RothenburgMuseum

Bei meinem Besuch 2016 hieß das Museum noch ‚Reichsstadtmuseum‘. Inzwischen hat man sich erfreulicher Weise für den griffigeren Begriff  ‚RothenburgMuseum‘ entschieden (8.8.2020 – GW).

Besuch am Sonntag, 13.11.2016, ca 2,5 Std. Das Reichsstadtmuseum im ehemaligen Dominikanerinnenkloster gibt es – nach Vorgängern ab etwa 1905 – seit 1936. In den 1980er Jahren und danach wurde es mehrfach erweitert, die Gebäude restauriert. 1999 kam die umfangreiche Stiftung Baumann hinzu. Trägerin ist die Stadt Rothenburg o.d.T.

Kriegswaffen aus der Stiftung Baumann (Teil) Foto: Gerd Walther

Kriegswaffen aus der Stiftung Baumann (Teil)
Foto: Gerd Walther

Es ist nicht so, dass das Museum nicht über eine sehr große Zahl hochwertiger Exponate verfügen würde. Ganz im Gegenteil. Allein die Stiftung Baumann besteht aus vielen Kriegs- und Jagdwaffen, Fayencen, Zinnsachen, Modeln und diversen Einzelstücken. Bei den Kriegswaffen im ehemaligen Dormitorium sind etwa 100 bis 150 Schwerter zu sehen, die optisch gefällig nebst kurzer Beschreibung in Vitrinen präsentiert werden. Dazu Spieße, Dolche, Schusswaffen, Armbrüste, Rüstungen etc. Doch statt sinnstiftend etwa zeitlich und regional Zusammengehöriges zu Einheiten zu kombinieren, liegt Schwert neben Schwert neben Schwert. 10 oder 20 Schwerter, das ginge ja, aber bei 100 oder noch mehr schaltet man irgendwann ab. Bei der Internet-Präsentation des Museums geht’s doch auch reduziert (zum genauen Hinschauen). Gleiches im Festsaal und angrenzenden Räumen mit Jagdwaffen. Ein paar Räume weiter sind Fayencen untergebracht, meist Krüge, sehr schöne Exponate auch hier – das ist im Museum nie das Problem – aber müssen es 500 sein? Ein Pärchen betritt den Raum, schaut sich um. „Die haben alle Deckel“, sagt sie. Darauf er: „Wir können auch einen Glühwein trinken gehen.“ Man kann mit einer Vielzahl zumindest auf den ersten Blick ähnlicher Exponate auch Besucher vertreiben.

Es wäre hier die Aufgabe des Museums, die Exponate so zu präsentieren, dass Besucher etwas damit anfangen können, auch wenn sie (z.B.) keine Fayence-Spezialisten sind. Wieso geht man nicht her, reduziert die dauerhaft ausgestellten Exponate radikal, hebt einzelne Stücke optisch hervor, setzt hie und da Vergrößerungen des Dekors hinzu, um auf zeitliche und örtliche Unterschiede hinzuweisen, geht auf die Produktionsstätten ein, erläutert die Art der Herstellung (über das verschämt hingehängte Bild hinaus), setzt einen regionalen Schwerpunkt und gibt den Rest für vertiefende Sonderausstellungen ins Depot, fühlt man sich doch jetzt schon wie in einem Schaudepot. So wie jetzt tut man doch keinem einen Gefallen, den Besuchern nicht, dem Museum nicht und erst recht nicht den Exponaten.

Dabei sind Ansätze im Museum vorhanden. Bei den Waffen wird ab und zu der Gebrauch erläutert, etwa zur Unterscheidung von Rad-, Stein- und Perkussionsschloss, zum Keuschheitsgürtel, zur Ausrüstung von Landsknechten, zur Herstellung von Fayencen, zur Zeitmessung mit ‚Großer und Kleiner Uhr‘ usw. Aber diese Hinweise und Bilder sind oft nur postkartengroß und halb verdeckt angebracht, so, als schäme man sich dafür. In der Folge geht vieles in der Masse unter, etwa die Medaille nebst Preisen für Lebensmittel im Hungerjahr 1817. Da machen andere eine ganze Raumeinheit draus.

Medaille zur Hungersnot 1816/17 J. Stettner, Nürnberg Foto: Gerd Walther

Medaille zur Hungersnot 1816/17
J. Stettner, Nürnberg
Foto: Gerd Walther

1999 wurde die Stiftung Baumann erworben. Bis heute hat man sie nicht mit der eigenen Sammlung und dem Haus verbunden – was mehr ist, als einige Räume mit Vitrinen und diese mit Exponaten zu füllen. So taucht die Ausstellung zur Vor- und Frühgeschichte im Obergschoss auf und dann wieder als Museumssammlung mit Bezug zum Rothenburger Umland zwischen der eindrucksvollen Küche und der etwas in die Ecke gedrängten Judaika-Sammlung. Raumensembles wie der Krämersladen und die Apotheke sind in viel zu kleine Räumchen hineingepfriemelt. Entfernt liegen Räume zur Wissenschaftsgeschichte mit schönen Globen, Messgeräten, Maßeinheiten, Uhren etc. Das ließe sich zusammenführen.

Was dem Museum fehlt, ist ein schlüssiges Gesamtkonzept, das die Sammlungen miteinander verzahnt, in das Klostergebäude einfügt und mit Rothenburg verknüpft, das die Präsentation in sinnvolle, für den Besucher nachvollziehbare Einheiten erfahrbar, angenehm und interessant macht. Und wenn man den Bezug zu Rothenburg stärker betonen würde, könnte man das ganze auch Rothenburg-Museum nennen, was viel griffiger wäre.