seinem Herrschaftsgebiet und zwang sie zur Auswanderung, wollten sie nicht Katholiken werden, was ein Gutteil tat. Bekannt sind diese Glaubensflüchtlinge als Exulanten.

Die Ausstellung ist angenehm übersichtlich gestaltet. Vor rötlichem Hintergrund werden die Infos zu den Exulanten gegeben, vor bläulichem die zu den Hugenotten. Hinzu kommen als dritter Teil Anmerkungen insbesondere zum 30-jährigen Krieg mit seiner Entvölkerung weiter Landstriche. Ergänzt wird dies mitunter durch die Bitte um eigene Stellungnahmen durch die Besucher*innen. Auch in sich ist die Ausstellung klar gegliedert. Zunächst wird die Situation der Protestanten vor der Flucht beleuchtet, der jeweilige Glaubenskern wird erläutert, Fluchtrouten kommen hinzu und schließlich die jeweiligen Sichtweisen der Flüchtlinge, der Einheimischen, der Markgrafen bzw. anderer Herrscher sowie der offiziellen (protestentischen) Kirche. Und zuletzt natürlich wird auch die Frage der Integration der Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat behandelt.

Im Grunde haben wir es mit zwei Fluchtwellen zu tun, die etwa eine Generation auseinander liegen. Die Exulanten kamen gegen Ende des 30-jährigen Kriegs, die Hugenotten im späten 17.Jh. Dabei hatten es die Exulanten weniger schwer (leicht hatte es niemand), hier Wurzeln zu schlagen. Sie hatten in etwa die gleiche Sprache, v.a. waren sie ebenfalls protestantisch. Die kirchliche Obrigkeit war ihnen gegenüber nicht ausgrenzend. Dabei gab es auch in der Gruppe der Exulanten große Unterschiede bei den individuellen Entbehrungen. Die Hugenotten – ihr Name ist wahrscheinlich die Verkleinerung des Namens Hugo (Hugolein) eines französischen Kleinkönigs, der angeblich nachts als Schreckgespenst herumgeisterte – sprachen dagegen französisch. Insbesondere die lutherische Obrigkeit stand ihnen sehr reserviert gegenüber. Das behinderte ihre Integration in die heimische Bevölkerung und ging mit einer weitgehenden Selbstisolierung Hand in Hand. Humanitäre Gründe spielten seitens der Landesherren keine Rolle. Man brauchte neue, möglichst qualifizierte Einwohner, denn ein Hofstaat war sehr teuer.

Problematisch textlastig sind die (ca. 20) Fahnen zu den Glaubensflüchtlingen; Foto: Gerd Walther

Schön und abwechslungsreich sind die Infos zum 30-jährigen Krieg gestaltet. Auch das Thema selbst wird sehr interessant und differenziert aufbereitet. Leider sind die Informationen zu den Glaubensflüchtlingen selbst sehr textlastig. Jeweils etwa 10 Fahnen mit langen Texten erläutern die Themen. Die Abbildungen dazu bestehen häufig aus nicht übertragenen Texten, teils handschriftlich, teils fremdsprachig, fast immer für den ’normalen‘ Besucher nicht lesbar. Statt dieser Platzhalter hätte man mit kürzeren Texten und Erläuterungen zu aussagekräftigen Bilddokumenten mehr erreicht. Die Vorstellung, man müsse nur viel hinschreiben, der Rest sei dann Sache der Besucher, gibt nur den ‚Schwarzen Peter‘ ab. Es ist Aufgabe der Macher*innen, eine Ausstellung so zu gestalten, dass sie auch vollinhaltlich angenommen werden kann.

Dass dies geht belegt der Blick auf jeweils etwa 8 Einzelschicksale, die mit Handwerksutensilien, anderen Merkmalen, Wohnhäusern etc. vorgestellt werden. Knappe ergänzende Infos kann man hier über QR-Code abrufen, und – wenn man möchte – zu Hause noch einmal in Ruhe nachlesen. Insgesamt haben wir eine sehr interessante und sehenswerte Ausstellung vor uns mit einigen Schwächen in der Präsentation.