Topographie des Terrors

Besuche am Montag, 18.Mai 2015 und Donnerstag, 21.Mai 2015, je ca 2 Std., an diesem Tag auch Besuch der Mahnmale der Opfer des Faschismus. Der Eintritt ist frei. Lt Eigendarstellung besuchten über 1 Mio. Menschen das Dokumentationszentrum. Trägerin ist eine Stiftung des Landes Berlin und der Bundesrepublik.

Der Weg zu dieser Ausstellung, die sich im Kern aus einem Gebäude und dem überdachten Ausstellungsgraben zusammensetzt, war schwierig, der Ort ist historisch. Ursprünglich befanden sich auf dem Gelände das Gestapo-Hauptquartier, die Zentrale des Sicherheitsdienstes (SD) der SS und das Reichssicherheitshauptamt. Die Anschrift Prinz-Albrecht-Str. 8 ist bis heute bekannter als die heutige Niederkirchnerstr. 8 an der Ecke zur Wilhelmstraße. Rechts befand sich im Martin-Gropius-Bau das Museum für Vor- und Frühgeschichte, daneben das Museum für Völkerkunde, gegenüber Görings riesiges Luftfahrtministerium, heute Finanzministerium. Das ist eine interessante Gemengelage.

Der Außenbereich mit Resten der Berliner Mauer und dem ehem. Luftfahrtministerium Foto: Gerd Walther

Der Außenbereich mit Resten der Berliner Mauer und dem ehem. Luftfahrtministerium
Foto: Gerd Walther

Die Berliner Mauer, die heute als erstes in den Blick kommt, verlief genau längs der Straße, bis heute steht noch ein ca. 200 m langes Stück und wird – bevorzugt für Selfies – gerne fotografiert. Niemandsland also, in den 1950er Jahren werden die zerbombten Gebäude im Westen bis auf den Gropiusbau abgerissen, Schutthalde, Autodrom. 1987, zur 750-Jahr-Feier Berlins entsteht an der Mauer eine provisorische Ausstellung. Es folgen schier endlose Querelen um Geld und wohl auch Deutungshoheit, bis 2010 das Gebäude mit neu gestaltetem Außenbereich eröffnet werden, 65 Jahre nach Kriegsende.

Grau dominiert hier, grau die Mauer und das ehemalige Luftfahrtministerium dahinter, grau die Gehwege und Geländer, grau der Eisenbahnschotter, der die Restflächen füllt, grau das Ausstellungsgebäude außen und innen, grau im Grunde genommen auch die schwarz-weiß Fotos und Texte. Kein Park mit lieblichem Wiesengrün.

Im Grunde genommen ist die Dokumentation ganz einfach: große, aussagekräftige Fotos mit dazugehörigen kurzen, prägnanten Texten. Das ist so in der Außenfläche wie im Gebäude, das noch weitere Einrichtungen, eine Bibliothek, Vortragssäle etc. enthält. Das ist hohe Kunst, Komplexes, auch Kompliziertes, scheinbar einfach rüberkommen zu lassen. Nichts Überflüssiges, das Thema ist immer zu 100 % da. Und wenn ein Thema wichtig ist, stellen sich damit beim Betrachter Interesse, Aufmerksamkeit, Sensibilität fast von selbst ein. Selten habe ich so interessierte Ausstellungsbesucher gesehen.

Ausstellungsgebäude Foto: Gerd Walther

Ausstellungsgebäude
Foto: Gerd Walther

Es geht ja auch anders. Einige 100m entfernt wird im Bereich von Checkpoint Charly an der Friedrich-/Kochstraße ein Teil Berliner Weltgeschichte laut verramscht. Aber auch hier finden die Dokumentationswände zur Berliner Nachkriegsgeschichte großes Interesse.

Richtung Brandenburger Tor kommt man zur Gedenkstelle für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gleich neben der US-Botschaft mit dem großen Ohr. Der Umgang ist eigentümlich. Soweit Gruppen durch das große Stelengelände geführt werden, hört man den Ausführungen zu. Einzelgrüppchen hingegen, besonders unter 30-Jährige, betrachten das Gelände mehr als Labyrinth mit Freizeitcharakter. Es geht eher lustig und laut zu. Anders dagegen der kleine Erinnerungsort für die homosexuellen NS-Opfer auf der anderen Straßenseite. Blumen liegen davor, Kerzen, Zettelchen. Im Inneren des Metallblocks – durch eine rechteckige Aushöhlung sichtbar – läuft ein Endlos-Film, in dem sich zwei küssen. Sehr sensibel auch der Gedenkort der Sinti und Roma. Der Reichstag spiegelt sich in der ständig zu- und abfließenden Wasserfläche, aus der ein Dreieck flach herausragt. Außen herum ein kurzes Gedicht, im Boden Namen der Orte des Terrors.

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